Es ist ein besonderes Vergnügen, den Besuchern von Rolf Hirschberg auf die Beine zu schauen. Die meisten verändern ihre eingeschlagene Richtung gleich beim Betreten des Geschäfts, weichen nach rechts aus oder machen einen großen Schritt nach links, als befände sich in der Mitte ein abgesperrter Bereich oder ein Hindernis. Das trifft jedoch nicht zu, im Gegenteil. Auf dem Boden des Geschäftsraumes sind im Grunde nur Dinge, die gezielt angefertigt wurden, um mit Füßen getreten zu werden. Allerdings sind die Teppiche, die Rolf Hirschberg und seine Lebensgefährtin Christel Blume verkaufen, so besonders, dass man sich zunächst kaum traut, darüber- zulaufen. Vielleicht auch deshalb nicht, weil Teppiche – wie Blume es ausdrückt – „eine Seele haben“.
Das seit ehedem in der Neumarkt-Passage beheimatete Geschäft ist spezialisiert auf alte und antike Teppiche, Kelims (Flachgewebe) und Textilien, die aus den klassischen Knüpfländern stammen. Für Hirschberg stellt die Teppichkunst eine großartige Verbindungslinie zwischen seinen Interessensgebieten Geschichte, Ethnologie, Völkerwanderung, Klimakunde und Architektur dar. „Diese Zusammenhänge machen es so spannend“, sagt der Mann, der nach eigenen Worten eine „Mischung aus Teppichhändler, Kunsthändler und Einrichter“ ist.
Diese Zusammenhänge machen es so spannend.
Sein Credo lautet: Immer ausgefallen, niemals zugeschnitten oder eingepasst. Er hat eine klare Präferenz für wenig gemusterte oder gar ungemusterte Teppiche. Obwohl man auch einzelne Designerstücke – etwa von Jan Karth – bei ihm findet, geht er nicht mit der Mode. Er hat die Erfahrung: „Sobald der Markt eine Idee aufgreift, nachdem er festgestellt hat, dass sich damit Geld verdienen lässt, gehen die Qualität und der Preis runter, und man verliert an Exklusivität.“
Keine Konkurrenz zur Wand
Wenn Christel Blume die Schätze im Laden zeigt, etwa ein an der Wand hängendes Schultertuch aus Sumatra, das sowohl in den Farben als auch in dessen flächiger Anordnung stark an Bilder von Mark Rothko denken lässt, versteht man ihre persönliche Zurückhaltung bei der Garderobe. Blume trägt ausschließlich Schwarz, um nicht in Konkurrenz mit den Farbkompositionen an der Wand oder auf dem Boden zu treten, die sie schlicht „überwältigend“ nennt. Außerdem fasziniert sie, dass die uralten Muster wie Schachbrett, Zickzack oder Quadrate jede Mode überdauert haben und in den Augen vieler Betrachter sogar ganz streng modern wirkten.
Manche der Türteppiche, wie sie einst vor den Türen von Klöstern hingen, um Dämonen am Eindringen zu hindern, haben nur deshalb überlebt, weil die Seide, wie Blume erläutert, „von der Farbe zusammengehalten“ wird. Ungefärbt wären die Textilien längst brüchig und damit natürlich auch nicht mehr so schön.
Dabei sei Harmonie nur ein Kriterium beim Teppichkauf, sagt Hirschberg. Genauso wichtig sei Spannung. Beides zusammen werde vom Kunden oft unterschätzt. Der messe die Fläche eines Raumes, die er bedecken wolle, und komme anschließend mit der Frage ins Geschäft: „Haben Sie einen blauen Teppich in zwei mal drei Meter?“
Hirschberg, der seine schönsten Stücke seit Jahren regelmäßig auf der Cologne Fine Art präsentiert, weiß um die Ausstrahlungskraft eines kurdischen Senneh, eines alten Nomadenteppichs oder eines schlichten Kelims. Der Teppich ist in hohem Maße gestalterisches Element, betont er. Dies werde mitunter vom Kunden oft übersehen.
Teppichkunst Hirschberg, Neumarkt 18a (Neumarkt Passage) 50667 Köln, Telefon: 0221/2 53 22 32 Öffnungszeiten: Montags bis freitags 11 bis 19, samstags bis 17 Uhr.
www.teppichkunst-
hirschberg.de