Düsseldorf – Die Stimmung bei den CDU-Politikern, die zum Umfeld von Armin Laschet gehören, war schon mal besser. Diejenigen, die sich mit ihren Einschätzungen in der Vergangenheit immer auf der sicheren Seite wähnten, wagen plötzlich keine Prognosen mehr. „Wenn es dem Armin nicht gelingt, Söder am Wochenende zum Rückzug zu bewegen, ist der Zug wahrscheinlich für ihn abgefahren“, sagt ein Abgeordneter aus der NRW-Landesgruppe. Wenn es am Dienstag zu einer Abstimmung in der Bundestagsfraktion komme, werde Söder gewinnen.
Es steht Spitz auf Knopf für Armin Laschet. In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, wie seine politische Karriere weiter verläuft. Kann er das Kanzler-Duell noch für sich entscheiden, obwohl es in der CDU immer mehr „Abtrünnige“ gibt? Oder muss er sich dem Konkurrenten aus Bayern geschlagen geben? Laschet ist bekannt dafür, dass er viel einstecken kann. Jetzt droht dem „Rocky Balboa der deutschen Politik“ („Der Spiegel“) jedoch der Knockout.
In der NRW-CDU ist man über die Entwicklung fassungslos. Wie konnte es passieren, dass Laschet trotz des Votums aus dem CDU-Präsidium jetzt das Scheitern droht? Söder war es gelungen, die Bundestagsfraktion von CDU und CSU zu entern. Ein Gremium, das gar nicht zuständig ist: „Die Bundestagfraktion besitzt keine Legitimation, über die Frage abzustimmen“, sagt Josef Hovenjürgen, Generalsekretär der Landes-CDU, im Gespräch mit unser Zeitung.
„Laschet kommt am Votum der Fraktion nicht vorbei"
Das mag sein. Aber die Zweierrunde am Frühstückstisch von Wolfratshausen, bei der Angela Merkel im Januar 2002 dem CSU-Politiker Edmund Stoiber die Kanzlerkandidatur antrug, war auch kein Gremium, das von den Statuten für eine solche Entscheidung vorgesehen war. „Laschet wird am Votum der Fraktion nicht vorbeikommen“, heißt es in der NRW-Landesgruppe. „Das kann bitter enden.“
Die Junge Union will nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Montag in einer digitalen Sitzung ein Votum herbeiführen, wenn sich Laschet und Söder nicht am Wochenende einigen. Zwölf der 18 JU-Landesverbände der Nachwuchsorganisation wollten bereits eine Erklärung für Söder veröffentlichen, wurden aber von Verbandschef Tilman Kuban durch die Zusicherung einer gemeinsamen Positionierung davon abgehalten. Der Sonntag müsse für eine Entscheidung aus Respekt vor der nationalen Gedenkveranstaltung für die Opfer in der Corona-Pandemie an dem Tag ausscheiden.
Umfragewerte für Armin Laschet bleiben schlecht
Die Umfragewerte sind weiterhin schlecht für Laschet und gut für Söder. Nach dem von infratest dimap erhobenen Deutschlandtrend des ARD-Morgenmagazins halten derzeit 44 Prozent der Bundesbürger und 72 Prozent der Unions-Anhänger den CSU-Chef für den geeigneteren Kandidaten, um die Unionsparteien in die Bundestagswahl zu führen. Im ZDF-Politbarometer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen wird Söder von 63 Prozent aller Befragten und 84 Prozent der CDU/CSU-Anhänger Söder für kanzlertauglich erklärt.
Laschet trauen das Amt hier nur 29 Prozent zu und in den eigenen Reihen 43 Prozent. Er liegt damit auch hinter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dem in der Umfrage 37 Prozent aller Befragten die Eignung als Kanzler attestieren. Aber kann man solchen Werten trauen? Lag nicht auch Martin Schulz, der bitter gescheiterte Kanzlerkandidat der SPD im Jahr 2017, Demoskopen zu Folge fast uneinholbar vorne?
Auch Martin Schulz lag in den Umfagen vorn
In Düsseldorf warnt man davor, sich in die Irre leiten zu lassen. Fast schon mit Verachtung spricht man zum Beispiel in der CDU-Landtagsfraktion von den Kollegen in Berlin. Diese seien „prinzipienlos“ und wollte sich nur „ihre Pfründe“ sichern. „Die stellen ihre Interessen über die Interessen der Partei“, ärgert sich ein Abgeordneter aus dem Fraktionsvorstand. „Wenn Söder gewinnt, wird die CDU nicht mehr die Partei sein, die sie einmal war. In der CDU gilt: The winner takes it all. Dann müssen wir ganz kleine Brötchen backen.“
In Düsseldorf geht die Angst vor dem Fiasko um. Schon werden Szenarien für eine mögliche Zeit nach der Lachet-Niederlage gesponnen. Option eins: Laschet bleibt nach einer Niederlage Bundesvorsitzender, um nach einem Sieg von Söder bei der Bundestagswahl die Bundestagsfraktion anzuführen. „Damit könnte er sein Gesicht wahren und dafür sorgen, dass die CDU nicht zu stark von Söder untergebuttert würde“, sagte ein Mitglied des Landesvorstands. „Ob das das Ding von Armin wäre, weiß ich nicht.“
Unterstützung von NRW wäre Laschet auch bei Niederlage sicher
Option zwei: Laschet stellt nach einer Niederlage sein Amt als Bundesvorsitzinder wieder zur Verfügung und konzentriert sich auf seine Arbeit in NRW. Dies sei kein Problem. Stoiber habe nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl die Landtagswahlen 1994 in Bayern mit absoluter Mehrheit gewonnen, heißt es. Laschet könne auf eine „tausendprozentige Mobilisierung“ des CDU-Lagers in NRW bauen.
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Aber noch ist es nicht so weit. Vielleicht passiert ja nicht, was aus Sicht der NRW-CDU nicht passieren darf. CDU-General Hovenjürgen geht davon aus, dass es „bei dem verabredeten Verfahren“ bleibt: „Armin Laschet und Markus Söder werden am Wochenende zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen. Markus Söder hatte ja bereits zugesagt, dass er zurückzieht, wenn die CDU Laschet als Kanzlerkandidat vorschlägt. Ich bin der festen Überzeugung, dass Armin Laschet der Kanzlerkandidat der Union wird.“