Aachen/Düsseldorf – Tagelang was das „Z“ auf einem Gabelstapler und zwei Kartons der Spedition bei Aachen zu sehen. Der Buchstabe, der zum Symbol des russischen Angriffskrieges mit seinen zahlreichen Gräueltaten geworden ist. Auf Panzern, Uniformen oder Geschützen im Kriegsgebiet steht das weiße „Z“ laut dem russischen Verteidigungsministerium für „Za Pobedu“ – „Für den Sieg“. In Russland wird der Buchstabe an Autos, Gebäuden oder auf T-Shirts gezeigt, um Zustimmung zum Krieg gegen die Ukraine zu demonstrieren
Bei der Unternehmensgruppe, zu der auch die Spedition bei Aachen gehört, arbeiten etwa 2000 Menschen - auch Russen sind darunter. Und eine aus der Ukraine stammende Mitarbeiterin, der schließlich der Kragen platzte. Ihre Angehörigen in der Heimat kämpften um ihr Leben, da wollte sie die Provokation im sicheren Deutschland nicht mehr hinnehmen. Sie erstattete Anzeige.
Z-Schmierereien in Spedition bei Aachen
Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft in Aachen. Die Spedition bestätigte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass sowohl der Gabelstapler als auch die Pappkartons „von Mitarbeitern beschmiert worden sind“. Nachdem man von diesem „einmaligen Vorfall“ erfahren habe, seien „die notwendigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ gezogen worden. Vorsorglich sei zudem in einem betriebsinternen Aushang darauf hingewiesen worden, „dass die Verwendung des Buchstabens Z derzeit eine Straftat darstellen kann und dass die Verwendung des Symbols auf unserem Betriebsgelände ohne Ausnahme zur Anzeige gebracht wird.“
Der Fall bei Aachen ist einer von vielen. Seit dem Einmarsch der Russen am 24. Februar wurden in NRW über 100 Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine erfasst. „In etlichen dieser Fälle spielte das Z eine Rolle“, heißt es im Innenministerium. Zudem gebe es 37 Ermittlungsverfahren, in denen es um eine mögliche Solidarisierung mit Russlands Angriffskrieges geht. Eines der Verfahren werde in Düsseldorf bearbeitet, bestätigte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage. In Köln liegen bisher zwar keine entsprechenden Anzeigen vor. In Aachen aber sollen auch Häftlinge in der dortigen Justizvollzugsanstalt das Z-Symbol benutzt haben.
„Z“-Verbot in NRW geprüft
Der Buchstabe selbst sei zwar nicht verboten, erläuterte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums vor einigen Tagen. Das Zeigen des Z-Symbols könne jedoch als öffentliche Billigung des Krieges gegen die Ukraine strafbar sein. Denn der Angriff sei eine Straftat. „Und wer diesen Angriffskrieg öffentlich billigt, kann sich daher selber auch strafbar machen.“
Alles klar also? Einige Bundesländer kündigten seitdem jedenfalls an, die Sache in Angriff zu nehmen. Auch in NRW werde geprüft, ob das „Z“ ähnlich wie etwa ein Hakenkreuz als verfassungswidriges Symbol eingestuft werden kann, ließ beispielsweise Justizminister Peter Biesenbach (CDU) wissen. Landesflüchtlingsminister Joachim Stamp forderte auf Twitter, eine einheitliche gesetzliche Vorgabe. „Das „Z“ als Symbol des Putinschen Faschismus sollte deutschlandweit verboten werden“, sagte der FDP-Mann. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul kündigte eine Verbotsprüfung an.
Solidarisierung mit russischem Angriffskrieg
Bei der Prüfung konzentrierten sich die Behörden auf den Paragrafen 140 Nummer 2 des Strafgesetzbuches. „Wer eine rechtswidrige Tat in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts billigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es dort. Nach dieser Regel sei es auch verboten, „schwere Straftaten wie etwa einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Öffentlichkeit zu billigen“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vieles spreche dafür, „dass das Zeigen des Z-Symbols, je nach Kontext, unter diese Norm fallen kann, wenn dadurch der öffentliche Frieden gestört werden kann.“
Soweit die Theorie. Denn in der Praxis, so räumte Buschmann ein, komme es „letztlich immer auf den konkreten Einzelfall an“. Und: Da das Phänomen neu sei, gebe es dazu natürlich noch keine Rechtsprechung, an der sich die Ermittler orientieren könnten. „Die Rechtsunsicherheit“ sei deshalb seit Kriegsbeginn zumindest zeitweise „groß gewesen, was zu unterschiedlichen polizeilichen Erstbewertungen führte“, bestätigte das nordrhein-westfälische Innenministerium.
„Der Weg bis zu einer möglichen Anklage ist kompliziert“
Letztlich jedenfalls landet die Bewertung des Einzelfalles immer bei den örtlichen Staatsanwaltschaften. Etwa bei jemandem wie Georg Blank, dessen Behörde sich derzeit noch mit dem Verhalten der Mitarbeiter in der Spedition bei Aachen beschäftigt. „Der Weg bis zu einer möglichen Anklage ist noch kompliziert“, sagt der Staatsanwalt.
Kann die Sichtweise im Westen, dass es sich in der Ukraine um einen Angriffskrieg handelt, auch im deutschen Strafrecht gelten? Was genau soll mit dem „Z“, für das es noch keine allgemein verbindliche Lesart gibt, grundsätzlich und im konkreten Einzelfall denn ausgesagt werden? „Und ist der Buchstabe etwas, das noch in den Bereich der Meinungsfreiheit fällt, auch wenn es schwer erträglich ist - oder ist er unter gewissen Umständen bereits strafrechtlich relevant?“, skizziert Blank „eine weitere der vielen Fragestellungen, mit denen wir uns in diesem Zusammenhang jetzt erstmals auseinandersetzen müssen“: „Alle diese Gesichtspunkte werden wir zu berücksichtigen haben. Zu welchem Schluss wir kommen, kann ich heute noch nicht sagen.“