Die Ukraine erhält wohl neue westliche Waffen. Russland reagiert mit Drohungen. In Deutschland wird Kritik am Kanzler laut.
„Sie ist dem Untergang geweiht“USA liefern wohl neue ATACMS-Raketen – Putins Krim-Brücke im Visier
Die Ukraine wird von den USA Raketensysteme des Typs ATACMS mit einer Reichweite von über 300 Kilometern erhalten, das berichtet der US-Sender „CNN“ nachdem der US-Kongress ein neues, milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine am Mittwoch gebilligt hat. „In Briefings an den Kongress in den letzten Wochen haben Regierungsbeamte angedeutet, dass die USA der Ukraine im Rahmen des neuen Hilfspakets wahrscheinlich zum ersten Mal ATACMS mit großer Reichweite schicken werden“, schreibt der CNN und beruft sich dabei auf mehrere mit dem Vorgang vertraute Quellen.
Der Gesetzestext für das neue US-Hilfspaket dringt ohnehin auf die Lieferung der weittragenden Raketensysteme vom Typ ATACMS. Bisher hat Washington lediglich ATACMS mit einer Reichweite von 165 Kilometern geliefert. Die Ukraine wünscht sich aber bereits lange Systeme mit einer Reichweite von 300 Kilometern.
ATACMS-Raketen mit großer Reichweite für die Ukraine
Am Montag hatten US-Präsident Joe Biden und der ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj miteinander telefoniert. Selenskyj sagte im Anschluss, es seien Details zur Lieferung neuer reichweitenstarker Raketen vom Typ ATACMS „finalisiert“ worden. Selenskyj machte noch keine Angaben dazu, welches Modell die USA liefern wollten. Laut „CNN“ soll es sich jedoch um die Ausführung mit großer Reichweite handeln.
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„In den nächsten Stunden“ werde man damit beginnen, Ausrüstung für die Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine zu schicken, sagte Biden am Mittwoch bei einer Rede im Weißen Haus.
Für die Ukraine würden sich damit militärisch neue Möglichkeiten ergeben. Auch ein Angriff auf die Krim-Brücke wäre mit den ATACMS-Raketen aus den USA denkbar. Das illegal von Russland nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 errichte Bauwerk hat eine große strategische Bedeutung, die Versorgung der russischen Invasionstruppen in der Ukraine läuft zu großen Teilen über die Kertsch-Brücke. Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin war der Brückenbau ein Prestigeprojekt, um die Eroberung der ukrainischen Halbinsel Krim zu zelebrieren.
Moskau reagiert mit Drohungen auf westliche Hilfspakete
Moskau hatte bereits am Dienstag mit eindeutigen Drohungen auf die neue Hilfslieferung aus den USA reagiert. „Wir werden die Intensität unserer Angriffe erhöhen“, erklärte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Russland habe „den Mythos der Überlegenheit westlicher Waffen“ ohnehin bereits „zerstreut“, behauptete Schoigu außerdem.
Am Mittwoch wurden die Drohungen schließlich konkreter. Russland werde die ukrainischen Streitkräfte weiter zurückdrängen und die von Moskau als „Pufferzone“ bezeichnete Zone ausweiten müssen, wenn Kiew ATACMS-Raketensysteme mit größerer Reichweite erhält, erklärte der Kreml am Mittwoch. Präsident Putin hatte bereits vor einigen Wochen damit gedroht, in der Ukraine eine „entmilitarisierte Zone“ schaffen zu wollen, die so groß sei, dass in Zukunft keine Angriffe mit Raketen und Drohnen aus russisches Territorium mehr möglich sein würden. Das würde die Eroberung weiterer ukrainischer Landesteile erforderlich machen.
Die jüngsten Äußerungen aus Moskau können daher als ein weiterer Indikator dafür gelten, dass die russische Armee in naher Zukunft eine neue Offensive in der Ukraine starten will. Es sei „bald“ mit einer Verstärkung von Drohnen- und Raketen-Angriffen zu rechnen, erklärten zuletzt auch die Analysten vom amerikanischen Institut für Kriegsstudien (ISW).
Russland will Angriffe „intensivieren“, bevor neue US-Waffen eintreffen
Die Analysten gehen davon, dass der Kreml die ukrainische Infrastruktur größtmöglichen Schaden zufügen will, bevor neue Hilfspakete aus dem Westen in der Ukraine eintreffen. Zuletzt war Putins Armee an der Front in der Ostukraine bereits vorgerückt, die Ukraine, die unter Munitionsmangel leidet, hatte zudem zunehmend Probleme, russische Luftangriffe abzuwehren.
Mit den neuen Lieferungen aus dem Westen dürfte Kiew sich erhoffen, die militärische Lage an der Front wieder verbessern zu können. Dabei können die ukrainischen Streitkräfte nicht nur auf neue US-Waffen hoffen, auch Großbritannien wird laut einem Bericht der Zeitung „The Telegraph“ erstmals laser-gelenkte Bomben des Typs „Paveway IV“ an die Ukraine liefern.
„Paveway“: Großbritannien liefert erstmals laser-gelenkte Bomben an die Ukraine
Die „Paveway“-Bomben gelten als sehr präzise Waffen und tragen einen rund 230 Kilogramm schweren hochexplosiven Sprengkopf, berichtete die ukrainische Zeitung „NV“ am Mittwoch. Das bisher größte britische Hilfspaket für die Ukraine soll auch weitere Raketen des Typs „Storm Shadow“ beinhalten, mit der den ukrainischen Streitkräften bereits einige empfindliche Schläge gegen russische Stellungen gelungen waren.
Die neuen westlichen Waffenlieferungen lassen in Deutschland, das bisher keine weitreichenden Waffen wie den Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefert, derweil die Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wieder aufflammen. Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte erneut die Lieferung der deutschen Marschflugkörper an die Ukraine. Kanzler Scholz erteilte der Forderung am Mittwoch prompt wieder eine Abfuhr.
Olaf Scholz bleibt bei seiner Entscheidung: Flammt die Taurus-Debatte wieder auf?
Bereits vor einigen Wochen hatte es erheblichen Streit in der Bundesregierung über eine mögliche Lieferung der Waffe gegeben. Russische Medien veröffentlichten schließlich den abgehörten Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Bundeswehr-Offizieren, die Möglichkeiten über einen Einsatz von Taurus in der Ukraine besprochen hatten. Auch ein Angriff auf die Krim-Brücke war dabei Thema.
In Kiew will man das Bauwerk unabhängig von einer deutschen Lieferung ins Visier nehmen – nun könnten dafür die neuen amerikanischen ATACMS-Raketen zum Einsatz kommen. Bereits Ende 2023 hatte der Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU mit der Zerstörung der Brücke in diesem Jahr gedroht. „Wir haben den Mythos der russischen Unbesiegbarkeit zerstört“, erklärte SBU-Chef Wasyl Maliuk in einer TV-Dokumentation. „Das Land ist eine Fälschung. Die Brücke ist dem Untergang geweiht“, fügt er an. „Es liegen viele Überraschungen vor uns – nicht nur die Krimbrücke.“