Die Gamescom in Köln ist die größte Branchenschau der Welt. Für Steffen Haubner war sie ein grandioses Erlebnis. Ein persönlicher Rückblick.
„Werbung für die Stadt Köln“Zwischen Rekorden und deutscher Flaute – So war die Gamescom 2024
Wenn sich irgendwo auf einmal 500 Politiker blicken lassen, dann ist dort entweder etwas Schlimmes passiert oder aber etwas, von dem die Volksvertreter hoffen, dass etwas von dem Glanz auf sie abstrahlt. Bei der Gamescom 2024 war zum Glück Letzteres der Fall. Während sich Paris noch immer in den letzten Strahlen Olympischen Spiele sonnt und alle Welt fast überrascht zu sein scheint, dass alles so wunderbar friedlich und harmonisch verlaufen ist, kann Köln künftig voller Stolz auf die Gamescom 2024 verweisen.
Da ich selbst dort war, kann ich bezeugen, dass die Messe ein wahres Fest der Freude, der Kreativität und des Miteinanders gewesen ist. Das große Spektakel fand in den Hallen des Publikumsbereichs statt, die Geschäfte wurden in der Business Area abgewickelt, die wie immer nur für das Fachpublikum geöffnet war. Den besten Blick auf das, was die Branche und ihre weltweit größte und wichtigste Messe ausmacht, bot für mich aber Halle 10.2: Im Retro-Bereich wurde die Historie der Videospiele zelebriert, direkt daneben zeigte der Entwicklernachwuchs seine Ideen und sein Können. Und in der „Indie Arena Booth“ konnte man sich auf mehr als 1.500 Quadratmetern anschauen, welch immensen Beitrag unabhängige Entwickler für den kreativen Input leisten.
Bei der Gamescom 2024 purzeln die Rekorde
Wie in Paris, so purzelten auch in der Domstadt die Rekorde. 335.000 Besucherinnen und Besucher – Rekord. Mehr als 1.400 Aussteller – Rekord. 48 Länderpavillons und Gäste aus 120 Ländern – Rekord. 310 Millionen Internet-Views – Rekord. Insgesamt ein „Sprung nach vorn“, so der Verband der deutschen Games-Branche. Das alles sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche mit massiven Problemen zu kämpfen hat.
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Hinter den Kulissen klagte so mancher über die große „Konsolidierungswelle“, wie sich das euphemistisch nennt. Die läuft nun schon seit mehreren Jahren und lässt sich in etwa so zusammenfassen: Die immer Größeren schlucken die etwas Kleineren. Konzerne wie Microsoft belegen mittlerweile halbe Hallen. Für die Beschäftigten sind das nicht immer gute Nachrichten, bei all der Gigantomanie bleiben viele auf der Strecke.
In der deutschen Games-Branche schwächt sich der Aufwärtstrend der letzten Jahre ab. Die Anzahl der Unternehmen, die mit Games ihren Umsatz machen, wuchs vor einem Jahr noch um 15 Prozent, nun sind es nur noch 4 Prozent. 948 Firmen sind es insgesamt. Ausbaufähig. Das Förderprogramm des Bundes ist seit Monaten ausgesetzt, die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in Aussicht gestellten Steuervergünstigungen sind aktuell nur leere Versprechungen, von denen sich kein Studio auch nur einen einzigen PC kaufen kann.
Gaming wird in Deutschland immer noch nicht wirklich ernst genommen
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Branche trotz aller Lippenbekenntnisse hierzulande noch immer nicht wirklich ernst genommen wird. Seit Thomas Gottschalks legendären „Telespielen“ im Jahr 1977 werden Games zum Beispiel im TV nur sporadisch berücksichtigt.
Die Tatsache, dass der Durchschnittsspieler hierzulande nicht etwa 21 oder 32, sondern tatsächlich 38,2 Jahre alt ist (Tendenz steigend), sorgt bei Gesprächspartnern immer wieder für Verblüffung. Games sind keineswegs ein Nischenprodukt für sozial isolierte Jugendliche, sondern eine kulturelle Ausdrucksform in der Mitte der Gesellschaft. Immerhin: Der Sender Arte hat das gemerkt. Die verantwortliche Projektmanagerin stellte mir auf der Gamescom vier neue, vom deutsch-französischen Sender selbst produzierte Spiele vor.
Aber natürlich ist die Messe nicht nur eine Werbung für das Medium Videospiele, sondern auch für die Stadt Köln. Nach einem langen Messetag mit wunden Füßen und einem Kölsch am Rheinufer sitzen, auf der Branchenparty im Theater am Tanzbrunnen auf den illuminierten Dom schauen, mit aufgeschlossenen Kölnerinnen und Kölnern über Games oder auch irgendetwas anderes klönen – all das sind unbezahlbare Erlebnisse. Ob Bürger, Besucher, Branchenvertreter, Medien oder politisch Verantwortliche: Alle sollten nach Kräften tun, was sie können, damit Köln auch weiterhin ein Fest für Games bleibt.