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„Sie glauben doch nicht allen Ernstes“SPD-Politiker poltert gegen Kanzler und USA wegen Raketen-Beschluss

Lesezeit 3 Minuten
Ralf Stegner (SPD), kritisiert den Beschluss seines Parteipräsidiums zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland.

Ralf Stegner (SPD), kritisiert den Beschluss seines Parteipräsidiums zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland.

Die Parteilinke wie Ralf Stegner kritisiert den Beschluss der SPD-Spitze zur Stationierung neuer US-Raketen in Deutschland. Der Ton ist rau.

Das SPD-Präsidium hat sich am Montag für die Stationierung von weitreichenden US-Waffen in Deutschland ausgesprochen. Bundeskanzler Olaf Scholz begründete den Beschluss mit der Abschreckungswirkung in Richtung Wladimir Putin. Ab 2026 sollen die Raketen mit großer Reichweite in Westdeutschland stationiert werden.

Der Beschluss des Präsidiums blieb allerdings nicht lange unwidersprochen: So warnte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bereits im Juli vor einer militärischen Eskalation. „Die Raketen haben eine sehr kurze Vorwarnzeit und eröffnen neue technologische Fähigkeiten. Die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation ist beträchtlich“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Ralf Stegner: „Die SPD ist eine Friedenspartei“

Ralf Stegner kritisierte ebenfalls einen drohenden Rüstungswettlauf. Im ZDF legte Stegner nun noch einmal nach. „Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass Dinge, die mal so eben am Rande von einem Gipfel verabredet werden, einfach so kommen!“ polterte Stegner im ZDF. Damit diskreditierte er indirekt auch Kanzler Scholz, der diese Absprache mit den USA getroffen hatte.

Dem NDR sagte Stegner, er sehe die Bedrohung durch Putin, er fordere aber zunächst eine gesellschaftliche Debatte. Die Raketen seien auch ein Ressourcenverbrauch für Aufrüstung, der eigentlich für andere Dinge benötigt werde.

Stegner will Verhandlungen und neue Abkommen mit Russland. „Die SPD ist eine Friedenspartei“, so Stegner. Vergleiche mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und seinen russlandfreundlichen Positionen verbat er sich. Er sagte, dass das Thema nicht von Rechts- oder Linksaußen instrumentalisiert werden dürfe, stattdessen müsse die SPD selber die vorhandenen Ängste der Bevölkerung erst nehmen.

Ralf Stegner befürchtet spätere Aufrüstung mit nuklearen Sprengköpfen

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigte den Beschluss dagegen und kündigte an, dass Kanzler Scholz sich noch einmal ausführlicher äußern werde.

Die Bundesregierung hatte mit den USA am Rande des Nato-Gipfels am 10. Juli vereinbart, dass erstmals seit den 1990er Jahren ab 2026 wieder US-Waffen mit längerer Reichweite in Deutschland stationiert werden sollen. Dabei geht es um konventionell bewaffnete Systeme, eine nukleare Bewaffnung ist nicht geplant. Stegner fürchtet allerdings, dass sich eine mögliche spätere Ausstattung der Raketen mit Nuklearsprengköpfen nicht verhindern lasse.

Stegner und Mützenich von Historikern kritisiert

Stegner gehört dem Parteipräsidium nicht mehr an. Von 2014 bis 2019 war er einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD und damit Präsidiumsmitglied. Seit Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 fiel Stegner häufig durch Äußerungen auf, die sich kritisch mit deutschen Waffenlieferungen an Kiew auseinandersetzten. Stegner, der dem linken Flügel seiner Partei zugehörig ist, liegt damit auf einer Linie mit Fraktionschef Rolf Mützenich.

Der Kölner Abgeordnete hat sich wiederholt beispielsweise gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen. Viel Kritik erntete Mützenich, als er ein „Einfrieren“ des Krieges zwischen Russland und der Ukraine forderte. Fünf sozialdemokratische Historiker hatten danach in einem Brandbrief die Haltung der SPD-Linken, speziell Stegner und Mützenich, kritisiert und diese als „empathielos“ gegenüber der ukrainischen Bevölkerung dargestellt.