AboAbonnieren

Wohnen der ZukunftDieses Haus in Köln-Ehrenfeld ist mit KVB und Kühlschrank vernetzt

Lesezeit 4 Minuten
39087550-Haus-der-Zukunft (1)

  1. Wie werden wir in Zukunft leben und welche Möglichkeiten bieten sich in der Smart City?
  2. Das bislang wohl digitalste Haus in Köln zeigt, wie Wohnraum mit der Umgebung verknüpft sein kann.
  3. Ein Hausbesuch.

Köln – Benjamin Wardemann will, dass die Stadt für ihre Bewohner mitdenkt. Und zwar so: Der Energieversorger teilt live und via App mit, ob gerade zu viel geheizt wird. Eine Mobilitätsapp verrät, ob bei aktueller Verkehrslage Fahrrad, Bahn oder Auto die schnellste Verbindung zum Supermarkt bietet. Wenn der Rücken schmerzt, reicht das Einloggen in die Videosprechstunde und Rezept wie Krankenschein werden aufs Handy übertragen. „Ich stelle mir Mikrokosmen vor, die miteinander kommunizieren“, sagt Wardemann und gerät beim Gedanken daran ins Schwärmen. Smart City heißt seine Vision. Köln, sagt er, sei da eine Stadt mit Nachholbedarf.

Aber: Ein Anfang ist gemacht. Am Melatengürtel steht seit Mai dieses Jahres das wohl digitalste Mietshaus der Stadt. Und Benjamin Wardemann, Geschäftsführer der Metropol Immobiliengruppe, hat diesen Schritt in die Zukunft ermöglicht. Schlüssel brauchen die Mieter nicht mehr, wer ins Haus will, nutzt einfach seine personalisierte Handy-App. Ein Druck auf die Taste, schon surrt der Türöffner. Im Hausflur informiert ein digitales Schwarzes Brett über Neuigkeiten der Bewohner, aber auch über den aktuellen KVB-Fahrplan und im Ticker über aktuelle Nachrichten aus aller Welt. Die digitale Briefkastenanlage wird ebenfalls via App geöffnet. Pakete werden direkt an die smarte Paketbox im Hinterhof zugestellt. Wenn jemand an der Haustür auf eines der Klingelschilder drückt, muss der Bewohner nicht zuhause sein, um mit dem Besucher zu sprechen. Eine Videokamera überträgt Bild und Ton aufs Handy.

DIgitale Tür

Im mitdenkenden Haus braucht es keinen Haustürschlüssel mehr. Das Schloss öffnet sich per personalisierter Handy-App: Ein Druck auf die Taste, schon surrt der Türöffner.

Beim Besichtigungstermin erzählen Wardemann und sein Kollege Johannes Koza von der strategischen Unternehmensentwicklung, wie die Firma vor zwei Jahren die Arbeitsgruppe „Smart Living“ gründete. Sie sollte prüfen, wie Bauen und Wohnen künftig aussehen könnten. Wardemann und das Team suchten deutschlandweit nach Projekten zur Orientierung. „Wir waren überrascht, dass es noch kaum etwas Vorzeigbares gab. Fündig wurden wir nur in Berlin“, sagt er.

Am Melatengürtel wurde das erste Projekt realisiert. „Die Baugrube war schon ausgehoben, als wir die Entscheidung getroffen haben: Lasst es uns jetzt wagen.“ In 17 Monaten Bauzeit sind 32 Wohnungen und Townhouses entstanden.

App steuert Kaffeemaschine, Kühlschrank, Rolladen und Co

Herzstück ist eine so genannte IOT-Plattform. Das Kürzel steht für „Internet of Things“, also das Internet der Dinge, und meint die Technologie, mit deren Hilfe man physische und virtuelle Objekte miteinander vernetzt. Über die App steuert der Nutzer den Rollladen, das Licht, die Heizung, ebenso wie Kaffeemaschine, Toaster und Kühlschrank. Auch die Sprachsteuerung etwa über eine „Alexa“-Box ist möglich. Und natürlich treibt Wardemann auch der Gedanke an Nachhaltigkeit und Klimaschutz um: ressourcenschonendes Bauen, energiesparendes Wohnen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wer Neues wagt, begegnet auch Risiken. Und das liegt auch an den Playern am Markt, Start-ups, die alle das nächste große Ding im Bereich „smart living“ abliefern wollen. Die Schwierigkeit: Auf einen Anbieter verlassen könne sich der Bauherr im Grunde nicht, denn es jagt zwar eine Neu-Gründung die nächste, neun von zehn überleben Statistiken zufolge aber nicht. „Wir wissen heute noch nicht, ob ein Start-up, mit dem wir zusammenarbeiten, in fünf Jahren noch existiert.“

Benjamin Wardemann

Benjamin Wardemann

Und dennoch: Das vorausschauende Denken hat sich für Wardemann gelohnt. Durch das Ausprobieren der digitalen Welt im Projekt am Melatengürtel habe sich die Firma einen Wissensvorsprung von etwa eineinhalb Jahren erarbeitet. „Firmen rufen an und wollen wissen: Wie habt ihr das geschafft?“, sagt Wardemann.

Bald schon wird Wardemann seiner Vision ein deutliches Stück näher kommen. Er plant einen Trip nach Dubai zur Expo 2020. Bei der ersten durchdigitalisierten Weltausstellung im Wüstenstaat kommunizieren sämtliche 130 Gebäude aller Aussteller auf digitalem Wege miteinander. Der Elektronikkonzern Siemens ist Premiumpartner für die Digitalisierung der Infrastruktur. Was Wardemann am meisten interessiert: Mehr als 80 Prozent dieser Infrastruktur soll nach der Expo in einen eigenen Stadtteil übergehen. Der „District 2020“ wird Wardemann zeigen, wie viele Schritte Köln in die digitale Wohnzukunft noch zu gehen hat. „Wir können uns jetzt noch gar nicht vorstellen, was in zehn Jahren technologisch möglich ist. Unser Ziel wird immer sein, kreativ und engagiert mitzugestalten.“