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AuffrischungSoll ich zum Boostern auf den Impfstoff gegen BA.4/BA.5 warten?

Lesezeit 4 Minuten
Spritze Symbolbild

Mehrere an Omikron angepasste Impfstoffe sind jetzt verfügbar. 

Berlin/Leipzig – Nach den Omikron-BA.1-Impfstoffen, deren Auslieferung kürzlich begonnen hat, ist nun ein weiteres Präparat in der EU in greifbarer Nähe. Die Europäische Kommission hat einen weiteren an Omikron angepassten Impfstoff zugelassen. Der Booster der Unternehmen Biontech/Pfizer richtet sich gegen die aktuellen Corona-Varianten. Zuvor hat ein Expertenausschuss der EU-Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung des an die Omikron-Sublinien BA.4/BA.5 angepassten Vakzins empfohlen. Das Mittel zielt zudem, wie die bisherigen Impfstoffe, auf die Ursprungsvariante von Sars-CoV-2 ab.

Erwartet werde ein breiterer Schutz gegen verschiedene Corona-Varianten, teilte die EMA mit. Empfohlen werde die Impfung für Menschen ab 12 Jahren als Auffrischung. BA.4/BA.5 sind die Omikron-Sublinien, die derzeit nach Daten aus Stichproben quasi alle Corona-Infektionen in Deutschland verursachen.

Wer braucht den Omikron-Booster?

Bislang gibt es noch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zum Einsatz von an Omikron angepassten Auffrischimpfungen. Laut Minister Lauterbach arbeitet das Gremium aber bereits an Empfehlungen. Mehrere Fachleute, die der Stiko nicht angehören, hatten zuletzt gesagt, dass die Auffrischung mit den neuen Präparaten etwa für die Gruppen infrage kommt, denen die Stiko auch jetzt schon eine zweite Booster-Impfung empfiehlt. Das sind zum Beispiel Menschen über 60, Gruppen mit Risikofaktoren und Mitarbeiter im Gesundheitswesen.

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Soll man sich jetzt mit dem auf BA.1 angepassten Impfstoff boostern lassen, oder auf den noch neueren Impfstoff warten?

Gerade die von der Stiko benannte Gruppe sollte aber nicht warten, bis der neue Impfstoff erhältlich ist, rät der Immunologe Carsten Watzl. „Wer unter die bisherige Empfehlung der Ständigen Impfkommission für eine zweite Auffrischimpfung fällt, sollte jetzt besser den an die Omikron-Sublinie BA.1 angepassten Impfstoff nehmen, der in diesen Tagen bei den Hausärzten ankommt“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie der Deutschen Presse-Agentur. Diese Menschen, etwa über 60-Jährige und/oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen, sollten auch wegen mehrerer offener Fragen besser nicht wochenlang auf das etwas neuere Präparat warten. Zu der häufig gestellten Frage, welcher der beiden neuen Impfstoffe besser sei, gebe es keine Daten, sagte Watzl. In Versuchen mit Tieren seien die jeweiligen Ergebnisse ähnlich gewesen, direkte Vergleiche fehlten aber. „Insofern ist für mich offen, wie viel Vorteil der an BA.4./BA.5 angepasste Impfstoff wirklich bringt."

„Es werden neue Corona-Varianten kommen"

Die Effektivität hängt auch davon ab, welche Corona-Varianten in den nächsten Monaten zirkulieren werden – es ist derzeit aber offen, in welche Richtung sich das Virus weiterentwickelt. Für jüngere, immungesunde Menschen und Menschen, die im Sommer eine Corona-Infektion durchgemacht haben, sehen Experten im Moment keine Notwendigkeit für einen Omikron-Booster. „Es wäre überraschend, wenn BA.4/BA.5 uns auch noch im Herbst und Winter beschäftigen würden. Es werden irgendwann neue Varianten kommen“, glaubt der Dortmunder Immunologe. In den beiden Omikron-Sublinien, die international derzeit unter Beobachtung stünden – BA.2.75 und BA.4.6 – sehe er eher nicht das Potenzial für eine Ausbreitung hierzulande. Watzl bekräftigte seinen Wunsch nach einer baldigen Stiko-Empfehlung zu den angepassten Impfstoffen. „Die Leute wollen wissen, was sie machen sollen.“ Er hoffe, dass das Gremium nicht auf Anwendungsdaten aus den USA (BA.4/BA.5) und Großbritannien (BA.1) warte.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet dagegen mit einem zügigen Start von Corona-Impfungen mit dem zugelassenen neuen Präparat, das an die Virusvariante BA.5 angepasst ist. „Wir werden wahrscheinlich in der nächsten Woche bereits den Impfstoff zur Verfügung stellen“, sagte der SPD-Politiker. Zur genauen Zahl der Dosen könne er erst in ein paar Tagen etwas sagen.

Warum ist eine Anpassung der Impfstoffe notwendig?

Viren und auch Coronaviren mutieren mit der Zeit. Relevant sind besonders Veränderungen am Spike-Protein, mit dem das Coronavirus in die Zelle eindringt. Vor allem die Omikron-Variante brachte inzwischen zahlreiche Subtypen hervor, die insgesamt ansteckender als andere Virusvarianten sind. Omikron-Sublinien wie BA.4 und BA.5 gelten zudem als sogenannte Escape-Varianten – das heißt, sie können mit der Immunantwort auch von Geimpften und Genesenen besser umgehen. Geimpfte haben gleichwohl einen guten Schutz vor schwerer Erkrankung.

Die angepassten Impfstoffe sind zwar auf die Omikron-Subvariante BA.1 zugeschnitten, wirken aber auch gegen den ursprünglichen Virusstamm und andere Omikron-Ableger. BA.1 war der erste Omikron-Subtyp, der durch Europa fegte, er wurde jedoch rasch von der noch ansteckenderen Sublinie BA.2 verdrängt. Mittlerweile dominiert BA.5 das Infektionsgeschehen in Deutschland, wobei sich weitere Unterlinien ausbilden. Nun wurde der neue an die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 angepasste Impfstoff von der Europäische Kommission zugelassen.

Wie gut wirken die angepassten Impfstoffe?

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck, der im Corona-Expertenrat sitzt, warnte vor überhöhten Erwartungen an die neuen Impfstoffe. „Der Booster sorgt noch einmal für etwas gesteigerte Antikörperspiegel im Blut von Geimpften. Wie gut er vor einer Infektion schützt, wurde nicht getestet.“ Man müsse davon ausgehen, dass der Effekt ausfalle wie beim bisherigen Booster, also mit einem Schutz vor Ansteckung für einen ungefähren Zeitraum von drei Monaten.

„Ein Schutz vor Ansteckung für einen längeren Zeitraum ist nicht bewiesen und auch nicht wahrscheinlich“, sagte Streeck. Trotz allem sei auch bei den neuen Impfstoffen ein guter Schutz vor schwerer Erkrankung wie bei den vorherigen Produkten gegeben. Zudem hätten die bisherigen Daten gezeigt, dass das Profil der Nebenwirkungen sehr ähnlich ist wie bei den ursprünglichen Covid-19-Impfstoffen (dpa/afp/hex/cfm)