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„Hört auf zu existieren“Moskau bedroht nächstes Land, setzt auf Trump – und lobt die AfD

Lesezeit 4 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin (l.) im Gespräch mit seinem engen Vertrauten und ehemaligen Chef des russischen Sicherheitsrates Nikolai Patruschew. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin (l.) im Gespräch mit seinem engen Vertrauten und ehemaligen Chef des russischen Sicherheitsrates Nikolai Patruschew. (Archivbild)

Nicht nur die Ukraine könne noch 2025 aufhören zu existieren, heißt es aus Moskau. Auch zum deutschen Wahlkampf äußert sich der Kreml.

Einer der engsten Vertrauten und langjährigsten Wegbegleiter von Kremlchef Wladimir Putin hat offen über ein mögliches Ende der Ukraine und der Republik Moldau als eigenständige Staaten gesprochen. Beide Länder seien durch ihre antirussische Politik in die Krise geraten, sagte Nikolai Patruschew, früherer Sekretär des russischen Sicherheitsrates, im Interview der Moskauer Zeitung „Komsomolskaja Prawda“.

Es sei „nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine in diesem Jahr aufhört zu existieren“, erklärte Patruschew und drohte schließlich auch in Richtung Moldau und Baltikum. Bei der Republik Moldau sei es wahrscheinlich, „dass sie zu einem anderen Staat kommt oder überhaupt aufhört zu existieren“, führte aus. Die „Diskriminierung der russischen Bevölkerung“ in den baltischen Staaten und in Moldau müsse „gestoppt“ werden, forderte der Putin-Vertraute.

Putin-Vertrauter argumentiert wie Moskau einst vor Angriff auf Ukraine

Der angeblich notwendige Schutz der russischsprachigen Bevölkerung diente Moskau auch für den Krieg gegen die Ukraine als Vorwand, zusätzlich erhob Moskau stets den haltlosen Vorwurf, in Kiew sei ein „Nazi-Regime“ an der Macht.

Der 73-jährige Patruschew ist ein enger Weggefährte Putins und ein Verfechter der Großmachtansprüche Russlands, auch wenn er seit 2024 im Kreml nur noch für Schifffahrtspolitik zuständig ist. Zuletzt hatte Patruschew im November mit Andeutungen über den Wahlsieg von Donald Trump und daraus folgende „Verpflichtungen gegenüber bestimmten Kräften“ des designierten Präsidenten in den USA für Aufsehen gesorgt.

Moskau bleibt bei Maximalforderungen – auch bei Trump

Auch in seinem aktuellen Gespräch mit der „Komsomolskaja Prawda“ kam Patruschew auf Trump und mögliche Verhandlungen zwischen Moskau und Washington zu sprechen – und machte klar, dass der Kreml nicht vorhat, von seinen Maximalforderungen abzurücken.

Putin habe die russischen Bedingungen bereits mehrmals genannt, erklärte Patruschew. „Die russische Linie gegenüber der Ukraine bleibt unverändert“, erklärte er. Die „Neonazi-Ideologie“ in Kiew sei verantwortlich für die Zerstörung der Ukraine, bediente Patruschew erneut die übliche Moskauer Propaganda.

Hoffnung im Kreml: „Ukraine wird nicht zu Trumps Prioritäten gehören“

Die Welt müsse den „Beitritt“ der besetzten Regionen in der Ukraine und der Halbinsel Krim zur Russischen Föderation „anerkennen“, forderte der Putin-Vertraute, der offenbar auch davon ausgeht, dass Moskau seine Forderungen durchsetzen können wird. „Die Ukraine wird nicht zu Trumps Prioritäten gehören, er macht sich mehr Sorgen um China“, erklärte Patruschew.

Die Äußerungen von Patruschew passen ins Bild und unterstreichen Moskaus Absicht, die Ukraine gänzlich zu vernichten und die Europäische Union zu schwächen. Nahezu zeitgleich zu Patruschew sprach Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz von „dem Land, das derzeit Ukraine genannt wird“ und versuchte so auch sprachlich die Existenz einer eigenständigen ukrainischen Identität in Zweifel zu ziehen. Kremlchef Putin hatte bereits 2021 in einem Essay die Falschbehauptung verbreitet, dass Ukrainer, Belarussen und Russen alle zur gleichen „russischen Nation“ gehören würden.

Analysten: Russland leugnet weiterhin Existenz ukrainischer Identität

Patruschew und Lawrow knüpfen daran nun an. „Russische Beamte leugnen weiterhin die Existenz einer ukrainischen Identität und eines von Russland unabhängigen Staates als Teil der anhaltenden russischen Bemühungen, die Zerstörung des ukrainischen Staates zu rechtfertigen“, fassten die Analysten des US-Instituts für Kriegsstudien die jüngsten Äußerungen aus Moskau in ihrem aktuellen Lagebericht zusammen.

Wladimir Putin zusammen mit Donald Trump im Jahr 2017 in Hamburg.

Wladimir Putin zusammen mit Donald Trump im Jahr 2017 in Hamburg.

Mit Blick auf Trumps Friedensbemühungen machte Patruschew Moskaus Kurs ebenfalls deutlich: „Ich gehe davon aus, dass Gespräche über die Ukraine zwischen Russland und den USA geführt werden sollten, ohne die Teilnahme weiterer westlicher Länder.“ Mit der Europäischen Union in Brüssel oder mit London gebe es nichts zu bereden.

Moskau setzt auf Russland nahe Populisten in Europa

Deutschland erwähnte Putins enger Weggefährte in dem Gespräch nicht, der zudem versuchte, die EU als instabil darzustellen. Die „EU-Führung“ habe längst nicht mehr das Recht, im Namen vieler ihrer Mitglieder zu sprechen, behauptete Patruschew und benannte etwa Ungarn, die Slowakei, Österreich und Rumänien als Staaten, „die eine ausgewogene Position in Richtung Russland einnehmen“ und an „Stabilität interessiert“ seien. In diesen Ländern sind rechtspopulistische und Russland freundlich gesonnene Parteien an der Macht.

Das wünscht man sich in Moskau offenbar auch für Deutschland. So lobte Lawrow am Dienstag explizit die AfD und das BSW. Bei den beiden Parteien gebe es „viel Vernünftiges“, befand Moskaus Chefdiplomat. Beide würden sich für nationale deutsche Interessen einsetzen, hieß es von Lawrow weiter über die Moskau am meisten zugeneigten Parteien in Deutschland.

„Moskau will Scholz mit Leuten ersetzen, die sich kontrollieren lassen“

„Wenn er sagt, beide Parteien würden deutsche Interessen vertreten, dann meint er wohl die Interessen Russlands“, kommentierte Irene Mihalic, Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen im Bundestag, die Worte aus Moskau.

Dass der Kreml entweder AfD oder BSW gerne in Berlin an der Macht sehen würde, gilt auch bei Experten als offenkundig. „Moskau will Scholz mit Leuten ersetzen, die sich kontrollieren lassen“, warnte der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bereits nach der Europawahl. (mit dpa)