Bad Münstereifel – Sarah Grütz und David Müller helfen bei den Aufräumarbeiten nach der Flut in Bad Münstereifel – und sind mittlerweile hierher gezogen. Das sind ihre Eindrücke und Erlebnisse:
„Wir sind eigentlich nur nach Bad Münstereifel gekommen, um nach unseren Freunden zu sehen, die wir bis dahin nicht erreicht hatten. Gleichzeitig ist uns klar gewesen, dass jede Hilfe gebraucht würde. Die Solidarität und der Zusammenhalt der Menschen haben uns so begeistert, dass wir entschieden haben, unsere Zelte in Köln abzubrechen und hierhin zu ziehen.
Drei Monate nach dem Hochwasser sind die meisten Wohnungen und Häuser entkernt – unsere Hauptaufgabe ist es inzwischen, Menschen zu helfen, die Anträge auf Staatshilfe auszufüllen, und: mit Menschen zu reden.
„Wir kennen jeden Bewohner mit Vor- und Nachnamen“
Ich (David) kam gerade aus einer burnoutbedingten Phase der Arbeitslosigkeit und hatte deswegen Zeit, längerfristig zu helfen. Das war einerseits belastend, andererseits total sinnstiftend. Unsere Arbeit hat sich schnell vom Ausräumen von Wohnungen zu Koordination von Hilfe verlagert: Am Sammeltreff am Rathaus konnten sich Menschen eintragen, die Hilfe benötigen, da standen Adressen, und sonst nichts.
Niemand wusste, was wo zu tun ist, wieviele Helfer gebraucht werden, welche Werkzeuge, welche Expertise. Einmal standen 30 Leute vor einem Ladenlokal und wollten eine Kette bilden – de facto wurden aber höchstens acht gebraucht. Wir sind dann – in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr – in alle Keller und Wohnungen reingegangen und haben Listen erstellt, wo wie viele Helfer benötigt werden. Dadurch kennen wir jetzt fast jedes Haus – und deren Bewohnerin und Bewohner mit Vornamen.
Wir hoffen, dass sich ein Teil der Solidarität bewahren lässt und überlegen, einen Fluthilfeverein zu gründen.
„Es überwiegen die positiven Seiten“
Hilfe wird hier noch jahrelang benötigt – dass wir inzwischen Probleme haben, Fluthelferscheine ausgestellt zu bekommen, weil es von den Behörden heißt, der Katastrophenfall sei beendet, ist ein Witz. Dass Behörden nicht auf solche Katastrophen vorbereitet sind, ist das eine. Es wurden aber auch Helfer schroff behandelt und weggeschickt, eine Boulevardreporterin hat sich das Gesicht mit Schlamm beschmiert, bevor sie auf Sendung ging.
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Es gab Menschen, die sich in der Not bereichern wollten. Plünderungen. Die positiven Seiten überwiegen.
Uns haben vorher Unbekannte, denen wir geholfen haben, für drei Monate kostenlos eine Ferienwohnung zur Verfügung gestellt. Wenn wir mal nach Köln mussten, haben uns vorher Unbekannte ihren Autoschlüssel gegeben. Wir freuen uns, in Bad Münstereifel zu bleiben. Und den Wiederaufbau in den nächsten Jahren mitzuerleben und mitzugestalten.“
Aufgezeichnet von Uli Kreikebaum.