Die Union drängt auf die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine. Im Kampf mit Russland braucht das Land vor allem auch eine besser Flugabwehr.
Krieg mit RusslandWas braucht die Ukraine für die nächste Offensive im Frühjahr?
„Bisher haben wir der Ukraine Waffen geliefert, um zu überleben. Jetzt ist es an der Zeit, der Ukraine Waffen zu geben, um zu gewinnen.“ Diese entschiedene Forderung des früheren Nato-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen ist ein harter Kontrast zur hitzigen Debatte, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung stellen soll. Dabei ist längst klar, dass die ukrainischen Streitkräfte neben Taurus noch weitaus mehr westliche Waffen benötigen werden.
Diskussionen um eine Beschränkung der Reichweite von Waffen kann Rasmussen nicht nachvollziehen. „Wir wollen einen ukrainischen Sieg und sollten alles dafür tun, damit die Ukraine dieses Ziel erreichen kann“, sagt er bei einer Diskussion des Atlantic Council. Letztendlich gehe es darum, alle russischen Truppen vom ukrainischen Boden zu vertreiben. „Deshalb müssen wir den großen Hammer schwingen, um diesen Konflikt schnell zu beenden.“ Er spricht sich dafür aus, alle selbst auferlegten Beschränkungen für Waffenlieferungen aufzuheben.
CDU-Chef Friedrich Mezr: „Der Ukraine weiter auch aus der Luft heraus helfen“
Die Unionsfraktion drängte am Freitag auf eine schnelle Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. „Diese Marschflugkörper sollten geliefert werden, so wie Frankreich und Großbritannien ja auch Marschflugkörper bereits liefern, um der Ukraine weiter auch aus der Luft heraus zu helfen“, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz am Rande der Fraktionsklausur im Sauerland. Gastredner und Militärexperte Carlo Masala rief zu mehr Weitblick auf: „Der zentrale Punkt ist weiterhin: Was ist das politische Ziel und was sind wir dafür bereit zu geben?“
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Noch ist offen, wie weit die Ukraine bei ihrer derzeitigen Gegenoffensive vorstoßen kann. Derzeit stecken die Truppen zwischen den russischen Verteidigungslinien und müssen sich gegen Gegenangriffe von allen Seiten wehren. Spätestens im Herbst wird die Ukraine in die Verteidigung übergehen müssen und kann erst im Frühjahr eine erneute Offensive beginnen.
Kampf auf Distanz: Ukraine benötigt stärkere Luftverteidigung
„Der Westen muss jetzt schon darüber nachdenken, wie er die Ukraine für die nächste Frühjahrsoffensive aufstellt“, stellt Militärstratege Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer klar. Wichtig seien vor allem Flugabwehrsysteme, sagte er dem RND, um die kritische Infrastruktur zu schützen und den Einsatz der zugesagten F-16 Kampfjets zu ermöglichen. Weitere Luftverteidigungswaffen wie Patriots, Nasams und Iris-T könnten einen Schutzschirm aufspannen, unter dem die F-16 aus sicherer Entfernung Raketen auf russische Stellungen im Osten abfeuern kann.
Roderich Kiesewetter (CDU), Oberst a.D. und Sprecher für Krisenprävention der Unionsfraktion, ruft die Bundesregierung auf, keine weitere Zeit verstreichen zu lassen. „Wir müssen jetzt konkrete Vorbereitungen treffen, um die Ukraine für die nächste Offensive im Frühjahr mit Waffen auszurüsten“, fordert er im Gespräch mit dem RND. „Großbritannien und die USA denken bereits darüber nach, Deutschland hinkt wieder hinterher.“ Er verweist darauf, dass Nachbarländer wie Polen bereits große Mengen bei der Rüstungsindustrie bestellt hätten, Deutschland dagegen nur wenig.
Tatsächlich sind die Auftragsbücher der Rüstungsbranche gut gefüllt. Rheinmetall verkündete jüngst, man habe so ein großes Auftragsvolumen wie noch nie. „Die Regierungen haben angesichts der veränderten Sicherheitslage weitreichende Entscheidungen für militärische Beschaffungen getroffen“, so Rheinmetall-Chef Armin Papperger.
Rüstungschefin: „Bestelleingang bei der deutschen Industrie aus dem Sondervermögen verschwindend gering“
Während das Ausland schon vor Monaten ihre Bestellungen aufgegeben haben, sind die Aufträge aus Deutschland rar. Dabei hatte die Bundesregierung mit dem Sondervermögen zur Modernisierung der Bundeswehr extra zusätzliches Geld bereitgestellt. „Bis heute ist der Bestelleingang bei der deutschen Industrie aus dem Sondervermögen verschwindend gering“, sagte die Chefin des Rüstungskonzerns Renk, Susanne Wiegand, der „Augsburger Allgemeinen“. Wiegand ist zugleich Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und sagt: „Irgendwann frage ich mich schon: Deutschland, was muss eigentlich noch passieren?“
Erst am Donnerstag hatten die EU-Außenminister bei einem informellen Treffen im spanischen Toledo über die weitere Unterstützung der Ukraine gesprochen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte vorgeschlagen, längerfristige Zusagen zu machen und mit EU-Geld auch die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen zu unterstützen. So will er von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro mobilisieren.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich aufgeschlossen für neue Absprachen. „Es ist unsere Verantwortung, immer wieder zu reflektieren, wie wir unsere Unterstützung für die Ukraine noch effizienter, noch besser abgestimmt koordinieren können“, sagte sie. Zu den hohen Kosten für die Unterstützung erklärte die Grünen-Politikerin: „Wir müssen uns jeden Tag immer wieder in Erinnerung rufen: Wir investieren hier in den Frieden Europas.“
CDU-Politiker Kiesewetter spricht sich nun für pragmatische Lösungen aus, um die Ukraine für die Offensive im Frühjahr zu unterstützen. Die Ukraine benötige den Leopard 2 in einem halben Jahr in größerer Stückzahl sowie Ersatzteile und Reparaturmöglichkeiten, sagt er und schlägt vor: „Das Kanzleramt könnte der Regierung in Kiew zum Beispiel die Finanzierung von 300 Leopard 2 zusagen und die Ukraine zahlt später in Form von Rohstoffen oder Energie zurück.“
Neben dem Leopard 2 müsse Deutschland auch die seit langem versprochenen Leopard-1-Panzer so schnell wie möglich liefern. Von den vor Monaten zugesagten 100 Leopard-1-Panzern sind bisher erst zehn an die Ukraine übergeben worden. (RND)