Berlin – Nach der Maskenaffäre im Bundestag fordert Transparency International schärfere Regeln gegen die Bestechung von Abgeordneten.
Die Vorfälle im vergangenen Jahr hätten ein bedenkliches Schlupfloch offenbart, kritisierte die Organisation am Dienstag. „Trotz der enormen Empörung nach Bekanntwerden der Fälle persönlicher Bereicherung konnten die betroffenen Abgeordneten am Ende strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden”, betonte Hartmut Bäumer, der Vorsitzende von Transparency Deutschland. Das zeige, dass das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung praktisch wirkungslos sei und dringend nachgeschärft werden müsse. In solchen Fällen müsse es auch tatsächlich zu Verurteilungen kommen.
Umstrittene Vermittlung von Schutzmasken
Zu Beginn der Corona-Krise hatten zwei CSU-Politiker mit umstrittenen Vermittlung von Schutzmasken viel Geld verdient. Das Oberlandesgericht München sah den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nicht erfüllt - kritisierte jedoch die aktuelle Rechtslage mit auffallend deutlichen Worten.
Transparency fordert nun, dass das Handeln eines Abgeordneten generell strafbar wird, wenn er seine Stellung zum eigenen Vorteil missbraucht. Bisher bezieht sich das Gesetz auf Fälle, in denen auf parlamentarische Entscheidungsprozesse im Bundestag Einfluss genommen wird - es greift laut Transparency aber nicht, wenn der Abgeordnete Kontakte zu Ministerien oder die Autorität seines Mandats ausnutzt. Außerdem solle das Abgeordnetengesetz künftig auch private Provisionsgeschäfte mit dem Staat verbieten.
„Kontakte von Lobbyisten in Minsterien veröffentlichen”
Die Ampel-Koalition plane bereits eine Verschärfung, betonte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. „Die Bürger müssen darauf vertrauen können, dass Abgeordnete für das Allgemeinwohl arbeiten”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem sollten das Lobbyregister nachgeschärft und die Kontakte von Lobbyisten in Bundesministerien veröffentlicht werden. „Diese wichtigen Verbesserungen wollen wir noch in diesem Jahr umsetzen”, erklärte er.
Insgesamt kommt Deutschland aus Sicht von Transparency bei der Bekämpfung von Korruption kaum voran. Zwar sei unter dem Druck der Maskenaffäre ein Lobbyregister eingeführt worden. Doch in der Verwaltung gelte noch immer größtenteils der Grundsatz des Amtsgeheimnisses, die strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen sei nicht geregelt, und Hinweisgeber seien weiterhin nicht ausreichend geschützt.
Transparency vergleicht international die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor. In dem Ranking von 180 Staaten erreichte Deutschland Rang 10. Am besten schnitten Dänemark, Neuseeland und Finnland ab. Ausgewertet wurden dafür Daten von zwölf unabhängigen Institutionen, die sich auf die Analyse von Regierungsführung und Wirtschaftsklima spezialisiert haben. Steuerbetrug, Geldwäsche oder illegale Finanzströme im privaten Sektor wurden nicht erfasst.
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