Am Dienstag stellen Union, SPD und Grüne ihre Wahlprogramme vor. Doch schon jetzt ist klar, dass die Personen bei der Wahl wichtiger sein werden als die Programme.
Neuwahl 2025Köpfe werden die Wahl entscheiden – aber längst nicht nur die von Scholz und Merz
Es sind noch gut zwei Monate bis zur Bundestagswahl, und es liegt Wechselstimmung in der Luft. Das kann niemand bestreiten. Die Ampel hat das Wahlvolk am Ende so genervt, dass es fast überrascht, wie nun alle drei ihrer Parteien zur Neuwahl mit dem Spitzenmann antreten, der für sie drei Jahre lang den Regierungskurs bestimmte und verkörperte.
Dass Olaf Scholz jetzt trotzdem mit fast demselben Topergebnis wie 2021 von seinem Brandenburger Landesverband auf Listenplatz eins gewählt wurde, lässt sich dennoch erklären: So sehr sich die Chefs von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, am Wochenende erneut bemühten, das Scheitern der Ampel vor allem Scholz in die Schuhe zu schieben – die Anhänger von SPD, Grünen und FDP sehen das anders.
Zwar übersehen auch sie inzwischen, dass der russische Angriffskrieg und seine schwerwiegenden Folgen auch jede andere Regierung unter Druck gebracht hätte.
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Doch ebenso wenig folgen sie der Legende, dass man als Kanzler eines Dreierbündnisses nur oft genug auf den Tisch hauen müsste, und schon würde die FDP die Schuldenbremse aufgeben und die Grünen den Atomausstieg. Vielmehr liegt ja auf der Hand, dass es die Unvereinbarkeit der roten, grünen und gelben Programmatik war, die Scholz zum Verhängnis wurde.
Programmatisch werden Koalitionen auch 2025 nicht leicht
Bevor am Dienstag nun Union, SPD und Grüne ihre Wahlprogramme vorstellen, ist bereits klar: Das wird auch 2025 nicht einfacher. Alle Koalitionsoptionen haben mindestens ein Thema, das zum Spaltpilz taugt – von der Migration bei Schwarz und Grün über das Bürgergeld bei Union und SPD bis zur Ukraine bei Rot und Grün.
Kann also das Wahlvolk tatsächlich anhand der Programmatik entscheiden? Wird die Neuwahl entlang der Topthemen Wirtschaft, Migration und Steuerpolitik entschieden? Das darf man bezweifeln. Immerhin hat die jüngste Legislatur klar gezeigt, dass schon ein kleiner Koalitionspartner, der als Mehrheitsbeschaffer gebraucht wird, jede Idee des Wahlsiegers ausbremsen kann.
Aus diesen und vielen anderen Gründen wird es im Wahlkampf doch auf die Köpfe ankommen. Nur nicht ganz so, wie sich die Möchtegernduellanten Olaf Scholz und Friedrich Merz das vorstellen. Scholz könnte noch feststellen, dass die Personalie Robert Habeck durchaus das Zeug dazu hat, dass der wahre Zweikampf in der Mitte am Ende zwischen Union und Grünen ausgefochten wird.
Und Merz, der am Samstag mit beinahe 100 Prozent der Stimmen zum NRW-Spitzenkandidaten gekürt wurde, kann nicht darauf vertrauen, dass allein die abgewirtschaftete Koalition unter SPD-Führung und die guten Umfragen für die CDU ihm den Weg ins Kanzleramt ebnen.
Neustart mit Merkel-Ministern
Dafür gibt es inzwischen zu viele Variablen. Zum einen ist es gewagt von der Union, frischen Wind anzukündigen – und diesen personell mit Gesichtern zu verbinden, die schon unter Angela Merkel Minister waren, geführt von einem 70-Jährigen, der vor einem Vierteljahrhundert politisch sozialisiert wurde und der nur als neuer Besen durchgeht, weil er noch nie ein Regierungsamt hatte.
Von der Wechselstimmung dürften andere Köpfe profitieren: Die AfD unter Kanzlerkandidatin Alice Weidel ist derzeit stärker als die SPD. Und auch Sahra Wagenknecht, bei der die Person offiziell Programm ist, sowie die verbliebenen Linken-Promis entscheiden durch ihre persönliche Zugkraft, wie stabil die nächste Bundesregierung wird.
Das gilt auch für jene Partei, die nicht nur ihren Wahlerfolg, sondern ihr Überleben an eine Person hängt: Bei der FDP geht es längst nicht mehr um Programmatik, sondern nur noch um die Frage, wie viele Wähler ihrem Chef Christian Lindner überhaupt noch trauen, ein ehrlicher und zuverlässiger Koalitionspartner – oder auch nur Politiker – zu sein.