ZDF-TalkshowThemenchaos: Lanz und Wagenknecht liefern sich Schlagabtausch

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Markus Lanz und Sahra Wagenknecht.

Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz.

Wofür steht das Bündnis? Das diskutierten Lanz und die BSW-Namensgeberin zu zweit aus. Den anderen Gästen blieb über weite Strecken nur die Rolle der Zuhörer.

Es ist Fußball-Europameisterschaft. Naheliegend, dass Moderator Markus Lanz seine Talkrunde am Donnerstagabend mit dem Thema Fußball eröffnete, gerichtet an Gast Nummer eins, Sahra Wagenknecht, Co-Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): „Ich muss Frau Wagenknecht gleich zu Beginn eine Frage stellen, die ich Ihnen noch nie gestellt habe: Deutschland im Fußballfieber“, begann er, „Um Gottes willen“, entgegnete Wagenknecht. „Fiebern sie so richtig mit?“, fragte er schließlich, Wagenknecht sagte, sie schaue die Spiele und kenne auch die Namen einiger Spieler – eine tiefergehende Kenntnis habe sie aber nicht.

Ein zentrales Thema der Talkrunde, vorgegeben von Markus Lanz, vermisste man zu Beginn der Sendung. Dementsprechend gemischt waren die Themenanrisse des Abends. Über die Umwege Fußballeuphorie und Corona-Aufarbeitung gelangte Lanz schließlich zu der Frage, wer für das BSW als Mitglied infrage komme. Könne jemand, der etwa für Migration sei, „ins BSW rein oder nicht“? Wagenknecht beantwortete die Frage nicht, mehrfaches Nachhaken von Lanz lief ins Leere. Das selbe Schicksal ereilte ihn mit seiner anschließenden Frage danach, wie es das BSW denn nun mit der AfD halte, ob man eine Zusammenarbeit anstrebe oder nicht.

Mit Lanze statt Florett gegen Sahra Wagenknecht

Wenn ihm ein Gast nicht zusagt, wird Lanz schnell emotional. Offenkundig wurde dies, als er Wagenknecht zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine befragte. Mit Lanze statt Florett gegen Wagenknecht. Lanz nahm sie in die Mangel für ihren Appell zu Friedensverhandlungen mit Putin, sie schaffte es dennoch ihre Putin-nahen Meinungen kund zu tun. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine plädierte Sahra Wagenknecht etwa dafür, wieder mehr auf russisches Gas zu setzen.

Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der Hauptstadtredaktion des RND und Gast Nummer zwei, konfrontierte Wagenknecht schließlich damit, dass sich im Wahlprogramm des BSW keine Kritik an Russland befinde. „Selbstverständlich, da steht, dass wir alle völkerrechtswidrigen Kriege ablehnen“, entgegnete Wagenknecht. Dunz ergänzte, dass dies aber nicht im Wahlprogramm stehe.

Wagenknecht sagte schließlich: „Wir müssen den Krieg dadurch beenden, dass wir Länder wie China oder Brasilien unterstützen. Wir sollten jetzt versuchen, einen Waffenstillstand an der bestehenden Frontlinie zu erreichen und dann Friedensgespräche zu beginnen.“ Ungläubiges Kopfschütteln von Dunz.

Wagenknecht kann Dunz nicht überzeugen – Kollmorgen mit Moment der Ruhe

Kristina Dunz kritisierte: „So wie Sie es sagen, Frau Wagenknecht, bedeutet das für mich: Die Ukraine wird untergehen. Sie ist angegriffen worden, ihr Land wurde weggenommen, Kinder verschleppt, Frauen vergewaltigt, Männer erschossen, Millionen Flüchtlinge, davon eine Million bei uns. Und die (Ukraine) sollen jetzt mal bereit sein, mit Herrn Putin zu verhandeln?“

Sahra Wagenknecht entgegnete: „Was ist Ihre Lösung? Wie soll der Krieg beendet werden?“ Dunz antwortete: „Herr Putin muss da raus! Der muss sich zurückziehen! Der hat dieses Land überfallen!“

Der Soziologe Raj Kollmorgen, Dritter in der Gästerunde, versuchte wiederum, in Ruhe zu vermitteln und zu erklären, etwa die Nähe vieler Ostdeutscher zu Russland – eine Folge des Eingebundenseins der DDR in den Ostblock mit der Sowjetunion an der Spitze. Es sind für die Zuschauerinnen und Zuschauer wohltuende Momente des Innehaltens. Selbst Lanz hört hier in Ruhe zu.

Wagenknecht mit größtem Redeanteil – Andere Gäste kommen zu kurz

Die Einspielmusik zu Beginn der Sendung – „Nur ein Wort“ der Band Wir sind Helden – gab vortrefflich wieder, wie es dem letzten Gast der Runde, dem Politologen Jacob Ross, an diesem Abend ergangen ist. Ross musste – abgesehen von der Vorstellungsrunde – fast eine Stunde warten, ehe er die aufgewühlte Situation in Frankreich drei Tage vor den dortigen Parlamentswahlen analysieren durfte. In rund acht Minuten.

Das Fazit dieses über weite Strecken emotionalen Abends: Lanz hätte im Grunde Wagenknecht alleine einladen sollen. Da hätte man als Zuschauer Freude oder wahlweise auch Ärger über den tribunalartigen Wortwechsel zwischen Moderator und der BSW-Co-Vorsitzenden empfinden können.

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