SegelsportEin Nachwuchssegler aus Zülpich hat die deutsche Meisterschaft im Visier

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Florian Tempel hängt über dem Wasser und steuert sein Segelboot durch die Wellen.

Führt die deutsche Rangliste an und ist auf dem Weg zur Meisterschaft: Florian Tempel vom RSC Zülpich.

Der 15-jährige Segler Florian Tempel aus Zülpich-Wichterich liegt in der deutschen Rangliste in seiner Altersklasse ganz weit vorne.

Das muss man auch erst einmal schaffen: Als Florian Tempel vor fünf Jahren – da war er zehn Jahre alt – zum ersten Mal in einem Segelboot der Klasse Opti an einem Wettbewerb teilnahm, wurde er sofort Dritter. „Als wir hier hinzogen, wollte ich was Neues ausprobieren und habe den Ruder- und Segelclub gefunden“, erzählt der 15-Jährige, der mit seiner Familie in Wichterich lebt und das Zülpicher Franken-Gymnasium besucht.

Florian Tempel stammt aus der Schweiz, die Familie zog 2018 aus Illnau in den Kreis Euskirchen. Von Zürich nach Zülpich sozusagen. Vor dem Umzug fuhr er BMX-Rad und schwamm, er hatte aber auch schon überlegt, mit dem Segeln anzufangen. Dabei hat er familiär keine Berührungspunkte mit dem Sport. Heute ist seine Mutter Nadine im Vorstand des Ruder- und Segelclubs Zülpich (RSCZ).

In der deutschen Rangliste liegt Florian Tempel mit Abstand vorn

Aktuell fährt Tempel in der Deutschen Rangliste der Bootsklasse O'pen Skiff. In seiner Altersklasse belegt er mit deutlichem Vorsprung Platz eins. „Es läuft gut“, sagt er bescheiden. Gleich fünf seiner sieben Regatten in diesem Jahr hat er gewonnen: zweimal auf der Alster, je einmal auf der Eckernförder Bucht, dem Elfrather See und dem Geierswalder See. Am Steinhuder Meer wurde er Zweiter, bei der Eurochallenge in Italien Zwölfter. „Aber da war das Boot kaputt und ich habe die schwarze Flagge gesehen.“

Konkurrenz beim Kampf um die Meisterschaft kommt auch aus Zülpich: Julia Marie Kölkebeck (Jahrgang 2010) ist momentan Gesamtvierte, aber mit mehr als 15 Punkten Rückstand. Auf den Zweitplatzierten, Joris Feese (Jahrgang 2009) vom Hamburger Segel-Club, hat Tempel, Jahrgang 2008, mehr als neun Punkte Vorsprung auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft.

Ende Juli nimmt Florian Tempel an der Weltmeisterschaft am Gardasee teil

Seit 2020 fährt der Wichtericher in der O'pen-Skiff-Klasse. „Das Boot ist viel schnittiger und schneller, nicht so eine Nussschale. Aber es ist auch wackeliger“, beschreibt er die Unterschiede zum Opti. Natürlich war der Erfolg nicht direkt da. In der neuen Klasse fuhr er zunächst im Mittelfeld mit.

2021 nahm er schon an allen Regatten in NRW teil, 2022 fuhr er erstmals zum Wettkampf nach Leipzig und belegte bei starkem Wind Platz vier. Außerdem war er „nur so aus Spaß“ bei der WM in Maubuisson. 2023 fuhr er erstmals zu allen Regatten in Deutschland und belegte den dritten Platz bei der deutschen Meisterschaft. Bei der WM segelte er auf Rang 18. Die Weltmeisterschaft steht auch dieses Jahr an. Vom 28. Juli bis 2. August startet er am Gardasee.

Florian Tempel sitzt auf seinem Segelboot am Zülpicher See.

Still ruht der See: Florian Tempel ganz entspannt mit seinem Boot am Ufer.

