Untersuchungsausschuss FlutSachverständiger in der Kritik
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Düsseldorf – Im Untersuchungsausschuss des Landtags zu Aufarbeitung der Hochwasser-Katastrophe im Juli bahnt sich ein neuer Streit zwischen Regierung und Opposition an. Es geht um einen Gutachter, den die SPD für Befangen hält. Wurde ein Sachverständiger gezielt ausgewählt, um die Wasserverbände in einem besseren Licht dastehen zu lassen?
Bei der Juli-Flut waren in NRW 49 Menschen ums Leben gekommen, Experten schätzen den Gesamtschaden auf 13 Milliarden Euro. Bei der Aufarbeitung der Tragödie waren auch die Wasserverbände ins Visier gerückt. So war zum Beispiel der Wupperverband in die Kritik geraten, weil die Wuppertalsperre nicht mehr genug Kapazität hatte, um den Starkregen aufnehmen zu können. So entstand eine Flutwelle, die bei den Wupperanliegern verheerende Schäden verursachte. Auch bei anderen Talsperren in NRW soll ein missglücktes Wassermanagement für die Überflutungen mitverantwortlich sein.
Notwendige Neuträlität angezweifelt
Bei dem umstrittenen Gutachter handelt es sich um den Hochschullehrer Robert Jüpner von der TU Kaiserslautern. Der Professor ist Partner eines Projekts der Bundesregierung zum Hochwasserschutz, bei dem auch Wasserverbände aus NRW, so zum Beispiel der Aggerverband, der Emschergenossenschaft/Lippeverband und der Erftverband beteiligt sind.
„Mir ist unklar, wie ein Sachverständiger die notwendige Neutralität aufbringt, wenn er morgens mit den Wasserverbänden als Projektpartner zusammensitzt und die Verteilung von Geldern erörtert - und dann nachmittags im Auftrag des Landtages ein Gutachten erstellt, in welchem er möglicherweise Fehler seiner Projektpartner öffentlich aufdeckt“, sagte Stefan Kämmerling, Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Weitere „Bauchschmerzen“ würde ihm die Tatsache bereiten, dass der Gutachter vertrauliche Unterlagen vom Landtag und dem Bundesprojekt mit den Wasserverbänden erhalte. „Das legt einen Gewissenskonflikt nahe“, sagte Kämmerling. Der Auftrag des Untersuchungsausschusses sei die Kontrolle der NRW-Landesregierung.
Konflikte werden heftiger
Bei der Aufarbeitung der Flut-Katastrophe im Untersuchungsausschuss werden die Konflikte immer heftiger. Regierung und Opposition werfen sich wechselseitig vor, die Tragödie für parteipolitischen Zwecke nutzen zu wollen.
Die letzte Sitzung dauerte 14 Stunden und endete kurz vor Mitternacht. Bei der Opposition heißt es, CDU und FDP hätte die Mammutsitzung durchgepeitscht, um den politischen Gegner zu zermürben. Die Anhörung des früheren NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) sei absichtlich für die späten Abendstunden terminiert worden, damit diese möglichst wenig mediale Beachtung finden sollte.
Der Vorsitzende des U-Ausschusses, Ralf Witzel, weist die Vorwürfe gegen den Gutachter zurück. Jüpner sei ein ausgewiesener Experte für Hochwasser und daher beispielsweise bereits beim Oder-Hochwasser tätig gewesen, sagte der Liberale unserer Zeitung. „Erfahrene Juristen der Landtagsverwaltung haben die von einzelnen Abgeordneten behauptete Problematik einer möglichen Befangenheit gründlich geprüft und als nicht gegeben verworfen“, sagte Witzel.
Auch der Professor selbst hält seine Verpflichtung zum Sachverständigen für unproblematisch. Er sei in seinem Forschungsgebiet seit vielen Jahren tätig und habe nach großen Hochwasserereignissen viele wissenschaftliche Projekte bearbeitet. „Die Zusammenarbeit mit wichtigen Praxispartnern der Wasserwirtschaft im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsvorhabens ist aus meiner Sicht gelebte Praxis“, sagte Jüpner auf Anfrage.
Der Untersuchungsausschuss hat nicht viel Zeit, um Ergebnisse vorzulegen. Seine Tätigkeit endet mit Ablauf der Legislaturperiode bei den Landtagswahlen im Mai 2022.