Seit dem 1. Juli können Verbraucher ihren Elektroschrott auch in Supermärkten abgeben. Das wird aber kaum genutzt.
Stichprobe zeigtSo schlecht läuft das Elektroschrott-Recycling in Kölner Supermärkten
Ein alter Föhn, der schon lange den Geist aufgegeben hat, eine kaputte Elektro-Zahnbürste oder ein defekter Toaster – eine Kiste voller Elektroschrott haben wohl viele in ihren Kellern stehen. Kaputte Kleingeräte, für die der Weg zum Wertstoffhof dann doch zu weit erscheint. Oder schlicht das Wissen fehlt, wie man die Geräte richtig entsorgt. Auch aus diesen Gründen stauben etliche kleine Elektrogeräte in den deutschen Haushalten vor sich hin. Oder landen im schlimmsten Fall einfach in der Restmülltonne. Dabei stecken in den Geräten zum einen Schadstoffe, die im Hausmüll nichts zu suchen haben und zum anderen wertvolle Rohstoffe, die durch fachgerechtes Recycling ein zweites Leben erhalten können.
Seit Juli 2022 müssen Supermärkte Elektrokleingeräte annehmen
Um das zu ändern, hat die Bundesregierung seit dem 1. Juli 2022 auch Betreiber von Supermärkten, Discountern und Drogeriemärkten dazu verpflichtet, defekte Elektrokleingeräte entgegenzunehmen – zumindest unter bestimmten Umständen: Der Laden muss eine Verkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern haben, außerdem müssen mehrmals im Jahr Elektrogeräte angeboten werden. Es dürfen zudem maximal drei Geräte abgegeben werden, die jeweils eine Kantenlänge von 25 cm nicht überschreiten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen nicht länger den Weg zu Entsorgungsstellen suchen, stattdessen kommen die Recyclingstellen zu ihnen. So der Grundgedanke hinter dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz – oder kurz: ElektroG, mit dem die Bundesregierung die sogenannte WEEE-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzt.
Der Theorie nach sind auf diese Weise seit dem 1. Juli 2022 auf einen Schlag 25.000 neue Rücknahmestellen für Elektroschrott entstanden. Für die Bundesregierung ist das auch deshalb wichtig, weil die EU-Richtlinie seit 2019 eine Mindestsammelquote für Elektroaltgeräte von 65 Prozent vorgibt. Zuletzt lag diese Quote in Deutschland jedoch mit 44,1 Prozent im Jahr 2020 deutlich darunter. Doch welchen Erfolg hat die Rücknahmepflicht für Elektrokleingeräte seit ihrer Einführung gebracht? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat in mehreren Kölner Supermärkten, Discountern und Drogeriemärkten den Praxistest gemacht.
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Was haben wir getestet?
Um zu sehen, wie gut das Elektro-Recycling bei Supermärkten und Drogerien funktioniert, haben wir den Keller ausgeräumt und sind anonym losgezogen: In insgesamt 10 Filialen von Aldi, Rossmann, Lidl, DM, Kaufland, Rewe und Netto haben wir eine Stichprobe gemacht: Wird unser Elektroschrott entgegengenommen? Wie verbraucherfreundlich funktioniert die Rückgabe? Wie gut ist das Personal über das Gesetz informiert? Und was passiert mit dem Schrott nach der Abgabe?
Was ist das Ergebnis?
Zumindest eine Bilanz fällt positiv aus: Wir sind unseren Elektroschrott in jeder besuchten Filiale losgeworden. Am verbraucherfreundlichsten ging das in der Ehrenfelder Kaufland-Filiale. Dort wurde ein Sammelbehälter gleich neben den Abgabestellen für Batterien aufgestellt. In allen anderen Fällen wurde hingegen schnell klar: Wer sich nicht selber aktiv über die gesetzliche Rückgabepflicht informiert hat, wird seine Geräte vermutlich nicht los. Wir mussten die Mitarbeitenden aktiv ansprechen, denn Aushänge oder Informationstafeln gab es kaum.
Hinzu kam: In zwei Fällen waren die Mitarbeitenden nicht über die Rücknahmepflicht informiert. So mussten wir bei Aldi Süd die gesetzliche Lage erst einmal selbst erklären. Erst nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten wurde unser defekter Joghurtbereiter entgegengenommen. Ähnlich erging es uns in einer Lidl-Filiale in der Innenstadt. Verbraucherfreundlichkeit und ein gutes Informationsangebot gehen anders, lautet somit unsere Gesamtbilanz.
Wie wird das Angebot von Kunden angenommen?
