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Nach Kirchen-SanierungBlankenheim lässt alte Wallfahrtstradition wieder aufleben

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Die Georgsbüste steht auf dem Altar in der Blankenheimer Pfarrkirche. Sie ist neun Kilo schwer, aus Silber und mit Gold verziert. Hergestellt wurde sie um 1500.

Neun Kilo schwer, aus Silber und mit Gold verziert ist die Georgsbüste von Blankenheim, die um 1500 hergestellt wurde.

Die Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Blankenheim wurde sechs Monate saniert. Die Maßnahme hat insgesamt 400.000 Euro gekostet.

Die Kirche soll luftiger und heller werden. Das war das Ziel der rund 400.000 Euro teuren Innensanierung von St. Mariä Himmelfahrt. Seit Rosenmontag war die Kirche deshalb geschlossen, das Ausweichquartier die Kapelle auf Hülchrath. Am Sonntag öffnet die spätgotische Hauptkirche in Blankenheim wieder ihre Tore. Für die Gläubigen dürfte es ein Aha-Erlebnis sein. Alle Wände sind frisch weiß gestrichen. Das verleiht dem langen, schmalen Gotteshaus, das eng an die Felshangseite des Schlosses gebaut worden ist, eine neue lichte Höhe.

Doch genau diese Felsnähe war auch einer der Gründe für die Sanierungsmaßnahme, die zu 60 Prozent vom Bistum Aachen, zu 30 Prozent von der Kirchengemeinde und zu 10 Prozent von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz finanziert worden ist. Bis auf 1,40 Meter Höhe über die ganze Breite des Kirchenschiffes war die Wand durchfeuchtet, was eine aufwendige Sanierung des Putzes nötig machte.

In der Pfarrkirche in Blankenheim gibt es nun auch WLAN

Zudem stand ein größeres allgemeines Reinigungsprogramm auf der Agenda. Die Decke, die schöne Strahlenkranzmadonna über dem Altar, alle Fenster und die Orgel wurden gründlich gesäubert. An den drei Chorfenstern mit den bildlichen Darstellungen der drei Rosenkränze wurden zudem Schadstellen in der Bleiverglasung behoben.

Auch beim weiteren Ausstattungsprogramm der Kirche gab es Änderungen. Die Figuren des heiligen Joseph und der Gottesmutter wurden von der Längsseite zum Eingang versetzt. Dort wurden auch offenbar in den 1980er-Jahren eingebaute, aber nicht mehr benötigte Kirchenbänke beseitigt – der Sitzplatzbedarf ist nicht mehr gegeben.

Im Altarraum der Blankenheimer Pfarrkirche ist eine Strahlenkranzmadonna zu sehen. Sie glänzt im Sonnenlicht, das durch die bunten Chorfenster fällt.

Glänzt im Sonnenlicht, das durch die Chorfenster fällt: Die Strahlenkranzmadonna von St. Mariä Himmelfahrt wurde gereinigt.

Zwei Männer, Pfarrer Andres Züll (links im schwarzen Hemd) und Markus Schmitz (rechts im roten Hemd) halten in der Pfarrkirche von Blankenheim zwei Tuchreliquien fest, die zum Kirchenschatz gehören.

Zwei der Tuchreliquien, die zum Kirchenschatz gehören, zeigen Pfarrer Andres Züll (l.) und Markus Schmitz.

Ebenfalls aus einer Sanierungsphase vor rund 40 Jahren stammten künstliche Ziegelbemalungen rund um die Fenster. Auch sie wurden nun weiß überstrichen. Kleinere Maßnahmen kommen dazu: Zusätzliche Stangen aus Sicherheitsgründen auf den Emporenbrüstungen, neue Elektroleitungen, neue Sanitäranlagen in der Krypta. Oder auch die Erneuerung des Oberflächenwasserabflusses entlang der Längsseite der Kirche.

Und Mariä Himmelfahrt hat nun einen ganz direkten Zugang nach oben: Es gibt ein WLAN, etwa für Livestreaming von Heiligen Messen. Dieser Zugang zum Himmel ist allerdings durch ein Passwort geschützt.

Nach mehr als 50 Jahren findet wieder eine Wallfahrtswoche statt

In Verbindung mit der Wiedereröffnung der sanierten Kirche soll auch die Tradition Blankenheims als Wallfahrtsort wieder aufleben. Erstmals seit mehr als 50 Jahren veranstaltet die GdG Blankenheim-Dahlem daher ab Montag in der Pfarrkirche eine Wallfahrtwoche.

Die Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt in Blankenheim.

Die Kirche wird nach sechsmonatiger Sanierung wieder geöffnet.

„Man soll euch zeigen ein Stück von dem Kopftuch der heiligen Jungfrau Sank Gertrud.“ In dieser und anderen Aufforderungsformulierungen an den Zelebranten in einem aus dem 15. Jahrhundert stammenden und heute im Nationalarchiv in Prag aufbewahrten Heiltumbuch ist das begründet, was Blankenheims Pfarrer Andreas Züll zu einer besonderen Renaissance bewogen hat. Denn dieser und weitere liturgische Texte beweisen für Züll Blankenheims Wallfahrtstradition.

