In der Corona-Pandemie war Selberkochen in. Was hat’s gebracht und was ist davon geblieben? Ein Gespräch mit Gabriel Laeis, Professor für Culinary Management an der IU Internationalen Hochschule.
Bananenbrot adé?Was vom pandemiebedingten Koch-Hype übrig bleibt
Selbstgemacht als Lebensgefühl: Die Corona-Pandemie hat das Essverhalten der Deutschen umgekrempelt. Das zeigen etwa die Ernährungsreporte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus den letzten Jahren.
Im April 2020 ergab demnach die Umfrage: Rund ein Drittel der Befragten (30 Prozent) haben mehr selbst gekocht als vorher, fast genauso viele (28 Prozent) häufiger zusammen mit anderen gegessen. Täglich selbst gekocht haben 39 Prozent (2020), im zweiten Pandemiejahr (2021) waren es sogar 52 Prozent. 2022 sank diese Zahl nur leicht auf 46 Prozent.
Gabriel Laeis ist Professor für Culinary Management an der IU Internationalen Hochschule und selbst begeisterter Koch. Er erklärt, was es mit dem Selbermachen in der Pandemie auf sich hat und was wir uns aus diesen Jahren in den Alltag hinüberretten sollten.
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Selbst kochen in Pandemiezeiten – wieso gab es so einen Boom?
Gabriel Laeis: Zum einen war es schlicht eine Notwendigkeit, weil viele Kantinen und Restaurants geschlossen bleiben mussten. Man war quasi gezwungen, selbst zu kochen. Dazu kam, dass viele Menschen im Lockdown mehr Zeit zum Kochen und Backen hatten.Das Selbermachen hat ihnen außerdem ein Gefühl von Selbstwirksamkeit gegeben: Ich bin in einer Situation, wo ich mich machtlos fühle, aber in der Küche kann ich was tun und sehe schnell Erfolge. Ich kann zum Beispiel Brot backen und da wird was draus.
Ist unser Essen damit auch gesünder geworden?
Ja, es gibt Studien, dass wir weniger Fleisch und deutlich mehr Obst und Gemüse gegessen und auch bewusster auf gesundes Essen geachtet haben. Aber gleichzeitig sind auch mehr Snacks und Süßkram gekauft worden. Mit der Covid-Pandemie ist auch eine Adipositas-Pandemie gekommen: Bei Leuten, die schon vorher ein Kilo zu viel hatten und sich zu wenig bewegt haben, hat der Lockdown das noch verstärkt.
Was ist denn inzwischen aus der Kochbegeisterung geworden?
Die ist durchaus noch vorhanden. Aber die Hochphase scheint abgeflacht zu sein. Das mag damit zusammenhängen, dass die Leute wieder ins Büro gehen und die Restaurants jetzt wieder geöffnet haben. Aber ich glaube, viele Leute backen am Wochenende noch oder laden Freunde ein und kochen für sie. Jeder hat ja jetzt zwei Jahre Routine – ich glaube, dass sich das fortträgt.
Was haben wir denn davon, wenn wir selber kochen und gemeinsam essen?
Die Küche kann vieles sein: Man kann dort im Schaffen von Essen eine Art aktive Meditation, Ruhe und Rückzug finden. Oder sie kann Ort ungezwungener menschlicher Kommunikation sein. Man kommt dort zusammen als Familie, als Paar, Freunde oder WG und schnippelt vor sich hin. Man kann miteinander reden über das, was einen bewegt, oder man kann einfach nebeneinander Karotten schneiden. Diese Orte gibt es in unserem täglichen Leben selten, die gibt es vor allem in der Küche.
Das Selberkochen ist sozusagen das Gegenstück zu Internet und Social Media. Es bringt eine echte Selbsterfahrung und hat eine Unmittelbarkeit: man muss handfeste Fähigkeiten, eine gute Einschätzung und sensorischen Feinsinn haben. Und der Esstisch ist letztlich ein Symbol für das Miteinander von Familie oder Freunden, von Menschen, die gern zusammen sind.
Hat uns die Pandemie etwas gelehrt bezüglich des Kochens?
Viele haben sich in dieser Zeit einfach mehr mit dem Thema befasst und viel geübt. Kochen ist ja zum großen Teil eine Sache von Übung. Daher tun sich viele Menschen jetzt sicher leichter damit. Geübt wurde auch, das Essen und den Einkauf zu planen.
Das ist ja etwas, was jeder Küchenchef beherrschen muss und was ich meinen Studenten beibringe: Was brauche ich an den nächsten Tagen, wie lange kann ich was lagern usw. Das mussten die Leute plötzlich zu Hause auch tun, weil sie nur noch einmal pro Woche eingekauft haben.
Haben Sie Tipps, um das Kochen auch heute in den Alltag einzubauen?
Wer auf der Arbeit eine Mikrowelle hat, sollte sich Gefäße zum Einfrieren besorgen und einmal pro Woche einen großen Topf mit dem Lieblingseintopf oder einer Minestrone kochen. Das macht an fünf Tagen mittags traumhaft satt. Man kann variieren und hat so eine Auswahl im Gefrierschrank.
Kocht mit euren Kindern. Ladet Freunde zum Essen ein oder kocht am besten gleich gemeinsam. Gemeinschaft regt an, sich noch etwas mehr Mühe zu geben oder noch etwas frischer einzukaufen. Besorgt euch ein anständiges Kochmesser, 20 Zentimeter lang, einen Wetzstahl und ein gutes Schneidebrett und übt die Basistechniken. Denn Routine macht Kochen viel einfacher. (dpa)