Kreis Euskirchen – Der Aufzug, der künftig im Kreishausanbau hinauf ins dritte Obergeschoss fährt, ermöglicht keinen Stopp in den Geschossen darunter. Gesichert durch eine Schleuse, ist er ebenso wie das Treppenhaus nur für Autorisierte nutzbar.
Sicherheit wird bei der künftigen Rettungsleitstelle im Anbau groß geschrieben. Denn das supermoderne Zentrum der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen soll selbst vor möglichen Terrorangriffen oder allen erdenklichen Naturkatastrophen geschützt sein. So soll die Außenfassade mit der Verglasung auch dem heftigsten Sturm oder einem Aufprall von Teilen trotzen können.
Die komplette Etage unterm Dach wird vom übrigen Kreishausbetrieb hermetisch abgeschlossen sein. Sie ist komplett reserviert für die Gefahrenabwehr.
Noch bedarf es etwas Fachkenntnis und Vorstellungsvermögen, sich ein Bild davon zu machen, wie es hier künftig aussieht. Zwar sind überall die Arbeiter mit dem Innenausbau beschäftigt, doch mit der Fertigstellung des Anbaus ist frühestens in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen. Und die Leitstelle wird als letztes umziehen.
Sie bildet das Herzstück der in drei Bereiche gegliederten Etage. Vor allem die Flutkatastrophe hat deutlich vor Augen geführt, wie schnell Kapazitätsgrenzen erreicht oder überschritten werden. Und dass es für Ausfälle immer einen Plan B, also eine Rückfallebene geben muss.
Die Zahl der Leitstellenplätze, an denen die Disponenten die Notrufe über die 112 entgegennehmen, um dann die Einsatzkräfte zu alarmieren und zu unterstützen, wird mit zehn im Vergleich zur jetzigen Leitstelle verdoppelt. Diese Arbeitsplätze werden so angeordnet, dass alle den riesigen Bildschirm am Kopfende im Blick haben.
Warnsysteme
Wie bisher setzt der Kreis auf die Warnapps Nina mit für den Kreis Euskirchen 169 500 Nutzern (Stand Januar 2021) und Katwarn mit 30 000 Nutzern (Stand 18. Januar 2022). Allerdings, so Landrat Markus Ramers, müsse bei diesen Warnsystemen inhaltlich nachgebessert werden, damit es nicht wieder zu einer Inflation von Warnmeldungen komme.
Cell Broadcasting, über das Handys gezielt per SMS informiert werden können, ist bundesweit in Vorbereitung.
Aktuell sind die Kommunen dabei, bei der Bevölkerungswarnung über Sirenen aufzurüsten. Katastrophenalarm konnte zuvor bereits in Bad Münstereifel, Schleiden, Dahlem und Weilerswist gegeben werden. Nachdem Euskirchen 2020 insgesamt 37 Sirenen angeschafft hat, haben nun folgende Kommunen Bedarf angemeldet: Blankenheim (11), Hellenthal (18) Nettersheim (5), Mechernich (38), Weilerswist (6) und Zülpich (36). (ch)
Zudem können sechs weitere Plätze aktiviert werden. Drei davon stehen den Rettungsleitstellen in Düren und Heinsberg für den Fall zur Verfügung, dass es dort Probleme gibt. Diese beiden Leitstellen halten ihrerseits Kapazitäten für den Kreis Euskirchen für den Fall bereit, dass die Euskirchener Leitstelle trotz aller Vorbeugung ausfiele. Sollten die Notrufleitungen glühen und die Kapazität der Leitstellenplätze noch nicht reichen, können weitere Notrufannahmeplätze besetzt werden. Defizite, die sich in der Flutkatastrophe ergeben haben, sollen mit Inbetriebnahme der neuen Leitstelle abgestellt werden. Eine unterbrechungsfreie Stromversorgung wird durch mehrere Systeme garantiert. Außer dem Batterieraum versorgen Notstromaggregate die Technik. Belüftung und Wasserversorgung sind ebenfalls gesichert.
Für den Ausfall von Datennetzen und Telefonleitungen, etwa durch Ausfall der Vermittlungsstelle der Telekom, gibt es künftig eine Rückfallebene. Im Bereich des von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst genutzten Digitalfunks, der sich als anfällig für Stromausfälle erwiesen hat, soll es laut Landrat Markus Ramers im Hinblick auf mögliche Blackout-Szenerien zur Verlängerung der Akku-Laufzeiten in den Basisstationen kommen. Sollten die Netze gar keinen Datenverkehr und Telekommunikation mehr ermöglichen, geht es künftig über die Satellitenkommunikation von „Space X“, die Elon Musk für den Kreis in einer Vorabversion zur Verfügung stellt. Damit sollen auch die Koordinierungsstellen der Feuerwehren im Kreis ausgestattet werden. Einige Kommunen, so Ramers, seien schon bei der Beschaffung.
Platz für die Stäbe
Gleich neben der Leitstelle gibt es einen Bereich mit Sozialräumen. Die Leitstellenmannschaft wird künftig im 24-Stunden-Schichtbetrieb Dienst tun. Dazu wird das Team um zwölf Stellen aufgestockt.Im Krisen- und Katastrophenfall muss aber nicht nur die Leitstelle funktionieren. Gleich neben ihr befindet sich der Führungsstab, der im Katastrophenfall die operativen Einsätze im Kreis leitet und koordiniert. Etwas weiter entfernt und räumlich getrennt ist ein Bereich für den Krisenstab, der Platz für 65 Personen bietet. Den Rest der Etage belegen die Mitarbeiterbüros der Abteilung 38 (Gefahrenabwehr).
Bei den Baukosten für den Kreishausanbau in Höhe von 39,76 Millionen Euro, so Ramers, halte sich bislang trotz allgemeiner Baukostenverteuerung alles im veranschlagten Rahmen. Auch bei der Leitstellen-Technik erwartet der Kreis keine Kostensteigerungen gegenüber der Planung. Für Planung und Kosten der Leitstellentechnik sind 5,73 Millionen veranschlagt.