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Ministerin Gebauer in der KritikNRW bleibt dabei – keine Maskenpflicht für Schüler

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Seit dem 2. November gibt es keine Maskenpflicht mehr in Schulen. Ob das eine gute Idee war?

Düsseldorf – Während Bundesländer wie Saarland, Bayern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg die Maskenpflicht im Schulunterricht wieder eingeführt haben, bekräftigt die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) ihre Haltung, den Mund- und Nasenschutz nicht mehr obligatorisch anzuordnen.

Das Infektionsgeschehen an Schulen in Nordrhein-Westfalen bewege sich weiterhin auf niedrigem Niveau, teilt das Schulministerium in Düsseldorf mit: Im Zeitraum zwischen dem 04. November und dem 10. November 2021 hätten die weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen die Durchführung von insgesamt 2.298.717 Antigen-Schnelltests gemeldet, von denen 2.488 positiv ausfielen (0,11 Prozent, in der Vorwoche: 0,07 Prozent).

Gebauer

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer

Dazu sagt Gebauer: „Das spürbar zunehmende Infektionsgeschehen in der Gesellschaft spiegelt sich in unseren Schulen bislang kaum wider. Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind keine Infektionstreiber. Im Gegenteil: Die Testungen in Schulen sind eine starke Barriere gegen die Pandemie und eine wirksame Infektionsbremse.“ Es sei ein Verdienst der Schulen, die konsequent und professionell das Infektionsgeschehen mit den Testungen überwachten. „Damit tragen sie zur Sicherheit auch in anderen Lebensbereichen bei“, so Gebauer.

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Vertrauen auf die Testpflicht

Die NRW-Landesregierung setzt im schulischen Bereich auf die Testpflicht. Gerade erst hat sie den Beschluss gefasst, das Schülerinnen und Schüler an Grund- und Förderschulen sowie an Schulen mit Primarstufe vom kommenden Jahr an statt nur einer künftig zwei Lolli-Test-Proben abgeben.

Die erste Probe gelangt in einen Pool – sollte dieser ein positives Ergebnis aufweisen, steht sofort die zweite Probe zur Verfügung, die dann individuell ausgewertet wird. Mit dieser Methode will Gebauer Präsenzunterricht „verlässlich absichern“.

Der Haushaltsausschuss bewilligte gestern die entsprechenden Finanzmittel, dazu die Ministerin: „Ich freue mich, dass der Haushalts- und Finanzausschuss heute den Weg auch für das neue Jahr frei gemacht hat für eines der strengsten Testverfahren deutschlandweit mit Selbst- und PCR-Lolli-Tests in den nordrhein-westfälischen Schulen. Damit sichern wir den Schulbetrieb auch nach den Weihnachtsferien weiter ab."

Lob für die Schülerschaft

Unterdessen kritisieren Verbände und Opposition im Düsseldorfer Landtag die Abschaffung der Maskenpflicht, wobei sie gleichzeitig Lob für Schülerinnen und Schüler spenden, die freiwillig den Mund- und Nasenschutz im Unterricht beibehalten.

So erklärt Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbands in NRW: „Rückmeldungen aus den Schulen belegen, dass der überwiegende Anteil der Schülerinnen und Schüler die Maske weiterhin freiwillig tragen, um sich und die Mitschüler vor Ansteckung zu schützen.“ Sie leisteten damit auch Vorsorge im Hinblick auf die Familie und vor allem die Großeltern. „Schülerinnen und Schüler sind hier offensichtlich lernfähiger als die Politik“, so Bartsch.

Der beste Infektionsschutz sei die Impfung, doch dies brauche Zeit. „Deshalb wäre es klug gewesen, die Maskenpflicht beizubehalten, um den Infektionsschutz so vollständig wie möglich zu sichern. Das Testen alleine reicht nicht aus“, so der Präsident des Lehrerverbands. „Durch geringeren Schutz provozieren wir Quarantäne und damit wieder Distanz- beziehungsweise Wechselunterricht, den wir unter allen Umständen vermeiden wollen. Andere Bundesländer sind zur Maskenpflicht zurückgekehrt. Bei den steigenden Inzidenzzahlen gerade bei den Zwölf- bis 18 jährigen ist das Ganze ein Tanz auf dem Vulkan! Deshalb ist jetzt nicht die Zeit für Lockerungen und Experimente!“

