Die Kritik am BSW ebbt nicht ab. Von der „Unterstützung Putins“ ist die Rede. Bei der Partei wehrt man sich – auch mit einem stillosen Vergleich.
Wut auf ARD-Faktencheck und KritikerWagenknecht-Partei bekommt massiv Gegenwind – und reagiert „demagogisch“
Die harte Kritik am Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und Parteigründerin Sahra Wagenknecht persönlich ebbt nicht ab. „Die Positionen des BSW zur Ukraine klingen, als seien sie vom Kreml diktiert“, erklärte die frühere Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Marianne Birthler, am Mittwoch dem Berliner „Tagesspiegel“. Kremlchef Wladimir Putin werde vom BSW „bei seinem schmutzigen Geschäft unterstützt“, führte sie aus.
Birthler forderte deswegen die CDU auf, ihre Offenheit für eine Zusammenarbeit mit dem BSW auf Landesebene zu überdenken. Die außenpolitischen Positionen Wagenknechts seien „unseriös und teilweise verlogen“, kritisierte die frühere Bundesbeauftragte.
Marianne Birthler attackiert Sahra Wagenknecht: „Das ist Kreml-Propaganda“
„Frau Wagenknecht verbreitet die Legende, dass Russland gegen einen ‚Faschismus‘ in der Ukraine kämpft“, sagte Birthler weiter. „Das ist Kreml-Propaganda“, hob sie hervor. Die Ukrainer kämpften vielmehr um Freiheit und Demokratie, und genau das störe den Kreml. „Putin kämpft ja in Wahrheit weder gegen Faschismus noch gegen die Nato, sondern gegen die Freiheit, die sich in Gestalt der Ukraine seinen Grenzen nähern könnte“, sagte die Grünen-Politikerin.
Inhaltlich sieht die frühere Bundesbeauftragte in der Außen- und der Migrationspolitik eine große Nähe zwischen BSW und AfD. Dabei werde teils auf in Ostdeutschland noch vorhandene Traditionen zurückgegriffen. Birthler nannte „die Feindseligkeit gegenüber dem Westen, insbesondere gegen Amerika“. Diese „gab es schon bei Hitler, die DDR hat das fortgesetzt“, sagte sie.
Scharfe Kritik am BSW: „Klassische Tricks von Demagogen“
Wagenknecht bediene sich dabei „klassischer Tricks von Demagogen“, sagte Birthler gegenüber der „Welt“ außerdem. „Sie nimmt nachvollziehbare Wünsche von Menschen auf und münzt sie in die denkbar einfachsten Parolen um“, so die frühere DDR-Bürgerrechtlerin.
Wagenknecht und das BSW dringen auf ein rasches Ende des Krieges in der Ukraine. Dabei fordern sie jedoch nicht einen Abzug der russischen Truppen aus dem Land. Vielmehr werden der Ukraine Zugeständnisse an den Aggressor nahegelegt. Sanktionen gegen Russland wegen dessen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Besetzung ukrainischen Territoriums lehnt das BSW ab.
Sahra Wagenknecht: Schon vor Kriegsbeginn auf Putins Linie
Wagenknecht und ihre Mitstreiter hatten noch kurz vor Kriegsbeginn behauptet, Russland plane keinen Angriff auf die Ukraine. Nachdem Wladimir Putin seine Truppen dann in den Krieg geschickt hatte, nahmen BSW-Spitzenpolitiker immer wieder Positionen ein, die auch von der russischen Propagandamaschinerie verbreitet wurden.
Birthler hatte vor ihrer scharfen Kritik im „Tagesspiegel“ bereits am Wochenende einen offenen Brief von früheren DDR-Bürgerrechtlern mitunterzeichnet. Auch dort wurde der Wagenknecht-Partei „Lügen und Desinformation“ vorgeworfen und vor einer Zusammenarbeit mit der neugegründeten Partei gewarnt.
