Kein einziger NRW-Minister wurde ins Kabinett von Friedrich Merz berufen. Wieso ist das so gekommen? Eine Analyse.
NRW-Minister gehen leer ausMerz’ Kabinettsliste sorgt für Erstaunen in Düsseldorf

Diese drei NRW-Politiker bekommen keine Posten im Kabinett von Friedrich Merz: Armin Laschet, Ex-Ministerpräsident von NRW, Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (Mitte) und Bauministerin Ina Scharrenbach. Das Bild wurde im Oktober 2020 aufgenommen.
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Ina Scharrenbach nimmt in dieser Woche keine offiziellen Termine wahr. Während fast alle anderen Kabinettsmitglieder der schwarz-grünen Landesregierung in der Woche nach den Osterferien ihre Repräsentationspflichten wieder aufnehmen und bei Veranstaltungen im ganzen Land Reden und Grußworte halten, hat sich die NRW-Bauministerin den Kalender freigehalten. Zufall, oder nicht?
„Ihr Stab ging offenbar davon aus, dass Ina die Woche als künftige Bundesministerin in Berlin verbringen würde“, sagt ein CDU-Landtagsabgeordneter aus dem Rheinland im Gespräch mit dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“. Doch der Ritterschlag blieb aus. In der Bundesregierung von Friedrich Merz wird kein einziger Minister aus NRW am Kabinettstisch sitzen.
Die Nichtberücksichtigung von NRW wurde im politischen Düsseldorf von vielen mit ungläubigem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Auf Kabinettslisten, die nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen angeblich aus dem direkten Umfeld von Merz bekannt geworden waren, hatten sich noch die Namen einiger Politiker aus NRW befunden. Als Top-Favoritin wurde stets Ina Scharrenbach genannt.
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Aber auch Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann galt als veritabler Wechsel-Kandidat. Der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wurde als möglicher Außenminister gehandelt. Nachdem sich CDU-General Carsten Linnemann selbst aus dem Rennen genommen hat, wird NRW künftig vor allem durch Jens Spahn als Fraktionschef der Bundestagsfraktion an prominenter Stelle im Kabinett vertreten sein. „Merz hat manche Träume platzen lassen“, sagt ein Mitglied des CDU-Landesvorstands.
Datum der Posten-Proklamation als „schwarzer Montag“
Im NRW-Bauministerium wird das Datum der Posten-Proklamation wohl als „schwarzer Montag“ in die Geschichte eingehen. „Da waren einige schon im Kopf in Berlin“, sagt ein Referatsleiter hinter vorgehaltener Hand. Scharrenbach hatte bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD die bedeutende Arbeitsgruppe Verkehr, Infrastruktur, Bauen und Wohnen geleitet. Sie gilt als bienenfleißig und inhaltlich sattelfest. Warum hat Merz am Ende doch auf die Chefin der NRW-Frauenunion verzichtet? „Ina ist ziemlich detailversessen und hat ihren eigenen Kopf“, sagt eine Weggefährtin. Vielleicht sei sie Merz „zu selbstbewusst gewesen“.
Auch Karl-Josef Laumann, der langjährige Chef des Arbeitnehmerflügels CDA in der CDU, wäre im Merz-Kabinett ein politisches Schwergewicht mit eigenen Truppen gewesen. Wie im Fall Scharrenbach dürfte das als entscheidendes Ausschlusskriterium gewirkt haben. „Friedrich will offenbar, dass seine Leute keine entscheidende Machtbasis mitbringen“, sagt ein Bezirkschef der NRW-CDU. Ebenfalls unerwünscht: Eine politische Vergangenheit, die eine Hypothek darstellt.
