Dass Russland die Nato angreifen wolle, sei „Unsinn“, sagt Wladimir Putin – und droht im gleichen Atemzug Finnland mit „Problemen“.
„Jetzt wird es Probleme geben“Putin verlegt Truppen an Grenze: „Direkte Drohung“ gegen Finnland
Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine stärkere Militärpräsenz im russisch-finnischen Grenzgebiet angekündigt und diesen Schritt mit dem Nato-Beitritt Finnlands begründet. Moskau werde im Nordwesten des Landes den „Militärdistrikt Leningrad“ einrichten und dorthin eine „gewisse Anzahl an Einheiten“ verlegen, sagte Putin in einem am Sonntag im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview. Dem Westen warf Putin vor, das zuvor bündnisneutrale Finnland in die Nato „hineingezogen“ zu haben.
Wladimir Putin über Finnland: „Jetzt wird es Probleme geben“
Finnland war dem Militärbündnis im April 2023 beigetreten, nachdem es den Beitritt infolge der im Februar 2022 begonnen russischen Invasion in der Ukraine beantragt hatte. Putin sagte nun, Finnland und Russland hätten zuvor „keine Streitigkeiten“ gehabt, sämtliche Gebietsfragen seien „seit Langem geklärt“. Es habe in der Vergangenheit „keine Probleme“ mit dem Nachbarland gegeben, „aber jetzt wird es welche geben“, kündigte Putin an.
Finnland und Russland teilen eine 1340 Kilometer lange Landgrenze. Die Beziehungen zwischen beiden Staaten sind sehr angespannt. Am vergangenen Donnerstag hatte Finnland die erneute Schließung sämtlicher Grenzübergänge zu Russland angekündigt. Helsinki wirft Moskau vor, Migranten absichtlich zu seinem westlichen Nachbarn weiterreisen zu lassen, um diesen zu destabilisieren, was Russland bestreitet.
Wladimir Putin poltert gegen Joe Biden: „Völliger Blödsinn“
Befürchtungen des Westens vor einem möglichen Angriff Russlands auf einen Mitgliedsstaat der Nato bezeichnete Putin unterdessen als „völligen Blödsinn“. US-Präsident Joe Biden benutze solche Warnungen, um von Fehlern in seiner Russland-Politik abzulenken, sagte Putin dem russischen Staatsfernsehen zu der Frage, ob Russland ein Nato-Land überfallen werde.
Biden selbst verstehe, dass „Russland keine Gründe, kein Interesse – weder geopolitisch noch wirtschaftlich noch militärisch – hat, mit Staaten der Nato zu kämpfen“, sagte Putin. „Wir haben keine territorialen Ansprüche aneinander, keinen Wunsch, unsere Beziehungen mit ihnen zu verderben“, sagte Putin mit Blick auf die Nato-Staaten.
Angriff auf die Ukraine: Putins Versicherungen sind wenig wert
Derartige Versicherungen hatte es von Putin und dem Kreml allerdings auch noch kurz vor dem Angriff auf die Ukraine gegeben. Kurz darauf entsandte der Kremlchef schließlich seine Truppen in das Nachbarland. „Putin bestätigt die Analyse einer russischen Bedrohung für europäische Staaten, indem er sie als völligen Unsinn abtut“, schrieb der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger deshalb am Sonntag im Kurznachrichtendienst X zu Putins neuerlichen Äußerungen.
Zuletzt hatte Putin zudem drohende Worte gegenüber Lettland gefunden und den Umgang mit dem russischsprachigen Anteil der lettischen Bevölkerung kritisiert. Die angebliche Unterdrückung von Russischsprachigen diente dem Kreml als einer der Vorwände, die Ukraine zu überfallen.
„Anbetracht seiner bisherigen Aussagen, kann man dieses Interview als direkte Drohung Putins gegen Finnland lesen“, befand nun auch der Historiker und Osteuropa-Experte Matthäus Wehowski. „2008 hat er erklärt, dass es keine territorialen Konflikte mit der Ukraine um die Krim geben würde“, fügte Wehowski an. Der ehemalige Berater des Kremlchefs, Andrei Illarionow, hatte kürzlich erklärt, Putin habe den Angriff auf die Ukraine bereits seit 2003 zu planen begonnen.
„Man kann dieses Interview als direkte Drohung gegen Finnland lesen“
Putin, der seit fast zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hatte immer wieder vor einer Ausdehnung der Nato nach Osten bis an Grenzen Russlands gewarnt. Mit seinem Überfall auf die Ukraine will er auch einen Nato-Beitritt des Nachbarlandes verhindern, zudem ist in Moskau stets von einer „Entnazifizierung“ der Ukraine die Rede. Zuletzt hatte Putin erneut betont, dass es erst Frieden geben werde, wenn Russland seine Ziele erreicht habe.
Dagegen warnen die Ukraine und westliche Staaten davor, dass Putin im Fall eines Sieges als Nächstes die Nato-Mitglieder im Baltikum und andere Länder des Militärbündnisses angreifen werde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen, Kiew dabei militärisch so stark zu unterstützen, dass Russland in dem Krieg eine strategische Niederlage erleide und nie wieder ein Land überfallen könne. (mit dpa)