Auch nach den Rückmeldungen, die Sabine Mistler, Vorsitzende des Philologenverbands NRW, bekommt, behalten an vielen Gymnasien Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte Masken freiwillig auf. Dies führe mitunter zu Unsicherheiten und Gruppenzwang, wenn andere die Masken nicht tragen. „Nach unserem Eindruck wünschen sich sehr viele Lehrkräfte tatsächlich zum jetzigen Zeitpunkt eine solch klare Entscheidung wie in Bayern“, so Mistler. „Die Tatsache, dass einige Gesundheitsämter die Quarantänen für Schülerinnen und Schüler nicht aussprechen, die neben oder vor beziehungsweise hinter einer positiv getesteten Person sitzen, trägt dazu bei, dass viele schon eher die Maske weiter tragen.“ Mistler beklagt, dass durch drei Testungen pro Woche unter Aufsicht der Lehrkräfte Unterricht ausfalle. Man müsse ernsthaft überlegen, ob diese Testungen nicht ausgelagert und durch andere Personen durchgeführt werden könnten.Für den Philologenverband sei entscheidend, dass der Präsenzunterricht sichergestellt bleibe und alles dafür getan werde, dass alle Beteiligten „mit einem möglichst guten Gefühl in die Schule gehen können“. Wichtig seien zudem Verlässlichkeit und Ruhe für das Schließen von Lernlücken, die durch Corona entstanden sind. Darüber hinaus seien die psychosozialen Probleme bei vielen Schülerinnen und Schülern nicht zu unterschätzen. „In diesem Gesamtkontext ist deutlich anzuführen, dass die Lehrkräfte auch gerade in dieser Zeit enorm gefordert sind, denn sie müssen den Lernstoff aufholen und parallel fortsetzen und dabei die unterschiedlichen Wissensstände und emotionalen Befindlichkeiten berücksichtigen.“

Eltern beklagen Realitätsverlust der Politik

Franz-Josef Kahlen, den Vorsitzenden der Elterninitiative Raumluftfilter, lässt die Politik der Landesregierung „sprachlos“ zurück. „Die Landesregierung operiert scheinbar auf einem anderen Planeten“: Normaler Unterricht sei eine Illusion. Glücklicherweise seien viele Schülerinnen und Schüler vernünftiger als Politiker und trügen die Maske freiwillig am Sitzplatz. „Der Realitätsverlust der Handelnden ist mit Händen zu greifen: In Zeiten rasant anwachsender Fallzahlen unter Schülerinnen und Schülern bleibt die verantwortliche Schulministerin Gebauer dogmatisch bei ihrer Entscheidung, die Maskenpflicht auszusetzen. Damit macht sie den Jüngsten in der Gesellschaft ein zynisches Infektionsangebot.“

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Kritik kommt auch von der Opposition. Jochen Ott, Bildungsexperte der SPD, bezeichnet die Abschaffung der Maskenpflicht als Fehler. „Eltern und Lehrkräfte sind dadurch regelrecht verunsichert. Sie fragen sich, was die aktuellen Corona-Entwicklungen für die Situation an den Schulen bedeuten. Aber die Landesregierung gibt keine Antwort darauf. Sie hat die Wiedereinführung der Maskenpflicht bisher noch nicht einmal erwogen. Damit trägt sie den Konflikt über das richtige Vorgehen in die Schulen und Klassen und überlässt die Verantwortung vollständig bei den Lehrkräften sowie den Eltern und ihren Kindern.“

Ott-SPD

Der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag: Jochen Ott

Um sichere Präsenz auch bei den aktuell dynamischen Entwicklungen zu gewährleisten, sollte die Landesregierung die Maskenpflicht zum Schutze vor allem der ungeimpften Kinder wieder einführen, sagt Ott. Die Teststrategie sei zwar ein zentraler und wichtiger Baustein, die Maskenpflicht biete aber zusätzliche Sicherheit für einen dauerhaften Unterricht in Präsenz. „Masken sind weniger einschränkend als Quarantäne.“