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Reiten mit SteckenpferdHobby Horsing in Zülpich ist nicht nur niedlich, sondern Sport

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt das Mädchen, wie es mit einem Steckenpferd einen Parcours bewältigt.

Emma Poensgen ist mit ihrem Ostwind zügig im Springparcours in Zülpich unterwegs.

Der Fahrverein St. Medardus Zülpich bietet auch Hobby Horsing an – also auf Steckenpferden Hindernisse zu bewältigen.

Rico hat die Haare schön. Mia hat ihm die Mähne kunstvoll eingeflochten, schließlich soll er schick aussehen beim Turnier. Dass Rico kein Vierbeiner ist, sondern ein Steckenpferd, macht da keinen Unterschied. Wie ein echtes Pferd hat er auch eine Kopfnummer, also ein Schildchen mit seiner Startnummer am Zaumzeug.

Hobby Horsing heißt es auf Neudeutsch, wenn Kinder mit ihren Steckenpferden Dressuraufgaben absolvieren und Hindernisse überspringen. Sportlich ist das auf jeden Fall, und manche Heranwachsenden nehmen das auch sehr ernst. Auf dem Gelände des Fahrvereins St. Medardus am Zülpicher Wassersportsee steht aber mehr der Spaß im Vordergrund. Und den haben nicht nur die Mädchen, sondern auch die Zuschauer. Das Turnier ganz ohne Pferde ist ein Programmpunkt der zweitägigen Veranstaltung, mit der der Verein die Saison beendet.

Vorteil beim Hobby Horsing: Herunterfallen ist praktisch unmöglich

Mia Scharmachs Blick auf das Hobby Horsing ist ein durchaus pragmatischer. Was der Vorteil gegenüber dem richtigen Reiten ist? „Man kann nicht runterfallen“, sagt die Achtjährige. Wie alle Teilnehmerinnen kommt sie aus einer pferdebegeisterten Familie, sie weiß, wie es ist, vom Pony zu fallen. Und dass „richtiges Reiten“ eben nicht nur Reiten heißt, sondern auch, sich um Pferd oder Pony zu kümmern. Vergnügt erzählt ihr Großvater, dass er der Enkelin ein Schild an die Box ihres Ponys gehängt hat: „Zum Reiten geboren, zum Misten gezwungen“ stehe darauf.

Emma Poensgen hat schon eine ganze Reihe Turniere auf ihrem Pony bestritten. Und doch macht es ihr Spaß, sich das Steckenpferd zwischen die Beine zu klemmen und über – natürlich kleine – Hindernisse zu springen. Ostwind heißt das Ross aus Holz und Plüsch, nach dem Filmpferd. „Ich liebe Pferdefilme“, sagt die Achtjährige mit einem überzeugenden Augenaufschlag. Und sie liebt ihren Ostwind, allerdings: „Manchmal ist er ganz schön wild!“

Hobby Horsing ist ein toller Sport für Kinder.
Mutter von Emma Poensgen

Beim Zülpicher Turnier gibt er sich aber deutlich weniger stürmisch als der kalte Wind, der Teilnehmern und Zuschauern um die Ohren pfeift. „Hobby Horsing ist ein toller Sport für Kinder“, findet Emmas Mutter Zdenka Poensgen. Vater René Poensgen sieht es eher aus dem praktischen Blickwinkel: Es mache wenig Aufwand, man müsse kein Pony verladen und zum Turnier mitnehmen. Er selbst hat gleich zwei Pferde dabei, denn er ist ein erfolgreicher Fahrer. Ein bisschen neidisch schaut er auf den Preis, den seine Tochter einheimst: eine Tüte Süßigkeiten. „Ich kriege immer nur so blöde Sachen wie Hufkratzer“, murrt er.

Bei allem Spaß – und dem erheblichen Niedlichkeitsfaktor – ist Hobby Horsing durchaus sportlich. Die Aufgaben müssen im Trab oder Galopp absolviert werden. Auch wenn das Viereck natürlich kleiner ist als ein echter Reitplatz, gilt es, bestimmte Linien – der Reiter nennt das Hufschlagfiguren – einzuhalten. Und im Miniatur-Springparcours müssen die Sportlerinnen den Überblick bewahren und die richtige Linie finden, um möglichst schnell und fehlerfrei ins Ziel zu kommen. Ein gutes Training für spätere Turniere.