So wie bei Armin Laschet. Der Politiker aus Aachen hatte sich 2021 im Rennen um den CDU-Vorsitz in der Stichwahl gegen Merz durchgesetzt. Laschet gehört zudem – historisch betrachtet – ins Lager der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der Merz spinnefeind ist. „Armin ist vom Typ her immer etwas unberechenbar“, sagt eine erfahrene CDU-Landtagsabgeordnete. „Das mag Merz nicht. Und die Schlagzeilen der vergangenen Wochen waren zuletzt auch nicht förderlich.“ Laschet war zu schnell gefahren und dabei geblitzt worden. Als Begründung für sein hohes Tempo hatte er angegeben, er sei von Unbekannten verfolgt worden. Die Polizei fand allerdings keine Spur von den Männern.
Wechsel des Essener Oberbürgermeisters Thomas Kufen nach Düsseldorf ist passé
Zu den NRW-Politikern, die sich Hoffnungen auf einen Posten hatten machen können, aber leer ausgingen, gehören Günter Krings, der Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag und der Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak. Beide verfügen als Bezirksvorsitzende intern über großen Einfluss.
Auch die renommierten Bundestagsabgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker (Rhein-Sieg), Thomas Rachel (Düren) und Anja Karliczek (Steinfurt) blieben unberücksichtigt. Da es in NRW keine Kabinettsumbildung geben wird, haben sich auch die Spekulationen um einen Wechsel des Essener Oberbürgermeisters Thomas Kufen (CDU) nach Düsseldorf erledigt.

Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, ging bei der Vergabe leer aus.
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NRW-Ministerpräsident und CDU Landeschef Hendrik Wüst zieht eine positive Bilanz. Mit Friedrich Merz, Jens Spahn und Carsten Linnemann stellte die CDU Nordrhein-Westfalen die kommenden Spitzen von Bundesregierung, Bundestagsfraktion und Bundespartei und trage eine „starke Verantwortung“.
Die künftige Wirtschaftsministerin Katharina Reiche lebt in Essen, und Digitalminister Karsten Wildberger ist Vize-Chef des Wirtschaftsrats der NRW-CDU. „Noch nie war die CDU Nordrhein-Westfalen in den Spitzenämtern der Bundespolitik so stark vertreten,“ freut sich der Generalsekretär Ziemiak. Das gelte auch für die zweite Reihe der Staatsminister und Staatssekretäre. Dort besetzt NRW fünf Positionen.
Fünf Staatsminister und Staatssekretäre wurden benannt
So wird die Kölnerin Serap Güler Staatsministerin im Außenministerium. Der Düsseldorfer Abgeordnete Thomas Jarzombek geht als Staatssekretär ins Digitalministerium. Stefan Rouenhoff wechselt ins Wirtschaftsministerium, Georg Kippels aus dem Rhein-Erft-Kreis ins Gesundheitsministerium, der Essener Matthias Hauer wird Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt.
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wertet die Kabinettsliste von Merz naturgemäß als Misserfolg für NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Moritz Körner, Generalsekretär der nordrhein-westfälischen FDP, sprach von einem „politischen Desaster“: „Wüst war bereits bei den Koalitionsverhandlungen außen vor, nun wird seine Landespartei auch personell komplett übergangen – das beschädigt die politische Schlagkraft unseres Landes in Berlin massiv“, so Körner.
Ott: „Das ist ziemlich wenig Wüst im Kabinett Merz“
Auch Jochen Ott, Chef der SPD-Fraktion im Landtag, sieht die personelle Weichenstellung als Schlappe für den Regierungschef. „Das ist ziemlich wenig Wüst im Kabinett Merz“, sagte Ott. Der NRW-Landesvorsitzenden verfüge offenbar über keinen Einfluss in Berlin: „Für einen Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes ist das kein Ruhmesblatt.“
Die SPD will ihre Kabinettsliste erst nach dem Ablauf des Mitgliederentscheids präsentieren. Fest steht, dass der bisherige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Köln) die Regierungsbank verlassen muss. Die Zukunft von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (Münster) ist ungewiss. Als gesetzt gilt, dass die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas einen Ministerposten bekommt. Die Duisburgerin wird auch als Spitzenkandidatin der NRW-SPD für die Landtagswahl 2027 gehandelt.