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Trump versetzt Moskau in Ekstase„Jetzt können wir wirklich Brüssel, London oder Paris angreifen“

Lesezeit 5 Minuten
Gute Laune in Moskau: Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Ex-Präsident Dmitri Medwedew auf einer Archivaufnahme.

Gute Laune in Moskau: Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Ex-Präsident Dmitri Medwedew auf einer Archivaufnahme.

Donald Trump kündigt Verhandlungen mit Wladimir Putin an – und löst damit große Freude in Russland aus.

Keine Nato-Mitgliedschaft, keine Befreiung der besetzten Gebiete, keine Verhandlungen mit, sondern über die Ukraine: US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Ankündigung von Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin, offensichtlich ohne Zugeständnisse von Russland zu verlangen, nicht nur für reichlich Wirbel in der Ukraine und Europa gesorgt, sondern auch für Jubel in Moskau.

Mit Trumps Entscheidung werde Europas „wahre Rolle in der Welt“ sichtbar, erklärte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew am Donnerstag. „Europas Zeit ist vorbei. Es ist schwach, hässlich und nutzlos“, führte der Putin-Vertraute in einem Beitrag auf der Plattform X aus.

In Moskau herrscht Freude – und Trump erhöht den Druck auf Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj werde „tun müssen, was er tun muss“, bekräftigte Trump derweil seinen Kurs, gemeinsam mit Putin über die Zukunft der Ukraine entscheiden zu wollen. „Seine Umfragewerte sind nicht allzu gut, um es milde ausdrücken“, schickte der US-Präsident in Richtung Selenskyj hinterher.

Kiew war von Trump lediglich nachträglich über das Telefonat mit Putin in Kenntnis gesetzt worden. Auch von einer Einbindung Europas in die angekündigten Gespräche ist in Washington keine Rede. Zahlreiche europäische Politiker forderten von Trump nun eilig die Einbeziehung in die Gespräche.

Hassgrüße aus Moskau: „Das frigide alte Europa ist außer sich vor Wut“

Präsident Selenskyj bekräftigte unterdessen, dass die Ukraine kein Abkommen akzeptieren werde, das sie nicht mitverhandelt habe, während US-Verteidigungsminister Pete Hegseth parallel gegenüber Reportern durchscheinen ließ, dass Washingtons Plan bisher lediglich ukrainische Zugeständnisse vorsieht.

„Das frigide alte Europa ist außer sich vor Eifersucht und Wut“, führte Medwedew in seiner hämischen Wortmeldung dementsprechend aus. Der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrates tritt seit Kriegsbeginn immer wieder mit besonders vulgären Worten und drastischen Drohungen in Erscheinung.

Gespräche ohne Zugeständnisse: Sergej Lawrow ist zufrieden

Europa sei weder vor Trumps Telefonat mit Putin „gewarnt“, noch zum Inhalt der Gespräche und den darauffolgenden Stellungnahmen „befragt“ worden, zeigte sich Medwedew nun erfreut über den Kurs des Weißen Hauses. Auch Russlands Chefdiplomat, Außenminister Sergej Lawrow, äußerte sich derweil zu Trumps Anruf in Moskau – und schlug in weniger deutlichen Worten in dieselbe Kerbe.

„Viele im Westen, darunter auch die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, waren vielleicht überrascht von einem einfachen, kultivierten Gespräch zwischen zwei wohlerzogenen und höflichen Menschen“, erklärte Lawrow nicht ohne Süffisanz. Für Europa könne Trumps Vorgehen nun als Beispiel dienen, „wie Diplomatie funktioniert“, erklärte Lawrow außerdem zu der Einigung auf Verhandlungen, für die Moskau offenbar keines seiner erklärten Kriegsziele aufgeben muss.

„Putin wird von daher diesen Krieg gewonnen haben“

Dass Moskau sich als Gewinner wähnen würde, war bereits kurz nach Trumps Ankündigung von Politik- und Russland-Experten befürchtet worden. „Im Kreml knallen die Sektkorken, Putin und Trump beenden die demokratische Weltordnung“, sagte der Historiker Matthäus Wehowski dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es drohe alles zusammenzubrechen, „was die USA seit 1945 erreicht haben“, fügte Wehowski mit Blick auf Trumps Vorstoß an.

Putin und der US-Präsident könnten nun über die Köpfe der Ukrainer hinweg entscheiden, erklärte unterdessen der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität in München. „Putin wird von daher diesen Krieg gewonnen haben. Er hat erreicht, dass die Amerikaner sich aus diesem Konflikt zurückziehen.“

Freude im russischen Staats-TV: „Artikel 5 können sie nun vergessen“

In Moskau macht man dementsprechend auch kein Geheimnis daraus, dass man das ähnlich sieht, wie der deutsche Experte. Und auch daraus nicht, was Trumps Kurs bedeutet, dessen Verteidigungsminister nun erneut betonte, dass die USA im Falle einer Auseinandersetzung zwischen Europa und Russland nicht zur Hilfe eilen würden.

„In dieser Situation sollten wir den Europäern klarmachen: Jetzt können wir wirklich Brüssel, London oder Paris angreifen, denn Artikel 5 können sie nun vergessen. Sie können die Vorstellung vergessen, dass die Amerikaner in Ihrem Namen eingreifen würden“, brachte der Politikwissenschaftler Sergej Michejew Moskaus Sicht der Dinge nach Angaben der Journalistin Julia Davis in der Sendung „Der Abend mit Wladimir Solowjow“ nun auf den Punkt.

„Totalen Zusammenbruch von Selenskyjs Welt verursacht“

Solowjow gehört zu den prominentesten Propagandisten in den russischen Staatsmedien. Auch bei ihm ist die Freude in diesen Tagen groß: Das Telefongespräch zwischen Trump und Putin habe „einen totalen Zusammenbruch von Selenskyjs Welt verursacht“ und Europa in „wahnsinnige Panik“ versetzt, freute sich der Moderator am Donnerstag in einer russischen Radiosendung über den sich abzeichnenden Deal zwischen Moskau und Washington, bei dem Kiew kaum mitreden soll.

Kurz schien es am Donnerstag dann, als würde die US-Regierung zurückrudern. Verteidigungsminister Hegseth, der am Vortrag noch zur Freude Moskaus verkündet hatte, dass die Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine „unwahrscheinlich“ sei, erklärte nun, bei den kommenden Verhandlungen liege „alles auf dem Tisch“. Trump treffe die endgültige Entscheidung, versicherte Hegseth: „Was er zulässt oder nicht zulässt, liegt in den Händen des Führers der freien Welt, von Präsident Trump.“

Trump stellt klar: Putin „erlaubt“ Nato-Beitritt nicht

Nur wenige Stunden später erklärte der US-Präsident schließlich jedoch: „Ich sehe keine Möglichkeit, dass ein Land in der Position Russlands der Ukraine einen Nato-Beitritt erlauben könnte.“ Er könne sich „nicht vorstellen, dass das passiert“, hieß es weiter von Trump, der damit erneut seine Bereitschaft signalisierte, Moskaus Bedingungen zu akzeptieren und russische Propaganda zu übernehmen. Im Kreml dürfte auch das für Freude gesorgt haben.

Anders fiel die Reaktion von russischen Kremlkritikern wie Garri Kasparow aus. „Es ist offenbar Trumps Politik, Putin alles, was er will, umsonst zu geben“, schrieb der ehemalige Schachweltmeister auf der Plattform X angesichts des Vorgehens des US-Präsidenten und fügte an: „Es gibt keine Erklärung dafür, die nicht absurd und amoralisch klingt.“