Zülpich: Hobby Horsing nur ein Programm von vielen

Das Hobby Horsing war nur einer von mehreren Programmpunkten, die dafür sorgten, dass die beiden Turniertage zu einem gelungenen, bunten Wochenende für Pferdefreunde wurden. Bei einer Gelassenheitsprüfung ging es nicht ums Reiten, sondern darum, das Pferd an der Hand mit Dingen zu konfrontieren, die dem Fluchttier nicht geheuer sind, aber denen man beim Reiten oder Fahren in der Natur durchaus mal begegnen kann. Bei „Dog and Drive“ musste ein Team-Mitglied mit seinem Hund einen Agility-Parcours bewältigen, während das andere mit Pferd und Kutsche ein Kegelfahren absolvierte.

Doch in erster Linie ging es an dem Wochenende natürlich ums Fahren. Ausgeschrieben war ein WBO-Turnier, also ein Turnier, das nicht nach der Leistungsprüfungsordnung ausgerichtet wird, sondern nach der Wettbewerbsordnung.

Das Bild zeigt ein Gespann während des Fahrturniers in Zülpich.

Weil sie flink sind und wendig, sind die Ponys den Großpferden im Geländeparcours durchaus ebenbürtig.

Das Bild zeigt das Mädchen, das in die Kamera lächelt. In der Hand hält es ein Steckenpferd.

Mia Scharmach wartet mit ihrem Rico auf den Start beim Hobby Horsing.

„Dann sind die Vorschriften weniger streng“, erklärt Dorit Santema, zweite Vorsitzende des Fahrvereins St. Medardus Zülpich. Die Wagen müssten beispielsweise nicht mit Lampen ausgestattet sein, vor allem aber brauchten die Fahrerinnen und Fahrer keine Turnierlizenz, die Pferde müssten nicht eingetragen sein.

WBO-Turniere seien für Leute, die noch nicht lange Kutsche fahren, eine gute Gelegenheit herauszufinden, ob das wettkampfmäßige Fahren für sie das Richtige sei. Andererseits nutzten erfahrene Fahrerinnen und Fahrer sie gern, um junge Pferde Turnierluft schnuppern zu lassen.

Die tatsächlichen Anforderungen sind kaum anders als bei LPO-Turnieren, in Zülpich waren die Klassen E und A ausgeschrieben. Auf das Wasserhindernis müssten die Teilnehmer allerdings diesmal verzichten, auch zum Bedauern der Zuschauer, die sonst die spektakulären Bilder genießen, wenn die Gespanne in hohem Tempo durch den Tümpel pflügen.

Am Wassersportsee war Drachenfest, entsprechend dicht besetzt waren die Parkplätze, auch unmittelbar neben dem Hindernis. „Mit den an- und abfahrenden Autos hätte das gefährlich werden können“, sagt Dorit Santema. Wie beliebt der Saisonabschluss in Zülpich ist, beweisen die Teilnehmerzahlen: Gut 45 Gespanne waren am Start.


Fahrverein Zülpich: Vereinsmeister ermittelt

Im Sommer hatte der Fahrverein St. Medardus Zülpich die Rheinischen Meisterschaften der Gespannfahrer ausgerichtet. Jetzt, zum Saisonende, ging es um die Titel der Vereinsmeister. Bei dieser Meisterschaft gibt es lediglich zwei Klassen: Pony und Pferd.

Ob ein oder zwei Pferde vor der Kutsche gehen, ist für die Wertung egal. In drei Disziplinen müssen die Fahrerinnen und Fahrer ihr Können – und das ihrer vierbeinigen Sportpartner – unter Beweis stellen. Bei der Dressur geht es vor allem um die feine Kommunikation zwischen dem Mensch auf dem Kutschbock und dem Pferd. Beim Kegelfahren ist dann Präzision gefragt, wenn das Gespann zwischen eng gestellten Hütchen hindurchmanövriert wird.

Auf der Geländestrecke schließlich geht es um Tempo und darum, komplizierte Hindernisse zu durchfahren. Bei den Ponys sicherte sich Johanna Biermann den Titel ganz knapp vor Georg Weber mit weniger als einem Punkt Unterschied. Sie war zweispännig unterwegs, er einspännig. Hanns Georg Mostert war bei den Pferden erfolgreich.