Wenn man in ganz Deutschland antritt, hat man natürlich auch eine gewaltige Strecke zu bewältigen. Rund 10.000 Kilometer in rund sieben Wochen, schätzt Mutter Nadine Tempel. „Von Frühjahr bis Oktober bin ich fast jedes Wochenende unterwegs, etwa nach Hamburg, Dresden oder Lübeck“, erzählt Florian Tempel.

Der Neupreis für ein O'pen-Skiff-Boot beträgt rund 4000 Euro

Ohne die Unterstützung seiner Eltern würde das natürlich nicht funktionieren. Auch finanziell. Ein O'pen-Skiff-Boot kostet neu rund 4000 Euro. Die nächste Klasse, Ilca 4, ist teurer. „Aber es gibt die Boote auch gebraucht“, weiß Tempel. Natürlich braucht er auch Equipment für seinen Sport, einige Teile, darunter die Segel, verschleißen. Hinzu kommen Fahrt- und Unterbringungskosten. „Die Suche nach Sponsoren oder Förderungen ist deshalb wichtig“, sagt André Hauschke, selbst erfahrener Segler und Pressewart des RSCZ.

Entgegenkommend sei auch das Franken-Gymnasium. Sollte der Schüler an einem Freitag mal früher losmüssen, ist das in der Regel problemlos möglich. Seine Mitschüler wissen natürlich, dass er segelt – und das auch recht erfolgreich. „Sie erzählen mir von den Zeitungsartikeln, die ihre Eltern gelesen haben“, sagt der 15-Jährige.

Trainiert wird bis zu zweimal pro Woche auf dem Zülpicher See

Trainiert wird vor allem in der Zeit ohne Regatten. Dann ist Florian Tempel ein- bis zweimal pro Woche auf dem Zülpicher See zu finden. In den Wettkampfwochen ist das seltener der Fall: Wenn überhaupt trainiert er dann nur einmal pro Woche. Wind muss natürlich vorhanden sein, auch Leichtwind. Da es in Zülpich nur wenige O'pen-Skiff-Segler gibt, ist er oft beim Training alleine und muss sich selbst Markierungen setzen. Das Training alleine dauert etwa eine Stunde, in einer Gruppe können es gerne auch mal zwei bis drei Stunden sein. „Mein Tipp an dich: Komm mit dem Fahrrad von Wichterich nach Zülpich. Das gibt dir zusätzliche Fitness“, rät ihm Hauschke.

Am liebsten würde sich Florian Tempel mit dem deutschen Meistertitel vom O'pen Skiff verabschieden – und einem Platz unter den ersten fünf bei der Weltmeisterschaft. Denn in Deutschland darf er nur bis zur Altersklasse U17 in dieser Bootsklasse an Wettkämpfen teilnehmen. 2025 wird er sich umgewöhnen müssen und vermutlich auf einem Boot der Klasse Ilca 4 starten, das länger, breiter und schwerer ist als sein aktuelles Boot und ein größeres Segel hat. „Ich werde zunächst wieder klein anfangen“, sagt der 15-Jährige. Da ist sie wieder, diese Bescheidenheit des Nachwuchssportlers, der so schön das R rollt.

Florian Tempel will zu den Olympischen Spielen 2032 oder 2036

Aber er will auch schnell wieder angreifen. Denn Florian Tempel hat ein Ziel. Er möchte zu den Olympischen Spielen oder es in das deutsche SailGP-Team schaffen. Olympia 2028 sei noch zu früh. „Aber ich habe schon einmal gerechnet: 2032 oder 2036 könnte ich gut schaffen“, sagt er trocken.

Dass es Florian Tempel weit bringen kann, glaubt auch André Hauschke. „Er ist leicht und er hat das Feeling im Hintern“, lobt er ihn. Im Verein sieht er aktuell zwei Nachwuchssegler, die es weit bringen können. Neben Florian Tempel sei das Lasse Deges, der schon in der Ilca-Klasse segelt, sich aber schwer verletzt hat. „Wenn beide weitermachen, dann wird was daraus“, ist sich Hauschke sicher. Potenzial habe aber auch Julia Marie Kölkebeck.

