Bergisch Gladbach – Mehr als einmal schon hat die kräftige Blonde mit den rauen Manieren Polizei und Justiz beschäftigt. Jetzt stand die 41-jährige Bergisch Gladbacherin erneut vor Gericht. Unter anderem soll Annegret S. (Name geändert) einem Polizeikommissar auf der Bergisch Gladbacher Wache feste gegen das linke Knie getreten haben.
Was diesen Vorwurf anging, legte Annegret S. nach anfänglichem Zögern ein Geständnis ab. Ungewöhnlichen Folge war, dass Strafrichterin Lisa Halm sie anschließend, dem Antrag des Staatsanwaltes folgend, freisprach und ihr ebenso wie der Ankläger „Alles Gute“ wünschte.
Freispruch kein Freibrief für Straftaten
Gleichwohl ist dieser Freispruch selbstverständlich kein Freibrief, Staatsdienern körperliche Schmerzen zuzufügen oder sie zu beleidigen. Jedoch hatte das Bensberger Amtsgericht zuvor die Schuldfähigkeit der trinkfesten Dame überprüfen lassen.
Und im Zuge dieser Überprüfung war der renommierte psychiatrische Sachverständige Dr. Friedrich Krull aus Köln zu dem klaren Ergebnis gekommen, dass die Angeklagte zur Tatzeit, dem 21. Mai 2020 gegen 17.55 Uhr, nicht schuldfähig war, weil sie an einer bis dahin unbehandelten bipolaren affektiven Störung litt (und zudem einen Alkohol-Pegel von 2,24 Promille intus hatte).
Geständnis beschleunigt Weg zum Freispruch
Auf der Grundlage dieses von der Richterin in der Sitzung teilweise verlesenen Gutachtens konnte es danach ein überaus kurzer Prozess werden: Würde Annegret die Tat gestehen, wäre ihre Täterschaft klar und sie könnte wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen werden – weswegen sie nach kurzer Beratung mit ihrem Verteidiger auch ihr anfängliches Schweigen brach und sich zum Geständnis durchrang.
Als schuldunfähig galt Annegret aber auch hinsichtlich zweier weiterer Anklagevorwürfe. Zu diesen Vorwürfen zählte auch ein Griff nach dem und anschließend ein Tritt in den Allerwertetesten eines weiteren Opfers.
Formfehler im Vorverfahren
Wegen eines Fehlers des früher für die Angeklagte zuständigen Richters (es fehlte der förmliche Eröffnungsbeschluss für die beiden Anklagen) gab es hier keinen Freispruch, sondern Richterin Halm eröffnete den Prozess angesichts der Schuldunfähigkeit erst gar nicht.
Für Annegret B. waren diese juristischen Formalfragen indes ziemlich egal, was für sie zählte, war das Ergebnis der Verhandlung am Bensberger Gericht: Sie wurde nicht bestraft – und auch nicht „weggesperrt“, da sie mittlerweile um ihre Krankheit weiß, sich behandeln lässt und im betreuten Wohnen lebt.
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Auch nimmt sie trotz ihrer damit verbundenen Gewichtsprobleme ihre Medikamente ein und lässt nach eigenem Bekunden die Finger weitgehend vom Alkohol – was ihre Betreuerin im Prozess bestätigte: „Ich habe sie noch nie betrunken erlebt, aber stets als sehr ehrlich.“