Kaum verwunderlich ist daher, dass das Rückgabeangebot im Einzelhandel seit seiner Einführung offenbar kaum genutzt wird. Lidl etwa sagt gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, das Angebot werde bisher nur verhalten aufgenommen. Auch sonst heißt es auf Nachfrage bei den Mitarbeitern von Netto, Rossmann und Co., dass bisher kaum Kunden ihren Elektroschrott in den Läden abgeben würden.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in eigenen stichprobenartigen Tests. Man führe in regelmäßigen Abständen mit regional wechselnden Schwerpunkten Tests zur Rückgabe von Elektroschrott in deutschen Supermärkten und Drogerien durch, sagt Thomas Fischer, DUH-Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Schuld für die geringe Nachfrage nach den Rücknahmeangeboten sieht der Umweltverband beim Handel – und hat deshalb Norma, Rewe und den Drogeriemarkt Müller wegen besonders gravierender Mängel bei der Elektroschrottrücknahme verklagt.
„Dass der Handel behauptet, Verbraucherinnen und Verbraucher würden das Rücknahmeangebot gar nicht nutzen, ist eine bodenlose Frechheit“, kritisiert Thomas Fischer. „Würde der Handel intensiver informieren und verbraucherfreundlicher Altgeräte zurücknehmen, dann sähen die Sammelergebnisse sicherlich ganz anders aus.“
Was passiert mit dem Schrott?
Supermärkte und Händler sind nicht nur dazu verpflichtet, ausrangierte Elektrogeräte anzunehmen, sondern auch, sie fachgerecht zu entsorgen. Philip Heldt, Umweltexperte bei der Verbraucherzentrale NRW, fasst das Prozedere so zusammen: „Die Supermärkte registrieren sich beim Elektro-Altgeräte-Register. Das ist die Organisation, die die Elektro-Abholung verwaltet. Von dort aus wird ein zertifiziertes Logistikunternehmen damit beauftragt, den Elektroschrott abzuholen und den richtigen Recyclinganlagen zuzuführen.“
Ob diese Vorgehensweise von allen Supermärkten eingehalten wird, ist für den Verbraucher naturgemäß schwer nachvollziehbar. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei unserer Stichprobe wenig bis gar nicht über das Gesetz informiert waren, konnten sie uns oft auch nicht sagen, wie mit dem Elektroschrott verfahren wird.
Die Unternehmen betonen auf Nachfrage, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben halten würden. So heißt es etwa von Rossmann „Der abgegebene Elektroschrott wird in unseren regionalen Verteilzentren sortenrein gesammelt und anschließend von zertifizierten Dienstleistern abgeholt.“ Ähnlich formuliert es Lidl. Rewe informiert über seine Internetseite darüber, dass sie mit dem Dienstleister Interseroh zusammenarbeiten. Bei anderen Supermärkten, etwa bei Aldi, findet man auf der Unternehmenswebseite keine Informationen zum Prozedere.
„Dadurch, dass die Abholung für die Supermärkte kostenlos ist, sollte man hoffen, dass die meisten Geschäfte es auch umsetzen. Wenn man als Kunde aber das Gefühl bekommt, dass der Elektroschrott einfach weggeschmissen wird, sollte man sich an die lokale Abfall-Behörde wenden.“
Was muss besser werden?
Thomas Fischer von der DUH sagt: „Eine verbraucherfreundliche Rücknahmepraxis ist kein Hexenwerk.“ Fischer schlägt etwa vor, dass Supermärkte professionelle Sammelbehältnisse in der Nähe des Kassenbereichs vorhalten sollten. „Um lange Wartezeiten zu vermeiden, braucht es außerdem ausreichend geschultes Personal.“ Dieses sei nötig, um sicherzustellen, dass die Geräte auch richtig entsorgt werden. „Neben einer verbraucherfreundlichen Rücknahmepraxis ist jedoch auch eine gut wahrnehmbare Kundeninformation zu Rückgabemöglichkeiten zwingend notwendig.“ Informationsschilder sollten im Eingangsbereich, an der Kasse und im Ausgangsbereich ausgehängt werden, so Fischer.
Auch Philip Heldt von der Verbraucherzentrale fordert bessere Informationen für Kunden: „Der Handel verdient viel Geld mit dem Verkauf von Elektrogeräten. Deswegen muss er sich auch um die Rücknahme kümmern.“ Mit mehr Sichtbarkeit, etwa durch größere Informationstafeln und gut platzierte Sammelboxen, würde die Abgabequote auch nach oben gehen.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) betonte dagegen kürzlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass der Handel zwar grundsätzlich zu seiner Verantwortung hinsichtlich der umweltgerechten Rücknahme und Entsorgung von Elektroaltgeräten stehe. Doch die zusätzliche Belastung durch die neuen Vorgaben bedeuteten einen erheblichen Mehraufwand und zusätzliche Belastungen für den Einzelhandel.