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Kommentar

„Big Bang“
Wie Putin und Xi an der Zerlegung des Westens arbeiten

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Lesezeit 3 Minuten
TOPSHOT - In this pool photograph distributed by the Russian state agency Sputnik, Russia's President Vladimir Putin and China's President Xi Jinping attend a concert marking the 75th anniversary of the establishment of diplomatic relations between Russia and China and opening of China-Russia Years of Culture at the National Centre for the Performing Arts in Beijing on May 16, 2024. (Photo by Alexander RYUMIN / POOL / AFP) / ** Editor's note : this image is distributed by Russian state owned agency Sputnik **

Auf diesem von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto sind der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der chinesische Präsident Xi Jinping anlässlich eines Konzerts während Putins China-Besuch in Peking zu sehen.

Xi wird Putins Krieg in der Ukraine nicht stoppen. Eher wird er einen eigenen anfangen, in Taiwan.

Dem brutalen Angreifer geht es gut, dem Opfer des Überfalls geht es immer schlechter: Das ist die verstörende Moral der jüngsten europäischen Geschichte.

Wolodymyr Selenskyi, Präsident der Ukraine, sagte dieser Tage alle Auslandsreisen ab. Er muss die Krise bei Charkiw managen, wo Millionen Zivilisten besorgt auf sich nähernde russische Panzer blicken. Kriegsherr Wladimir Putin indessen demonstriert lässig seine Macht. Erst sicherte er sich in Moskau weitere sechs Jahre im Amt, bis 2030. Dann baute er sein Kabinett um. Jetzt flog er, in Begleitung seines neuen Verteidigungsministers Andrej Beloussow, nach China.

Putin verfolgt in aller Ruhe seine Pläne, Punkt für Punkt. Wer diese Punkte verbindet, erschrickt. Die Berufung des gelernten Ökonomen Beloussow etwa zeigt: Es geht Putin nicht um das Geschehen an der Front in den kommenden Wochen, es geht ihm um Russlands Macht in den kommenden Jahren. Die gesamte russische Wirtschaft soll, so intelligent und so effektiv wie möglich, auf Kriegswirtschaft umgestellt werden.

China: Xi wird Krieg in Ukraine nicht stoppen

Dabei soll und wird China Putin behilflich sein. Zwar werden bislang keine kompletten chinesischen High-Tech-Waffen an Russland geliefert. Doch was hilft das, wenn Putin alle Komponenten – Werkzeugmaschinen, Triebwerke, mikroelektronische Bauteile – in China bestellen kann?

In Europa dachten viele anfangs, China werde Putins Krieg bremsen. Dieser Kinderglaube ist inzwischen widerlegt. Das jetzige Treffen der beiden Staatschefs ist das vierte seit Kriegsbeginn. Nie hat China den Angriff auf die Ukraine verurteilt. Jedes Mal wurde die weitere Vertiefung der Beziehungen betont. Und stets blieben die wortreichen Pekinger Bekenntnisse zum Weltfrieden bloßes Geschwurbel.

Xi wird den Krieg in der Ukraine nicht stoppen. Eher wird er einen eigenen anfangen, in Taiwan. In diesen Tagen flogen 45 chinesische Kampfflugzeuge gleichzeitig Scheinangriffe auf die Insel. Aufmerksam registrierten westliche Militärs und Geheimdienste eine Premiere: Auch russische Kriegsschiffe beteiligten sich an den Drohgebärden.

Xi und Putin sehen sich als Architekten einer neuen Welt, in der Amerika an den Rand gedrängt wird. Lästig sind aus ihrer Sicht zwei immer noch in der Landschaft stehende alte westliche Konstruktionen namens EU und Nato. Doch die Abrissbirnen beginnen schon zu schwingen.

Putin und Xi wollen „Big Bang“ in Europa

Nach einem Sieg des Isolationisten Donald Trump im November in den USA hätten Putin und Xi militärisch mehr Beinfreiheit denn je, in Asien und in Europa. Um die EU hat Xi sich jüngst höchstpersönlich gekümmert. Chinas „strategische Partnerschaft“ mit Ungarn dürfte dazu führen, dass der dortige Ministerpräsident Viktor Orban keinem Sanktionsbeschluss der EU mehr zustimmt - egal ob es um den aktuellen Krieg Russlands in der Ukraine geht oder um einen künftigen Krieg Chinas in Taiwan.

Die Zerlegung des Westens läuft. Putin und Xi arbeiten dabei Hand in Hand. In den USA nehmen russische Manipulateure derzeit erneut Einfluss auf die Wahl. In Europa könnte der abrisstechnische „Big Bang“ 2027 eintreten, mit einem Sieg der jahrelang von russischen Banken finanzierten französischen Rechtsextremisten um Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich.

So rückt nach und nach eine Vision tatsächlich näher, die Putins General Apti Alaudinow im russischen Staatsfernsehen ausbreitete. Zwar müsse man „bis 2029 hart arbeiten“. Ab 2030 aber, werde die Nato in ihrer bisherigen Form nicht mehr existieren. Die meisten Staaten, „die heute wie Köter hinter Amerika herlaufen“ würden spätestens dann „auf die Knie fallen und darum bitten, in unsere Koalition aufgenommen zu werden“.