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Kind ständig krankWas Eltern im Erkältungswinter erwartet – und wie sie vorbeugen können

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ILLUSTRATION - 11.09.2021, Berlin: Ein Vater legt seine Hand auf den Kopf eines Kindes, das im Bett liegt. (zu dpa: «Deutsche Kleinkinder bekommen mehr Breitbandantibiotika als dänische») Foto: Annette Riedl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Temperaturen fallen, die Erkältungszeit läuft, zahlreiche Erreger kursieren durch die Einrichtungen.

Im Winter erkranken mehr Kita-Kinder. Wie oft sind Schnupfen und Fieber normal, was hilft vorbeugend – und wer bleibt im Zweifel zu Hause? Sieben Fragen und Antworten.

In der Kita sind wieder die Schnoddernasen unterwegs. Die Temperaturen fallen, die Erkältungszeit läuft, zahlreiche Erreger kursieren durch die Einrichtungen. Kind krank: Darauf stellen sich Eltern im Winter vermehrt ein - und auch die Kinderärzte und -ärztinnen.

Welche Erreger kursieren in der kalten Jahreszeit?

In der Regel sehe man in den kinderärztlichen Praxen „harmlose Erkältungsinfekte“ bei Kleinkindern, sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Also etwa Husten und Schnupfen. Manchmal dazu Fieber. Oder Streptokokken-, Virus- und Magen-Darm-Infekte.

Dass die für die Jahreszeit typischen Erkältungsviren Anfang Oktober bereits unterwegs sind, zeigt das Robert Koch-Institut (RKI) in seinen wöchentlich erscheinenden Berichten zu akuten Atemwegserregern fest. Zudem kursiert auch Corona seit September wieder vermehrt. Die echte Grippe ist hingegen noch kein Thema. Influenzaviren sind noch kaum präsent. Meist läuft eine stärkere Influenza-Krankheitswelle von Januar bis April. Ähnlich sieht es beim RS-Virus aus. Bislang gibt es Einzelfälle, die Saison läuft normalerweise von November bis April.

Wie oft krank ist normal?

Schnupfen, Husten, Hals: Das dauernde Kränkeln im Kleinkindalter ist erwartbar. „Kinder machen zehn bis 15 Infekte im ersten Kita-Jahr durch“, erklärt Kinderarzt Maske. Im zweiten seien es noch fünf bis zehn. Reiht sich ein Infekt an den nächsten, kann das zur Belastungsprobe werden. Denn wie der Kinderarzt erklärt: Ein Infekt kann im Extremfall bis zu vier Wochen andauern.

Infekte können sich auch überschneiden. Man kann sich auch mit mehreren Erregern gleichzeitig anstecken. Das kann auch ganze Familien treffen. Man hat gegen die meisten Erreger keinen lebenslangen Immunschutz“, erklärt Maske. Deshalb erkranken nicht nur Geschwister, sondern auch Eltern oft mit den eigenen Kindern noch einmal mit.

Warum sind Kleinkinder dauernd erkältet – und ist das schlimm?

Dass Kinder häufiger erkranken als Erwachsene, liegt an den über 200 verschiedenen Viren, die eine derartige Erkrankung verursachen können. Bei jedem Kontakt mit einem bislang unbekannten Erreger ist das kindliche Immunsystem zunächst wehrlos. Erst im Laufe der Erkrankung werden Abwehrstoffe gebildet, die den Körper teils bis ins Erwachsenenalter oder ein Leben lang schützen können.

Der Kontakt mit verschiedenen Erregern ist also gewissermaßen notwendig. „Einfache Atemwegsinfekte in den ersten Lebensjahren sind an sich nichts Schlimmes“, erklärt Maske. „Im Gegenteil: Sie schulen das Immunsystem und schützen vor Allergien.“ Die Dauererkältung ist unangenehm, aber in der Regel harmlos. Anders sieht es bei schweren Infekten wie Grippe oder Masern aus. Die seien natürlich nicht wünschenswert, betont Maske.

Kann man es irgendwie vermeiden, ständig krank zu werden?

Kinder haben und brauchen im Alltag viele Kontakte. Ansteckungen lassen sich deshalb kaum vermeiden. Durch Alltagsroutinen werden Kinder aber weniger anfällig. Eltern könnten etwa auf eine gesunde Ernährung und viel Bewegung an der frischen Luft achten – „und das jeden Tag, gerne auch bei kalten Temperaturen“, sagt Kinderarzt Maske. „Lassen Sie Ihr Kind auch bei Wind und Wetter nach Möglichkeit täglich ein bis zwei Stunden frische Luft tanken – am besten im Grünen“, rät auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dazu zähle auch, eher zu Fuß statt mit dem Auto unterwegs zu sein – etwa zum Kindergarten, zu Freunden, zum Einkaufen.

