Soll die Ukraine Taurus-Marschflugkörper bekommen? Der Bundestag hat debattiert. Ein Vergleich führte dabei zu Wirbel.
„Arrogant“ und „ekelhaft“SPD-Politiker für Vergleich bei Taurus-Debatte in der Kritik
Die Union hat im Bundestag die Forderung nach einer Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine erneuert. „Das notwendige Ziel, die territoriale Integrität wiederherzustellen, erreicht die Ukraine nur, wenn sie den Stellungskrieg mit unterschiedlichsten Waffensystemen aufbrechen kann und die russischen Truppen zum Rückzug zwingt“, sagte Florian Hahn (CSU), der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, die einen entsprechenden Antrag vorlegte.
Hahn kritisierte, trotzdem verweigere die Bundesregierung - speziell das Kanzleramt - der Ukraine die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern seit mehr als sechs Monaten, während Partnernationen wie Frankreich, Großbritannien und die USA ähnliche Systeme bereits geliefert hätten. Er sagte: „Und der Bundeskanzler, er zaudert und zögert wie schon so oft in der Vergangenheit.“
SPD-Außenpolitiker Michael Roth weist Kritik an Bundesregierung zurück
Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth wies Kritik an der Bundesregierung zurück. In der umstrittenen Frage der Taurus-Lieferung gebe es unterschiedliche Ansichten in mehreren Parteien, sagte Roth, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses ist. Die stockende Entwicklung in der Ukraine stimme sorgenvoll, aber Müdigkeit stelle er „eher auf den bequemen Sofas in manchen europäischen Hauptstädten fest“. In der Ukraine „sehe ich sie aber nicht“, sagte Roth.
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Roth mahnte, verstärkte Waffenlieferungen könnte nicht Deutschland allein leisten. „Ich bin von der EU enttäuscht. Was ist nicht alles von einer europäischen Allianz der Leopard-Panzer gesprochen worden. Was ist nicht darüber gesprochen worden, dass bis März die Ukraine eine Million Schuss Munition erhält. Von diesen Versprechungen ist nicht mehr viel übrig geblieben“, sagte Roth. Die Bundesregierung habe vielleicht noch nicht alles versprochen, aber sie habe alles gehalten. Roth: „Wir sind ein verlässlicher Partner an der Seite der Ukraine und wir werden es auch bleiben.“
Taurus-Debatte: Vergleich mit quengelndem Kind sorgt für Irritationen und Kritik
Für Irritationen sorgte unterdessen die Wortmeldung des SPD-Politikers Jörg Nürnberger. „Stellen Sie sich bitte vor, wir befinden uns gerade auf einem Kinderspielplatz“, begann Nürnberger seine Rede. „Wie so oft, gibt es dieses eine Kind, das nie wirklich zufrieden ist. Egal, wie viel Spielzeug es besitzt, es strebt immer nach mehr und ist eifersüchtig, wenn es seinen Willen nicht durchsetzen kann und nicht bekommt, was es gerne noch extra dazu haben möchte“, führte der SPD-Politiker aus.
Im Plenarsaal kam es dabei zu Gemurmel und einer Unterbrechung. Dann fügte Nürnberger an: „Die fortdauernden Forderungen der CDU/CSU nach Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern erinnern mich an das beschriebene Verhalten eines trotzigen Kindes.“ Die Union fordere seit Monaten immer nur „mehr, mehr, mehr“, erklärte Nürnberger und behauptete, es werde das Bild einer „Wunderwaffe, die allein den Krieg entscheiden kann“ geschaffen, das jedoch sei „falsch“.
„Ich möchte allen Rednerinnen und Rednern danken – bis auf den letzten Redner der SPD“
Widerspruch gab es dafür von Roderich Kiesewetter. „Ich möchte allen Rednerinnen und Rednern danken – bis auf den letzten Redner der SPD“, sagte der CDU-Politiker. „Es geht hier nicht um ein einzelnes Waffensystem“, führte er aus, „sondern um ein übergeordnetes Ziel“.
Die Frage sei, ob man ein Europa wolle, das die „Stärke des Rechts“ verteidigt oder man will, „dass die Ukraine zerfällt“, erklärte er. Die russischen Versorgungslinien auf der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim müssten „zerstört“ werden, so Kiesewetter. Eines der Mittel dazu sei die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper.
SPD-Politiker Nürnberger nach Taurus-Debatte in der Kritik: „bemerkenswerte Arroganz“
Scharfe Kritik gab es für die Worte Nürnbergers unterdessen auch in den sozialen Netzwerken. Viele ukrainische Nutzer reagierten empört auf die Worte des SPD-Politikers. „Bemerkenswerte Arroganz“ treffe auf „erstaunliche Ignoranz“, kommentierte der Politikwissenschaftler Benjamin Tallis Nürnbergers Vergleich mit einem quengelnden Kind im sozialen Netzwerk X (Twitter).
Noch deutlicher wurde ebenfalls bei X der Osteuropa-Experte Sergej Sumlenny. Es sei „ekelhaft“, dass ein „Politiker einer Partei, die dafür berüchtigt ist, jahrzehntelang Putins Spielzeug gewesen zu sein, es wagt, die Ukraine zu kritisieren“, schrieb der gebürtige Russe und ehemalige Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew. (mit dpa)