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„Zero Waste-Konzept“ der Stadt Köln30 Prozent weniger – So lässt sich Hausmüll fast nebenbei reduzieren

Lesezeit 5 Minuten
Ein zugeschnürtes Stoffsäckchen mit Nudeln liegt neben Obst und Gemüse in einem Korb in einem "Unverpackt"-Laden.

Wer mit einem Korb, Rucksack oder Stoffbeutel einkaufen geht, braucht keine extra Tüte.

Die Stadt Köln möchte weniger Abfälle verursachen – auch für Haushalte gar nicht so leicht. Mit diesen Tricks klappt es ohne großen Aufwand.

Die Stadt Köln hat diese Woche ihr neues „Zero Waste-Konzept“ vorgestellt. Um 30 Prozent soll die Menge an Restmüll pro Kopf und pro Jahr bis 2035 verringert werden. Das soll über mehr Biotonnen für Kölner Haushalte erreicht werden, denn 35 Prozent haben noch gar keine. Sie müssen bisher ihre Lebensmittelabfälle im Restmüll entsorgen. Außerdem sind die Unterstützung von Reparaturwerkstätten, Informationskampagnen und eine Mehrwegpflicht für Veranstaltungen im öffentlichen Raum vorgesehen.

Der Begriff „Zero Waste“ steht dabei nicht, wie es wörtlich übersetzt wäre, für das Ziel von „Null Abfällen“. Vielmehr soll grundsätzlich weniger Abfall produziert und die Möglichkeiten von Recycling gefördert werden. Den Ansatz der Stadt, durch die richtige Trennung Abfall zu reduzieren, sollten auch Haushalte verfolgen. Unsere Autoren haben mit den 15 größten Müll-Irrtümern aufgeräumt:

Von vornherein weniger Abfall produzieren, ist schon schwieriger. Industrie und Handel machen das nicht einfach, etwa weil sie ihre Produkte aufwendig verpacken. Trotzdem lohnt es sich, es zu versuchen – auch wenn am Ende nicht das Ziel „Zero Waste“ erreicht wird. Denn selbst kleine Änderungen im Alltag nutzen der Umwelt.

Aber wo beginnen? Wo winken schnelle Erfolgserlebnisse?

Es gibt so viele Baustellen: Verpackungen aus Plastik, Altglas, gebrauchte Kleidung, defekte Elektrogeräte, Essensreste, leere Batterien, Kartons, alte Zeitungen. Die gute Nachricht ist: Es ist kein ausgeklügelter Plan nötig.

„Man muss gar nicht viel umstellen in seinem Alltag. Wer beim Einkaufen immer gleich das Thema Abfall mitdenkt, kann schon viel erreichen“, sagt Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), der auch die Entsorger vertritt.

Bei Lebensmitteln heißt das: Möglichst unverpackte Waren kaufen. Das ist zum Beispiel in Unverpacktläden möglich. Aber auch in manchem Bioladen gibt es inzwischen schon Unverpackt-Angebote – etwa Nudeln in die selbst mitgebrachten Dosen abzufüllen. Aber die Waren sind oft teurer als im Supermarkt oder beim Discounter.

Die Alternative: Wann immer möglich, Mehrweg-Verpackungen nutzen. „Nur, wenn unverpackt und Mehrweg das neue Normal werden, können wir Verpackungsmüll tatsächlich reduzieren“, sagt Janine Korduan vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Einige wenige Milchprodukte und Getränke werden bereits in Mehrweg-Verpackungen angeboten.“

Kauf von losem Gemüse löst gleich zwei Probleme

Mehr Optionen gibt es in vielen Supermärkten beim Obst und Gemüse. Wer hier zu losen Früchten greift, spart nicht nur Verpackung. Denn bei Produkten ohne Verpackung ist ja auch die Menge frei wählbar und man kann daher so viel kaufen, wie man wirklich verbrauchen kann.

Dieses Problem sollte man nicht unterschätzen: Laut Deutscher Umwelthilfe sind unter den jährlich anfallenden 53 Kilogramm Bioabfall pro Kopf viele Lebensmittel, die schlichtweg zu viel gekauft wurden und ungegessen in die Biotonne wandern. Daher lautet auch generell ein Rat zur Müllvermeidung: Vor dem Einkauf von Lebensmitteln gut planen und nicht zu große Mengen einpacken.

