Bundeskanzler Olaf Scholz findet deutliche Worte für das BSW und die AfD. Die Grünen sprechen derweil von „Missachtung“ des Parlaments.
Kanzler-Schelte und neue Vorwürfe„Feige“, „faul“ und „Russia Today“ – Wagenknecht sorgt erneut für Empörung
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Boykott der Bundestags-Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die meisten AfD-Abgeordneten scharf kritisiert. „Das war falsch, das war feige und dieses Hauses unwürdig“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in seiner Regierungserklärung im Parlament.
Alle Parlamentarier des BSW und die der AfD bis auf vier Abgeordnete waren der Rede vor zwei Wochen ferngeblieben. „Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören“, lautete die Begründung der AfD-Fraktionsspitze. Das BSW warf Selenskyj vor, zu einer hochgefährlichen Eskalationsspirale beizutragen.
Schelte von Bundeskanzler Olaf Scholz für Wagenknecht und AfD
Scholz wies im Bundestag auch die von Putin gestellten Bedingungen für einen Waffenstillstand zurück, zu denen der Verzicht der Ukraine auf die Halbinsel Krim und auf weite Teile der Ostukraine zählt. „Wer glaubt, dass (…) die Ukraine das überleben würde und dass daraus ein dauerhafter Frieden in Europa wird, der muss schon sehr viel Russia Today schauen“, sagte er. „Putin setzt weiter voll auf Krieg und Aufrüstung. Darüber darf niemand hinwegsehen.“
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Wahlkampf Scholz verunglimpft Merz als „Fritze“ – Es mangelt ihm an Respekt
- Lauterbach, Mützenich Kölner SPD benennt Kandidaten für den Bundestag – Premiere für Schauspielerin
- Kanzler erklärt „peinlichen“ Vorfall Scholz stellt Esken im Bundestag bloß und bezeichnet Merz als „Fritze“
- Bundestagswahlen Scholz und Merz duellieren sich zweimal im TV
- Vertrauensfrage Es gibt eine echte Alternative in Deutschland
- Abrechnung im Bundestag Wie Scholz das Vertrauen verliert und sich als Sieger erklärt
- Kanzler nutzt Rede für Wahlkampf Bundestag entzieht Olaf Scholz das Vertrauen – Weg für Neuwahlen frei
Parteigründerin Sahra Wagenknecht zog unterdessen am Mittwoch neuen Ärger der politischen Konkurrenz auf sich. In einer rund zweiminütigen Rede attackierte die BSW-Vorsitzende sowohl die Bundesregierung als auch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) mit scharfen Worten und sprach von „nützlichen Idioten der Waffenindustrie“. Erneut forderte Wagenknecht einen Waffenstillstand in der Ukraine.
Sahra Wagenknecht: „Warum unterstützen Sie nicht China?“
„Warum unterstützen Sie nicht China und Brasilien, die genau das fordern?“, fragte Wagenknecht schließlich und attackierte Selenskyj erneut dafür, dass er einen russischen Truppenabzug zur Verhandlungsbedingung gemacht habe. China gehört zu den wenigen internationalen Unterstützern von Kremlchef Wladimir Putin.
Darauf, dass Putins „Friedensplan“ einer Kapitulation der Ukraine gleichkäme, wie Kanzler Scholz zuvor erklärt hatte, ging Wagenknecht erneut nicht ein. Sie warnte stattdessen vor einem Europa „in Schutt und Asche“, ehe sie ihre Redezeit überschritt und von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) abgewürgt wurde.
BSW-Gruppe sorgt für Empörung: „Missachtung des Parlaments“
Nach Wagenknechts Kurzauftritt wurde schließlich erneut scharfe Kritik an der BSW-Chefin laut, da die Mitglieder der Partei nach dem Auftritt ihrer Parteichefin aus dem Bundestag „verschwanden“, wie die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, im sozialen Netzwerk X berichtete.
Die BSW-Gruppe habe zuvor jedoch zwei Anträge zur Regierungserklärung gestellt – bei der Abstimmung habe es dann aber keine Stimmen für diese Anträge gegeben, also auch keine aus den Reihen des BSW, kritisierte Haßelmann und sprach von einer „Missachtung des Parlaments“.
Auch ihr Parteikollege Helge Limburg kritisierte das Verhalten der BSW-Politiker: „Wenn man sogar zu faul ist, um bei eigenen Anträgen anwesend zu sein, sollte man es besser lassen“, erklärte der Grünen-Abgeordnete bei X.
Zustimmung erhielt die scharfe Kritik am Verhalten der BSW-Gruppe im Bundestag unterdessen auch aus Köln: Thomas Jäger, Politik-Professor an der Universität zu Köln, stimmte Haßelmanns Vorwürfen zu. Parlamente seien für das BSW „nur ein Mittel zum Zweck“, erklärte Jäger, der zu den schärfsten Kritikern des prorussischen Kurses von AfD und BSW zählt. (mit dpa)