Politik-Experten und Historiker warnen von BSW und Nähe zu AfD
Auch Russland- und Politik-Experten wie der Historiker Matthäus Wehowski und der Kölner Politologe Thomas Jäger warnen immer wieder vor der Nähe der Partei zu Moskaus Positionen – und den Ähnlichkeiten mit der AfD. Für den Kreml biete sich mit der Partei eine weitere Möglichkeit, auf die Debatten in Deutschland Einfluss zu nehmen, warnen die Experten.
Auch von manchen CDU-Politikern kommt immer wieder scharfe Kritik, obwohl einige Landesverbände eine Zusammenarbeit mit dem BSW nicht ausschließen wollen. „Putin wird es freuen, neben der AfD nun weitere nützliche Idioten in deutschen Parlamenten zu wissen“, schrieb der CDU-Politiker Dennis Radtke noch am Dienstag im sozialen Netzwerk X.
Unklare Linie in der CDU: „Nützliche Idioten“
Beim BSW reagiert man derweil ungehalten auf die Kritik – und auf einen Faktencheck der ARD, der ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Partei und ihre Funktionäre russische Narrative und Lügen in Deutschland verbreiten.
„Das Bemühen um eine diplomatische Beendigung des Ukraine-Krieges als russische Propaganda zu diffamieren, ist auch eine Beleidigung für Millionen Ostdeutsche, die zu Recht Angst vor einem großen europäischen Krieg haben“, erklärte Wagenknecht in einer ersten Reaktion auf den offenen Brief. Ihre Partei solle vor der Wahl „diskreditiert“ werden, behauptete die BSW-Chefin. Die Briefschreiber hätten offenkundig den „Kontakt zur Bevölkerung“ verloren, behauptete Wagenknecht außerdem.
Sahra Wagenknecht und Sevim Dagdelen reagieren auf Kritik
Auch die außenpolitische Sprecherin der BSW-Gruppe im Bundestag, Sevim Dagdelen, reagierte auf die Kritik der Bürgerrechtler und den Faktencheck der ARD und bezeichnete die Vorwürfe in Richtung des BSW als „Manipulation“. Die Kritiker der Partei wollten „für den Krieg mobilisieren“, schrieb Dagdelen in einem Gastbeitrag für die „Berliner Zeitung“, die selbst für ihre russlandfreundliche Berichterstattung immer wieder in die Kritik geraten ist.
Indirekt verglich Dagdelen sich und ihre Parteigenossen dabei mit Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Rudi Dutschke. „Das Vorgehen erinnert, so sehr es auch nicht mit Absicht geschieht, an die Kriegspropagandisten des Ersten Weltkriegs, die die Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg regelrecht herbeischrieben. Oder auch an die Kampagne der Bild-Zeitung gegen die 68er-Bewegung, die im Mordanschlag an Rudi Dutschke gipfelte“, behauptete Dagdelen mit Blick auf „GEZ-finanzierte Faktenfinder“.
„Die Wortmeldung von Bürgerrechtlern hat das BSW tief getroffen“
Erneut bemühte die BSW-Politikerin zudem den Mythos, dass frühe Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew durch eine Intervention des Westens gescheitert seien. Dabei berief Dagdelen sich erneut auf einen Artikel der in Fachzeitschrift „Foreign Affairs“, der als widerlegt gilt, seitdem die Verhandlungsentwürfe der Gespräche von Istanbul öffentlich geworden sind. Demnach scheiterten die Verhandlungen an russischen Maximalforderungen.
„Die Wortmeldung von Bürgerrechtlern, mit der sie auf Lügen von Wagenknecht hinweisen, hat das BSW tief getroffen“, kommentierte der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk den Gastbeitrag von Dagdelen am Mittwoch bei X. „Erst reagierte die Führerin aggressiv, nun ihre Medwedjewa (Sevim Dagdelen) nicht minder demagogisch in der Berlinskaja Prawda“, führte Kowalczuk aus.
„Medwedjewa“ ist dabei eine Anspielung auf den früheren Kremlchef Dmitri Medwedew, der seit Kriegsbeginn immer wieder mit schrillen Worten in die Öffentlichkeit tritt. Politologe Jäger nannte ihn gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ den „Propaganda-Bluthund“ Putins.