André Hauschke rät: Trainiere und messe dich mit besseren Seglern

Als erfahrener Segler gibt er Tempel den Ratschlag, den Fokus auf die Regatten zu legen, „bei denen es gilt“. Natürlich seien Siege immer schön. Allerdings gehe es darum, mit besseren Seglern zu trainieren. „Aber Florian traut sich zu, sich mit den Besseren zu messen. Selbst wenn man dann vorne steht, gibt es noch Ziele: Dann sollte man den Abstand zum Zweiten vergrößern“, formuliert es Hauschke.

Grandios fand der Senior, wie sich Florian Tempel zuletzt beim „Goldenen Geier“ am Geierswalder See durchgesetzt hatte. „Manchmal gewinnt man eine Regatta eben auch am grünen Tisch“, sagt Hauschke. Tempel hatte eine Regelwidrigkeit bemerkt und sein Recht eingefordert. „Auch die Wettkampfleitung macht manchmal Fehler“, so Hauschke. Sie hatte beim Start der vierten Wettfahrt das Vier-Minuten-Signal und das Hochziehen der Flagge vergessen. Wegen des fehlenden Signals war es dem 15-Jährigen nicht möglich, seine Zeit genau zu nehmen, weshalb er nicht perfekt starten konnte.

„Normalerweise bedeutet das einen Abbruch“, erzählt Tempel. Weil die Mitsegler den Lauf allerdings benötigten, überstimmten sie den Wichtericher, der die Streichung gefordert hatte. Also beschwerte er sich offiziell – und bekam Recht. Der Lauf wurde annulliert, Tempel rutschte von Platz zwei auf Platz eins. „Es ist absolut legitim, sein Recht einzufordern, wenn man dadurch eine Regatta gewinnt“, findet Hauschke. „Die Wettkampfleitung hatte im Vorfeld gesagt, dass wir uns an alle Regeln halten. Dann muss sie das auch tun“, erklärt Tempel.

Zum Schluss hat Hauschke noch einen weiteren Tipp für den Nachwuchssegler: „Konzentrier' dich auch auf die Schule und ein Studium und lerne immer schön Englisch. Das brauchst du, um stark und klar zu werden.“


Keine WM-Teilnahme von Hauschke – Erfolgreich beim Bostalkapp

Die Enttäuschung bei André Hauschke ist groß. Eigentlich wollte er an diesem Wochenende mit seinem Worrell-1000-Mitstreiter, dem in Spanien lebenden Niederländer Gerard Loos, an der F18-Weltmeisterschaft an der Costa Brava teilnehmen. Doch ihr Boot, mit dem sie ein Langstreckenrennen vor der Ostküste der USA bestritten hatten, befindet sich noch auf dem Atlantik und kommt nicht rechtzeitig zum WM-Auftakt an. Die WM-Teilnahme in Loos' Wahlheimat mussten die beiden deshalb notgedrungen absagen. „Das ist bitter“, kommentiert Hauschke, dessen Fokus nun auf der EM am Gardasee liegt, die Mitte Juli auf dem Programm steht.

Beim Bostalkapp des Segelclubs Nord-Saar, der bei leichtem Wind stattfand, waren Zülpicher Segler erfolgreich. So hatte sich Maurice Schwarz vom Verein Bocholter Hochschulsegler 2000 Florian Späth vom RSCZ als Vorschoter geholt und die Hobie-16-Klasse gewonnen. Yannick und Paulina Holbach segelten auf die unterste Stufe des Treppchens. Weitere Starter der Zülpicher waren Mirko Brosch/Birgit van Hansen (7.) und Markus und Claudia Holbach (14.).

In der Klasse Hobie 14 kam Klaus Zuchel vom RSCZ auf den zweiten Platz, André Hauschke segelte auf Platz fünf. „Es war nicht mein Wind“, so Hauschke.

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