Die Union lässt Pläne über einen stärkeren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vorerst platzen. Ihre Begründung lässt jede Menge Raum für Interpretationen.
Kommentar zum Schutz des BVerfGFataler Ausstieg mit zu dürrer Begründung
Dass der schnellste Weg zur Machtausweitung für Rechtspopulisten nach einem Wahlerfolg über die obersten Gerichte führt, sollte sich herumgesprochen haben, in Polen und in Israel ist das zu besichtigen. Das Muster ähnelt sich: Die Regierungsparteien greifen die Gerichte an, um deren Eingriffsmöglichkeiten – vor allem auch gegenüber den Regierenden selbst – möglichst weitgehend zu beschneiden.
Dass das auch in Deutschland möglich ist, dass auch das Bundesverfassungsgericht angreifbar ist, hat sich nicht zuletzt durch die brillante Analyse „Ein Volkskanzler“ des Juristen und Journalisten Maximilian Steinbeis herumgesprochen, seine kluge Arbeit aus dem Jahr 2019 fand sogar als Theaterstück weite Verbreitung.
Machtoptionen für Parteien wie die AfD sind noch realer geworden
Seitdem sind die Machtoptionen für Parteien wie die AfD noch einmal deutlich realer geworden, Mehrheiten sind zumindest auf Landesebene möglich. Um so dringlicher ist daher eine Grundgesetzänderung, mit der das Verfassungsgericht besser gegen eine mögliche Attacke geschützt wäre. Die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundestag war jedenfalls in Sicht.
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Ex-Bundesminister auf Lesetour Was Jürgen Trittin (Grüne) mit Blick auf die ZUE in Frechen rät
- Bundestagswahl FDP nominiert Markus Herbrand für Wahlkreis Euskirchen-Rhein-Erftkreis II
- „Als würde er ihn auslachen“ Europa schimpft, Moskau feixt – Kanzler nach Putins „wahrer Antwort“ im Kreuzfeuer
- Kontaktaufnahme Olaf Scholz und Wladimir Putin: Nutzlose Gespräche
- Bundesparteitag Brantner und Banaszak sind die neue Grünen-Chefs
- Bundestagswahl Was der frühe Wahltermin für die Parteien in Rhein-Erft bedeutet
- Kremlchef bleibt hart, Kritik aus Kiew Scholz telefoniert erstmals seit zwei Jahren mit Putin
Dass CDU und CSU nun meinen, aus diesem Bündnis der Verfassungsfreunde aussteigen zu müssen, ist nicht nur fatal, es ist völlig unverständlich: Schließlich hat die Union selbst an den Entwürfen für eine Verfassungsänderung mitgewirkt. Ein solches Vorgehen habe „nicht nur Vorteile“, ist die dürre Begründung der Union für ihre Exit-Strategie. Das lässt jede Menge Raum für Interpretationen.
Große Teile der Bevölkerung sieht Populisten-Aufschwung mit Sorge
Die AfD jedenfalls dürfte es freuen, dass ihr die Eingriffsmöglichkeiten ins Innere des höchsten deutschen Gerichtes durch das Ausscheren von CDU und CSU zumindest nicht verstellt werden.
Zumal die Union damit eine Haltung ignoriert, die auch in weiten Teilen der eigenen Anhängerschaft verbreitet ist und die sich in den zahlreichen Großdemonstrationen der letzten Wochen manifestiert: Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung sieht den Aufschwung der Populisten mit größter Sorge und setzt sich dagegen zur Wehr.
Genau diese Stimmung hätte die geplante und nun von der CDU zunächst torpedierte Grundgesetzänderung getroffen. Die sich natürlich gegen Extremisten von Rechtsaußen wie von Linksaußen gleichermaßen gerichtet hätte.