Nachts sollte die Zimmertemperatur nicht mehr als 18 Grad Celsius betragen. Regelmäßig Hände waschen hilft auch. Übertriebene Hygiene braucht es aber nicht. Man solle nicht die ganze Wohnung mit Desinfektionsmittel reinigen. Den Erregerherd grundsätzlich meiden – beispielsweise vorbeugend für lange Zeit nicht in die Kita gehen – sei ebenfalls keine zielführende Strategie.

Wann braucht es den Kinderarzt oder die Kinderärztin?

Bei einer harmlosen Erkältung mit womöglich leichtem Fieber braucht man nicht in der kinderärztlichen Praxis vorbeizuschauen. Manchmal kann aber ein schwerer Infekt hinter den Symptomen stecken. Das richtig einzuschätzen ist oft schwierig für Eltern. Einige Symptome sollte man deshalb lieber ärztlich abklären lassen, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung festhält:

Das Kind ist in einem schlechten Allgemeinzustand und wirkt teilnahmslosEs leidet unter so starkem Husten, dass es sich erbrechen muss, weder essen noch trinken kann und starke Atembeschwerden und Schmerzen hat (Verdacht auf RS-Virus)Das Fieber hält mehr als drei Tage an oder ist parallel zu Halsschmerzen plötzlich sehr hochWenn ein Husten nach mehreren Tagen schmerzhaft wird (womöglich Lungenentzündung) oder plötzlich bellend auftritt (Verdacht auf Pseudokrupp)Bei zusätzlichen Symptomen wie heftigem Durchfall oder anhaltendem ErbrechenWenn das Schnupfensekret gelblich-grünlich wird oder Fieber und starke Kopfschmerzen hinzukommen (vielleicht Nasennebenhöhlenentzündung)Bei Ohrenschmerzen, die länger als zwei Tage andauernWenn sich – auch vorübergehend – am Körper ein Hautausschlag zeigt (womöglich Verdacht auf Masern, Mumps oder Röteln)Wenn sehr häufig oder über einen längeren Zeitraum Schnupfen oder Husten auftritt

Bei Fieber abwarten – oder lieber gleich ein Zäpfchen geben?

Erkranken Kinder, haben sie häufig Fieber. Fieber selbst ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Es zeigt an, dass der Körper auf Krankheitserreger reagiert und so seine Abwehrkräfte mobilisiert. Bei hohen Körpertemperaturen können sich Viren und Bakterien nicht so gut vermehren. Das Fieber muss deshalb nicht sofort mit einem fiebersenkenden Mittel bekämpft werden.

Hat das Kind aber Schmerzen, fühlt sich sehr unwohl oder erschöpft, kann ein Fieberzäpfchen oder Saft helfen. „Man beschränkt damit schon etwas die normale Abwehrreaktion“, erklärt Maske. „Aber das Fieber ist nur ein Faktor – und nicht der wichtigste.“ Eltern könnten ohne Sorge auch mal ein Zäpfchen geben, damit sich das Kind besser fühlt.

Kinderärzte und -ärztinnen raten dazu, ab einer Körpertemperatur von mehr als 39 Grad Celsius mit fiebersenkenden Maßnahmen zu beginnen. Ansonsten helfe viel Ruhe und viel Trinken – aber ohne Zwang. Man brauche auch nicht den Schlaf zu unterbrechen, um etwas zu trinken anzubieten.

Wer bleibt zu Hause, wenn das Kind krank ist?

Mütter und Väter haben dieselben Rechte – beide Elternteile können sich pro Kalenderjahr für jeweils 15 Tage von der Arbeit freistellen lassen, Alleinerziehende 30 Tage. Darauf gibt es einen gesetzlichen Anspruch, sofern das Kind gesetzlich versichert ist. Das gilt für Kinder bis zwölf Jahre.

Bei einem Verdienstausfall zahlt die Krankenkasse in den meisten Fällen Kinderkrankengeld – in der Regel 90 Prozent des Nettoverdienstes. Sind die Tage aufgebraucht, kann man nur noch mit dem Arbeitgeber verhandeln. Unbezahlter Urlaub, Homeoffice, andere Arbeitszeiten sind beispielsweise Optionen, um die Zeit zu überbrücken.