Aber gerade Singlehaushalte habe es da schwer. Sie können Waren in größeren Verpackungen, die günstiger und umweltfreundlicher sind als mehrere kleine Abpackungen, oft nicht vollständig verbrauchen. So landen Reste nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum im Müll. „Es gilt, genau abzuwägen. Denn die Alternative – kleine Single-Verpackungen – ist eben die, die am meisten Müll verursacht“, sagt Janine Korduan.

Fast Fashion vermeiden

Bei Bekleidung ist Fast Fashion quasi das Einweg-Produkt – und ebenso umweltschädlich. Manche Modekollektionen werden bis zu zwölfmal im Jahr erneuert. Das soll vor allem junge Menschen zum Kauf anregen.

Aber das Modebewusstsein hat eine Kehrseite: „Es ist nicht nur aus Umweltgründen unvernünftig, ständig neue Kleidungsstücke in minderwertiger Qualität zu kaufen“, sagt Patrick Hasenkamp. „Auch wirtschaftlich macht es wenig Sinn.“ Sein Tipp: weniger, aber langlebiger und nachhaltiger zu kaufen.

„Das ist auch für die eigene Psyche von Vorteil. Es kann einem besser gehen, wenn man regelmäßig aussortiert und so insgesamt weniger Sachen besitzt“, ergänzt Janine Korduan. „Verschenken und Tauschen macht zudem viel Freude, auf Kleidertausch-Partys kann so Geld gespart und ein schöner Nachmittag verbracht werden.“

Für diejenigen, die sich die nachhaltigeren und teureren Teile nicht leisten können oder wollen, bietet sich der Second-Hand-Kauf an. Und das ist sogar ein Trend, insbesondere bei Jüngeren. Laut Hasenkamp sei dies nicht nur bei Kleidung, sondern auch bei der Nutzung von gebrauchten und wieder aufgearbeiteten Handys oder Tablets zu beobachten.

Warum nicht ausleihen?

Und man muss nicht alles unbedingt selber besitzen. „Viele Menschen haben Hausgeräte und Werkzeuge in ihrer Wohnung, die sie gar nicht oder nur sehr selten nutzen“, so Patrick Hasenkamp. „Da kann das Teilen ein Ausweg sein.“ Laut dem Vertreter der kommunalen Unternehmen gibt es in einigen Städten Leihläden, wo man sich alles Mögliche ausleihen kann - von der Bohrmaschine über das Fondue-Set bis hin zum Schokoladenbrunnen. „Das spart Ressourcen“, so Hasenkamp.

Der nächste Punkt ist: Reparieren statt wegwerfen und neu kaufen. Aber das ist gar nicht so einfach umzusetzen. Ob sich zum Beispiel ein elektrisches Gerät reparieren lasst, sieht man ihm nämlich beim Kauf nicht an. „Als Faustregel könnte gelten: Je hochwertiger und teurer ein Gerät ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich im Fall des Falles reparieren lässt“, sagt Patrick Hasenkamp.

Lösungsfindung als schöne Herausforderung

Und wenn es tatsächlich nicht so ist: Wer ein defektes Gerät entsorgen muss, sollte es im Elektrofachgeschäft oder im Supermarkt abgeben, damit es später recycelt werden kann. „Auf keinen Fall gehören elektrische oder elektronische Geräte in den Hausmüll“, sagt Janine Korduan. „Mit dem werden sie verbrannt und es gehen wertvolle Rohstoffe wie seltene Erden verloren.“

Es gibt noch diverse andere Möglichkeiten, Abfall im Haushalt zu vermeiden. Es kann großen Spaß machen, darüber nachzudenken und eigene kreative Lösungen zu finden – zum Beispiel beim Ersetzen von Geschenkpapier durch selbst gebastelte Alternativen.

Wer sich danach immer noch über volle Mülltonnen und prall gefüllte Gelbe Säcke ärgert, darf die Schuld nicht nur bei sich selbst suchen. „Der Verbraucher hat oft keine Wahl. Er ist einer Verpackungsflut ausgesetzt, gegen die er sich nur schwer wehren kann“, sagt BUND-Expertin Janine Korduan. „Hier ist in erster Linie die Industrie gefragt.“ (juh, dpa)