Am Sonntagabend trafen bei RTL und ntv die Kanzlerkandidaten der laut Umfragen vier stärksten Parteien direkt aufeinander. Es ging hitzig zu.
Scholz, Merz, Habeck und WeidelDrei gegen eine – Beim TV-„Quadrell“ ging es hitzig zu

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, v.l.n.r.), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Friedrich Merz, Unions- Kanzlerkandidat und CDU Bundesvorsitzender, und Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, nehmen am „Quadrell“ bei RTL und n-tv teil
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Vor der Tür war schon jede Menge los, bevor es losging. Groupies der Parteien hatten sich am Sonntagabend vor der Tür der Fernsehstudios in Berlin-Adlershof mit Schildern postiert. Darauf stand in großen Lettern: „Merz“. Oder: „Bündniskanzler Robert Habeck“. Drinnen fand sich zwei Stunden vor Beginn des Vierer-Gipfels Polit-Prominenz aus allen Lagern ein.
Vor einer Woche waren Kanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Herausforderer Friedrich Merz (CDU) bei ARD und ZDF aufeinandergetroffen. Am Donnerstag gesellten sich Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck und Alice Weidel von der AfD in einem Format namens „Klartext“ dazu. Aller vier mussten Bürgerfragen beantworten. An diesem Sonntag nun traten dieselben vier Spitzenkandidaten bei RTL und ntv direkt gegeneinander an, moderiert von Pinar Atalay und Günther Jauch. Eine Woche vor dem Urnengang ging es erwartbar hitzig zu.
Günther Jauch bringt historischen Bierdeckel von Merz mit
Die Debatte über wirtschaftspolitische Fragen verlief wie erwartet ruhig. Merz machte den Kanzler und seinen Vizekanzler für die herrschende ökonomische Krise verantwortlich und forderte, die Wirtschaft wieder flott zu machen. In dem Zusammenhang präsentierte Jauch jenen Bierdeckel, auf dem der Unionsfraktionschef 2003 den Plan für eine Steuerreform skizziert hatte und der sich heute im Bonner „Haus der Geschichte“ befindet. Merz will auch jetzt wieder Steuersenkungen durchsetzen.
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Habeck wies indes darauf hin, dass derlei Pläne gar nicht finanziert seien. Denn entweder müsse eine unionsgeführte Bundesregierung im Gegenzug gravierend sparen, an anderer Stelle Steuern erhöhen oder die Schuldenbremse reformieren. Weidel erklärte, um die Wirtschaft anzukurbeln, müssten die Energiepreise gesenkt werden. Dabei schlug sie Einschnitte unter anderem beim Klimaschutz, bei Leistungen für Migranten und bei der Entwicklungshilfe vor. „Das Geld muss für die deutschen Bürger da sein“, sagte sie. Eher emotionslos blieb auch der Streit um die Bekämpfung des Wohnungsmangels.
TV-„Quadrell“: Streit beim Thema Migration
Mehr Streit gab es beim Thema Migration zu – mit den bekannten Positionen. Scholz sagte: „Es geht darum, die irreguläre Migration zu begrenzen.“ Unter seiner Führung sei die Zahl der Abschiebungen um 70 Prozent gesteigert worden. Nun gelte es, dranzubleiben – wozu gehöre, abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abzuschieben. Merz erwiderte, dann müsse man auch bereit sein, mit den Taliban zu verhandeln.
Das rief Habeck auf den Plan, der es richtig fand, Straftäter an den Hindukusch auszufliegen, ansonsten indes betonte: „Das ist ein Terrorregime. Man kann das nicht anders nennen.“ Und es gebe kein Land, das mit den Taliban diplomatische Beziehungen unterhalte. Weidel kündigte an: „Wir werden die irreguläre Migration stoppen.“ Denn: „Die Menschen wollen diesen Kontrollverlust in unserem Land nicht mehr haben.“
TV-„Quadrell“: Klare Ansagen in Richtung JD Vance
Hitzig wurde es, als die Sprache auf den amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance und dessen Äußerungen bei der Münchner Sicherheitskonferenz kam. Er hatte den europäischen Verbündeten am Freitag eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und eine Gefährdung der Demokratie vorgeworfen und mit Blick auf die AfD gesagt: „Es gibt keinen Platz für Brandmauern.“ Der Begriff „Brandmauer“ steht für den Ausschluss von Koalitionen mit der AfD.
Merz konterte: „Ich lasse mir doch nicht von einem amerikanischen Vizepräsidenten sagen, mit wem ich hier in Deutschland zu sprechen habe. Ich verbitte mir solche Einmischungen in die Bundestagswahl und die Regierungsbildung danach.“ In dem Zusammenhang rückte Scholz die AfD in die Nähe der Nationalsozialisten. Weidel nannte „diesen Vergleich ungeheuerlich“.
Umso energischer sprang Merz dem Kanzler bei. „Sie sind eine rechtsradikale Partei“, sagte er an Weidels Adresse und beteuerte: „Mit dieser Partei wird es keine Zusammenarbeit geben.“
Das Szenario Drei gegen Weidel wiederholte sich in Sachen Ukraine. Weidel bekannte, gemünzt auf Russland und die USA: „Wir haben Freunde in Ost und West.“ Und sie monierte, dass Deutschland von Russland in dem Krieg nicht als neutral wahrgenommen werde. Merz stellte vehement klar: „Wir sind nicht neutral.“ Und er setzte nach: „Dieser Krieg ist ein völkerrechtswidriger Krieg.“ Der russische Präsident träume im Übrigen nicht allein von einer Besetzung der Ukraine, seine territorialen Ambitionen gingen darüber hinaus. Weidel weigere sich, das einzuräumen. „Sie eiern rum und weichen aus“, schimpfte Merz.
Habeck wies Weidels Behauptung zurück, es sei nun geplant, deutsche Soldaten in die Ukraine zu entsenden. Das sei nicht vorgesehen. Die Behauptung diene dem Zweck, den Deutschen Angst zu machen.
Ob das Quadrell tatsächlich einen Einfluss auf das Wahlergebnis hat, darf bezweifelt werden. Nach dem TV-Duell von Olaf Scholz gegen Friedrich Merz hatten Umfragen den Kanzler zwar als Sieger gesehen. Eine Studie der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau ergab, dass etwa jeder sechste Teilnehmer seine Kanzlerpräferenz nach dem Duell und der „Klartext“- Sendung geändert hatten. Doch an den Umfragewerten der Parteien änderte das kaum etwas.