Berlin – Ungeachtet schwieriger Verhandlungen zwischen Union und SPD zeichnet sich eine Einigung bei der geplanten Grundrente ab. Eine hochrangig besetzte Arbeitsgruppe der Koalition vertagte sich am Mittwoch erneut, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Von der Opposition kam deshalb scharfe Kritik. Allerdings wurden Umrisse einer Lösung deutlich. Nun soll am Donnerstag kommender Woche weiterverhandelt werden. Klar ist damit allerdings, dass es vor der Landtagswahl in Thüringen an diesem Sonntag kein Ergebnis gibt.
„Wir bewegen uns aufeinander zu“, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Mitglied der Renten-AG vor dem Treffen der Deutschen-Presse-Agentur in Berlin. Anschließend berichtete er, es sei zwar in einigen Punkten eine Annäherung erzielt worden, aber eine endgültige Einigung stehe weiter aus. „Es waren konstruktive Gespräche“, hieß es von anderer Seite.
Aufschlag für mindestens 35 Jahre im Beruf
Geplant ist ein Rentenaufschlag für Senioren, die mindestens 35 Jahre lang gearbeitet haben oder Zeiten der Kindererziehung oder Pflege aufweisen, aber nur eine kleine Rente bekommen. Die Grundrente soll zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung liegen. Während die SPD diese möglichst vielen Betroffenen gewähren will, pocht die Union darauf, den ab Anfang 2021 geplanten Rentenaufschlag strenger von einer Prüfung der Bedürftigkeit abhängig zu machen.
Wie es in Koalitionskreisen weiter hieß, soll die Grundrente nach einer Prüfung der Einkommen der Betroffenen gewährt werden. Dies solle über die Daten funktionieren, die die Finanzämter erheben. Allerdings war noch offen, welche Einkommen in welcher Weise genau berücksichtigt werden sollen. Dabei geht es auch um die Frage, wie viele Menschen die Grundrente bekommen, und wie hoch die Kosten werden sollen. Eine Lösung könnte dem Vernehmen nach auch bei einem Spitzentreffen der Koalition am 4. November gefunden werden.
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Nicht ausgeschlossen wurde allerdings auch, dass sich die Verhandlungen erneut als schwierig erweisen und damit am Ende sogar die Koalition gefährdet wird. Für die SPD ist die Grundrente auch ein Prestigeprojekt.Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte bereits im Mai einen Entwurf vorgelegt, wonach rund drei Millionen Menschen die Grundrente beziehen sollten - davon 80 Prozent Frauen. Er veranschlagte Kosten von 3,8 bis 4,8 Milliarden Euro pro Jahr.
Rentenpaket bereits Ende 2018 beschlossen
Bereits Ende vergangenen Jahres beschloss der Bundestag ein Rentenpaket der Koalition. Damals wurde eine sogenannte doppelte Haltelinie bei der gesetzlichen Rente eingezogen, nämlich beim Rentenniveau und beim Beitragssatz. Ausgeweitet wurde die Mütterrente. Hinzu kamen Verbesserungen für Menschen, die etwa wegen Krankheit nicht mehr arbeiten können.
Der FDP-Rentenexperte Johannes Vogel warf der Koalition völlig falsche Prioritäten vor. „Letztes Jahr wurde mit dem Rentenpaket mit der Gießkanne Geld ausgegeben und das Rentensystem zu Lasten der Jungen destabilisiert, aber bei diesem wichtigen Thema der Vermeidung von Altersarmut kommt die Koalition nicht zu Potte“, sagte er. Der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald sagte: „Die Rentenpolitik von Union und SPD versinkt im Winterschlaf.“ Wöchentlich träfen sich unzählige Gesprächsrunden - „aber null Ergebnisse“.