Sie beziehen sich unter anderem auf in der Pfarrkirche aufbewahrte Reliquien der Heiligen Walburga, Gordian, Laurentius, ein Stück des Tischtuchs des letzten Abendmahls, des Schweißtuchs der Gottesmutter Maria und vor allem auf das in einer neun Kilo schweren Silberbüste aus dem 15. Jahrhundert zu sehende Schädelstück des heiligen Georg. Einmal im Jahr, zuletzt in den 1950er-Jahren, so Markus Schmitz, Ortshistoriker und Vorsitzender des Pfarreiausschusses, wurden die Reliquien den Gläubigen gezeigt. Jahrhunderte zuvor, nachweislich zwischen 1450 und dem 17. Jahrhundert, war dies zunächst in der ehemaligen Schlosskirche geschehen. Zwischen 1495 und 1505 wurde St. Mariä Himmelfahrt offenbar auch deshalb erbaut, um dem wachsenden Pilgerstrom nach Blankenheim Herr zu werden.

In anderen Orten sind Pilgerwochen schon lange im Angebot

„Warum sollen wir diese Wallfahrtstradition nicht wieder aufleben lassen?“, so Züll. Etwa in Aachen, Kornelimünster, Steinfeld (Hermann-Josef-Dienstage) und Baerweiler (Lilienmadonna) sind solche Pilgerwochen schon lange im liturgischen Angebot. In der GdG Blankenheim-Dahlem gibt es sie ebenfalls seit Jahrhunderten in Freilingen und Berk (14 Nothelfer). In Blankenheim wird lediglich zum Georgsfest am 23. April seit dem vergangenen Jahr die Georgsbüste feierlich erhoben und zur Anbetung ausgestellt.

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Blankenheim da eine Chance lange ungenutzt ließ, hat ihn jetzt Schmitz erbracht. Er habe sich immer gefragt, welche Bedeutung einige der kleinen Figuren der mittelalterlichen Schnitzaltäre haben, die in einem neugotischen Rahmen in der Pfarrkirche aufgestellt sind.

Die Heiligenfiguren verweisen auf Reliquien im Kirchenschatz

„Die Figuren stammen aus dem Jahre 1460 und sind aus baltischer Eiche“, zitiert Schmitz ein dendrochronologisches Gutachten. Er entdeckte etwa an einer Figur das „Attríbut“ des heiligen Laurentius: einen Rost, auf dem der Märtyrer den Flammentod für seinen Glauben starb. Angeblich soll er seine Folterer aufgefordert haben, ihn umzudrehen, da er auf der einen Seite schon „gar“ geworden sei.

Welchen Sinn aber sollten solche und andere Heiligenfiguren haben, wenn nicht den, auf vorhandene Reliquien im Kirchenschatz zu verweisen? Mehrfach konnte Schmitz Übereinstimmungen nachweisen. Und auch das weitere Figurenprogramm in der Kirche deutet auf die Pilger- und Wallfahrtstradition hin.

Im Kirchenraum stehen unter anderem der heilige Matthias – schon 1636 wurde in Blankenheim eine Matthias-Bruderschaft gegründet, die einmal pro Jahr zum Apostelgrab nach Trier pilgert. Eine Plastik des heiligen Jakobus deutet an, dass der Ort immer Station der Jakobswegpilger war. Alles Gründe genug, am Tag nach der Wiedereröffnung der Pfarrkirche eine Wallfahrtswoche zu beginnen.


Das Programm in Blankenheim

Zahlreiche Veranstaltungen sind im Rahmen der Wallfahrtswoche in Blankenheims Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt geplant.Sonntag, 11. August, 18 Uhr, Wiedereröffnung der Pfarrkirche mit einer Heiligen Messe. Montag, 12. August, 19 Uhr, Pilgermesse mit Erhebung und Verehrung des Abendmahltuches und der Heiltumstücher des heiligen Gordian, der heiligen Gertrud, der heiligen Walburga und des heiligen Laurentius. Dienstag, 13. August, 19 Uhr, Orgelkonzert mit GdG-Kantorin Christina Kochen, Musikstücke zum Marienleben, Texte von Markus Schmitz. Mittwoch, 14. August, 20 Uhr, Pilgermesse mit Erhebung und Verehrung des Heiltumstuches der Gottesmutter, im Anschluss an die Messe Reliquienprozession. Donnerstag, 15. August, 15 Uhr, Pilgeraktion für Kinder, gestaltet vom Kindergarten St. Mariä Himmelfahrt, Blankenheim. Freitag, 16. August, 19 Uhr, Pilgermesse mit Erhebung der Georgsreliquie und Einzelsegen mit der Reliquie. Sonntag, 18. August, 11 Uhr, Heilige Messe zum Patrozinium mit Kräuterweihe, Abschlussmesse der Heiltumswoche.