Dreis-Brück – Jacques Berndorf alias Michael Preute ist in der Eifel eine Institution.
Er ist einer der Triebfedern für den Boom regionaler Krimiliteratur, und von seinen Büchern, darunter 23 Geschichten über den Journalisten und Ermittler Siggi Baumeister, hat er sechs bis sieben Millionen Werke verkauft. „Wie viel genau, darüber streiten sich die Geister“, sagt Jacques Berndorf, der am 22. Oktober 80 Jahre alt wird.
Der Autor, einer der erfolgreichsten deutschen Krimischriftsteller, ist hoch dekoriert: 2003 erhielt er vom „Syndikat“, der Vereinigung deutschsprachiger Krimi-Autoren, den „Ehren-Glauser“ für sein Lebenswerk.
Im Dezember 2007 hat ihm Kurt Beck, der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, den Verdienstorden des Landes verliehen.
Sein Markenzeichen war bislang die Pfeife
Bei zahlreichen Auftritten und Lesungen hat sich Berndorf viele Sympathien erworben.
Die etwas knurrige Art, wie er freimütig von seiner früheren Alkoholsucht, seinen Problemen und Verfehlungen, aber auch seinem Ausweg aus der Sucht und seiner Liebe zur Eifel erzählte, machte jedem Beobachter klar: Der weiß immer, wovon er spricht. Als Journalist hatte er auch von extrem harten Einsätzen in Vietnam, im Libanon, in Südafrika und Kolumbien berichtet.
Sein Markenzeichen in der Eifel war bislang die Pfeife. Mit ihr hat er sich gerne den Fotografen präsentiert, und auch in seinen Siggi-Baumeister-Krimis kommen die guten Stücke vor.
Doch damit ist nun offenbar Schluss: „Ich habe die Pfeife aufgegeben, weil ich sie nicht mehr schmeckte. Im Alter lässt eben alles nach: Sehen, Hören, Schmecken. Ich rauche jetzt Zigaretten – um der Qualmerei willen“, sagt er. In seinem Büro stehen zwei große Schüsseln voll mit den erlesensten Rauchwerkzeugen. Die will Berndorf irgendwann einem sehr guten Freund schenken.
Besteht Anlass zur Sorge, wenn die Pfeife nicht mehr schmeckt? Im Jahr 2013 erschien sein letzter Siggi-Baumeister-Krimi „Eifel-Krieg“. 2015 veröffentlichte er noch den fünften BND-Roman um Karl Müller mit dem Titel „Lockvogel“.
Noch vor einigen Tagen sagte er seinem Verlag, er habe bereits einen neuen Eifelkrimi in der Mache. „Aber wer weiß... In meinem Alter muss man in anderen zeitlichen Dimensionen denken“, wurde er zitiert.
Am vergangenen Freitag wirkte Berndorf hingegen sehr resigniert: „Ich schreibe zurzeit einfach nicht. Der Grund ist eben das Alter. Das Schreiben wird auch wohl nicht wiederkommen“, sagt er dieser Zeitung.
Früher habe er mit Leidenschaft geschrieben. Das habe nun aufgehört: „Das ist schwierig, aber es führt kein Weg drum herum, man muss es akzeptieren.“ Seine Fans hingegen werden sehnlichst hoffen, dass es doch noch weitergeht: Vielleicht gelingt es Berndorf ja, seine Schreibblockade zu überwinden.
Er war die Story, die niemand bringen wollte
Die Antwort auf die Frage, auf welchen Teil seiner Arbeit er heute besonders stolz sei, ist bemerkenswert: „Die ,Gebrauchsanweisung für die Eifel’ (erschienen 2007 bei Piper, d. Redaktion) würde ich als mein Meisterstück bezeichnen“, sagt er. Und damit gibt er seiner Liebe für diese Region neuen Ausdruck. Die Eifel hat er 1984 kennengelernt, als er als freier Autor über den Regierungsbunker in Marienthal an der Ahr recherchierte und damals in Berndorf einen Bauernhof mietete. Gegen alle Widerstände staatlicher Behörden und namhafter Journalisten war er die Story, die zunächst niemand bringen wollte, angegangen. „Es war eine ziemlich ekelhafte Erfahrung“, beschrieb er einmal die Situation, als Journalist ein Thema zu haben, an dem sich niemand die Finger verbrennen wollte. Als der „Spiegel“ die Geschichte schließlich veröffentlichte, sei die Hölle los gewesen. Zwei Bücher folgten, und für seine Krimis legte Michael Preute sich damals das Pseudonym Jacques Berndorf zu. Seinen Journalisten-Job hatte Berndorf von der Pike auf erlernt: Nach etlichen Jahren bei mehreren Tageszeitungen kam er zur Münchener Quick und danach zur Presseagentur von Josef von Ferenczy. Er „brannte“ für seinen Job, trank aber auch immer mehr, um Kriegsgräuel verarbeiten zu können.
Wenn er heute auf sein Leben zurückblickt, könne er eine ganz positive Bilanz ziehen, sagt Berndorf. „Die Eifel hat einen großen Anteil daran. Sie hat mich ruhig gemacht und mir enorm dabei geholfen, gelassen zu werden.“ 1996 kaufte er in Dreis-Brück ein Haus aus dem Jahr 1876. Im Jahr 2000 heiratete er seine Angelika. „Ich hab’ Schwein. Sie sorgt für mich und ich komme selbst noch verdammt gut klar“, sagt er, als er auf sein 1994 erschienenes Sachbuch „Wenn du alt wirst in Deutschland“ angesprochen wird, in dem auch die Angst vor dem Altersheim thematisiert wird.
Im Frühjahr wurden übrigens bei Berndorf, der seine Alkoholsucht erfolgreich bekämpft hat, 60 Flaschen pfälzischer Spätburgunder abgeliefert. Das hatte mit seinem gut recherchierten Krimi „Die Nürburg-Papiere“ von 2010 zu tun. Die Lieferung stammte vom ehemaligen und in die Kritik geratenen Ministerpräsidenten Kurt Beck. Der hatte seine Wette, dass in fünf Jahren niemand mehr über den Nürburgring sprechen werde, verloren und löste damit seine Wettschuld ein. Ehefrau Angelika mundet der Wein dem Vernehmen nach gut...
Frühe Werke neu verlegt
Zum 80. Geburtstag von Jacques Berndorf erscheinen zwei seiner frühen Werke im KBV-Verlag, die für Berndorf-Fans sehr interessant sein dürften. Es handelt sich um zwei Fortsetzungskrimis, die 1970 und 1971 noch unter seinem richtigen Namen Michael Preute in der Zeitschrift Hörzu erschienen waren.
In dem Krimi „Auf eigene Faust“ geht es um Gert Anderson. Der Protagonist ist ein gewiefter Bankkaufmann mit Appartements in Zürich, Berlin und Frankfurt, mehreren Freundinnen und Bankkonten in verschiedenen Städten. Plötzlich stürzt Anderson in eine turbulente Kriminalgeschichte.
„Bis der Hass euch bindet“ spielt in Ascona in den Schweizer Bergen. Der Alkohol spielt eine wichtige Rolle in dem Buch – genau wie im wirklichen Leben des Autors damals. Als Dr. Andreas Krumm mit seinem Auto in einer Tour von Hamburg an den Lago Maggiore fährt, wird die achtzehnstündige Fahrt nur für Bier und Korn unterbrochen. Der 288-Seiten-Band ist im KBV-Verlag erschienen und kostet 10,95 Euro. (pe)