Bad Münstereifel-Iversheim – „So langsam wird es hier unheimlich“, sagt Christian Rollow. Seit einer Woche ist er als freiwilliger Helfer in Iversheim. Auch elf Tage nach dem verheerenden Hochwasser sind längst nicht alle Häuser wieder bewohnt, manche sogar nie wieder bewohnbar.
Wie viele es sind, das wird sich zeigen. Bei einer ersten Bestandsanalyse durch Statiker sind die Gebäude, die nicht sicher sind, mit einem blauen X besprüht worden.
„Das ist auch ein Zeichen für die Helfer, dass sie nicht gedankenlos in ein Haus rennen, um es beispielsweise leerzuräumen“, sagt Rollow.
Menschen realisieren, wie schlimm es die Heimat erwischt hat
Jetzt, so der 35-Jährige, wo der größte Teil des Schutts aus dem Ort herausgeräumt ist, realisierten die Menschen erst, wie schlimm es ihre Heimat erwischt habe. „Ein Mann hat mir berichtet, dass er nachts nicht schlafen könne, weil er immer noch das Rauschen höre“, so Rollow. Ein anderer habe stundenlang um sein Leben gekämpft.
Kreis Euskirchen: Anlaufstellen und Beratung
Hotlines des Kreises Euskirchen: Bürgerfragen, Helfer
Beratung bei seelischen Krisen in der Hochwasser-KatastropheViele Menschen haben in dieser Zeit sehr belastende Erfahrungen gemacht und teilweise traumatische Situationen erlebt. Das Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen bietet unter folgender Telefonnummer entsprechende Hilfe an:
In Teilen des Kreises ist die Stromversorgung noch unterbrochen. Betroffen sind vor allem noch Bad Münstereifel und die Euskirchener Innenstadt.
Hotline der Bezirksregierung
Für Betroffene der Flutkatastrophe hat die Bezirksregierung Köln eine Hotline eingerichtet. Unter 0221/1472206.
Bargeld-Versorgung
Dokumente und EC-Karte von der Flut weggeschwemmt – was nun? Immer mehr Menschen im Kreis melden sich bei den Kreditinstituten, weil sie nicht wissen, wie sie an Bargeld kommen. Aber auch die Institute selbst sind in hohem Maße vom Hochwasser betroffen. Zahlreiche Geldautomaten funktionieren nicht, ganze Filialen sind aufgrund der Zerstörungen geschlossen. Was können die Betroffenen tun, um an Geld für das Lebensnotwendige zu kommen? Ein Überblick.
Teilweise habe er sich an einem Stromkabel im Wasser festgehalten – aus purer Verzweiflung. Die teilweise traumatischen Erlebnisse der Nacht zum 15. Juli werden viele Menschen sicherlich nie vergessen, ist sich der Helfer sicher. In einem Haus an der Ley ist es eine Sonnenblume, die Kraft spendet. „Die hat heute Morgen jemand vorbeigebracht.
Es sind die kleinen Zeichen, die einem Mut machen“, sagt die Bewohnerin des zerstörten Hauses. Am Haus direkt gegenüber fehlt eine Außenwand – das sind die sichtbaren Wunden, die das Hochwasser hinterlassen hat. Auch sichtbar an den völlig zerstörten Autos, die an der L194 stehen.
„Die unsichtbaren Wunden gilt es zu finden. Die Menschen, die seelische Schäden erlitten haben – denen gilt es zu helfen“, sagt ein Polizist, der mit zwei Kollegen am Ortseingang an der Euskirchener Straße/L194 kontrolliert, dass nur Helfer und Iversheimer in den Ort kommen. Im Zentrum sind Kerzen und ein Holzkreuz aufgestellt – als Zeichen der Anteilnahme für die Toten im Ort und im gesamten Kreis.
Ein handgeschriebenes Schild weist darauf hin, dass an der Stelle nichts abgeladen werden soll. Eine Bitte, der nachgekommen wird. An vielen Häuser wird den Helfern gedankt. Oft mit einem großen, handgeschriebenen Danke auf einem weißen Stück Stoff. Oder auf DIN-A4-Blättern, die an die Scheiben der geöffneten Fenster geklebt sind. „Das tut gut. Der Ort wird sicherlich gestärkt aus der Katastrophe herausgehen“, glaubt Rollow, der so lange helfen möchte, wie es nötig ist.
Mehr als 30 Bilder hat Susanne Eichen nach dem Hochwasser auf der Wiese in der Nähe ihres Hauses in der Straße Auf dem Waasem gefunden. „Ich habe das Gefühl, bei uns wurden aus halb Bad Münstereifel Sachen angespült“, erzählt die Iversheimerin. Da ihr eigener Gartenzaun den Wassermassen zum Opfer gefallen sei, habe sie die Bilder mit Freiwilligen am Ende der Straße an einen Zaun gehängt. „Ich hoffe, die Besitzer kriegen ihre Erinnerungen zurück“, sagt sie. Unter den Bildern – auch schwarz-weiße – seien viele von Familienfeiern. Auch eine Urkunde mit Geburtstagsgrüßen der Bundeswehr aus Afghanistan wurde gefunden. (mit smh)