Futter für Hunde und Katzen im Superpremium-Bereich stellt die Firma Pro Pet Koller her. Sie hat den Nachhaltigkeitspreis der IHK erhalten.
Pro Pet KollerEifeler Firma produziert nachhaltige Tiernahrung auch mit Insekten
Wie baue ich eine Tierfutterproduktion auf? Als Markus Koller seine Masterarbeit schreibt, geht er genau dieser Frage nach und entwirft einen Bauplan für die eigene Produktion von Pro Pet Koller. Das Unternehmen führt er mit seinem Bruder Michael. Gegründet haben ihre Eltern es als Vertriebsgesellschaft, die Brüder starten 2018 in die eigene Herstellung von Nassfutter für Hunde und Katzen.
Wichtig ist ihnen der Aspekt der Nachhaltigkeit. Dafür wurden sie jetzt mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet, den die Industrie- und Handelskammer Aachen als erste IHK in NRW verliehen hat. Die Jury lobt vor allem die Einsparung des Rohstoffs Wasser in der Produktion. Mit der Firma Papstar kommt ein weiterer Preisträger aus Kall.
Produziert wird in Hellenthal, verpackt in Gemünd, versandt in Kall
Bis zu 100.000 Mahlzeiten für Hund und Katze können heute täglich produziert werden. Das Futter wird in Hellenthal zubereitet, in Gemünd werden die Dosen etikettiert und verpackt. Vom Lager in Kall werden sie versandt: deutschlandweit, in 18 europäische und in zwei asiatische Länder.
Als „Häppchen mit Sauce aus Wasser und Bindemittel“ bezeichnen Michael und Markus Koller „normales“ Tierfutter. Die Herstellung im Superpremium-Bereich, in dem sie tätig sind, sei damit nicht zu vergleichen. Metzger sind in der Produktion genauso tätig wie Köche und Lebensmitteltechnologen. Entscheidend ist das Wissen der gesamten Crew: Ist das Fleisch frisch? Sind Gemüse und Kräuter in Ordnung? Wie fein muss das Fleisch gewolft werden? All das ist Handarbeit, denn, so Markus Koller: „Der Koch entscheidet, wie gut das Menü wird.“
An diesem Tag stehen Hühnchen und Lachs mit Banane auf dem Kochplan. Es riecht nach Fisch, ein bisschen wie am Meer. Aber nicht zu streng. Markus Koller lacht, wenn er von einem früheren Produkt berichtet: Einen Seefisch habe man dafür verwendet. Und es habe ganz schön intensiv nach Fisch gerochen. Während die Katzen es geliebt haben, fanden Frauchen und Herrchen es wegen des Geruchs nicht so toll.
Firma Pro Pet verwendet Maschinen wie die Lebensmittelindustrie
Die Maschinen, mit denen in Hellenthal gearbeitet wird, sind die gleichen, die in der Lebensmittelindustrie verwendet werden. 1,5 Tonnen umfasst jeweils eine Charge fertiger Mischung in einer großen Wanne, aus der sie zur Abfüllung gepumpt wird.
Mit dem Befüllen der Dosen – auch die sind die gleichen wie in der Lebensmittelindustrie – beginnt der höher automatisierte Produktionsprozess. Zu dem auch ein paar Tricks gehören. Das Drehen der Dosen etwa. Da keine Zusatzstoffe verwendet werden, die Fett binden, bildet sich beim Kochen zwangsläufig ein Fettrand – den Hund und Katze nach Angaben der Kollers übrigens lieben. Da Frauchen oder Herrchen den aber vielleicht nicht so schön finden, werden die Dosen „auf dem Kopf“ gekocht, so dass das Fett am Ende unten in der Dose ist.
Während die Mischung beim Abfüllen sieben bis acht Grad kalt ist, müssen beim Gar- und Sterilisierungsprozess 110 Grad erreicht werden. Dazu finden 6000 Dosen gleichzeitig Platz in einem der Autoklaven, die nach dem Prinzip eines Schnellkochtopfs arbeiten. Das Kochen beschreibt Markus Koller als eine Art kontinuierliches Duschen mit heißem Wasser. Es dauert, je nach Dosengröße, zwischen 40 und 90 Minuten. Nach dem Abkühlen werden die Dosen nach Gemünd gebracht, wo Etikettierung und Verpackung anstehen, bevor die nächste Station das Anfang 2021 in den einstigen Funke-Hallen bezogene Lager im Kaller Gewerbegebiet II ist.
Die Krisen sind für die Eifeler zugleich ein Entwicklungsmotor
Für Tiernahrung werden, so die Brüder, keine Tiere extra geschlachtet: Verarbeitet wird, was für den menschlichen Verzehr zwar zugelassen ist, aber eher nicht verwendet wird – Rinderherzen beispielsweise. Hier machen sich für die Tierfutterhersteller die extrem gestiegenen Fleischpreise und der sinkende Fleischkonsum der Menschen bemerkbar.
Dies ist in ihrem Haus aber gleichzeitig ein Entwicklungsmotor für neue Produkte (siehe „Insekten als Superfood“). Ohnehin wird in Hellenthal ständig an Neuem getüftelt. Bis zu einem Jahr dauert, je nach Komplexität, die Entwicklung eines Produkts bis zur Marktreife. Smoothies und Drinks – mit Rindfleisch – sind gerade als Prototypen in der Mache.
Die Hygienestandards sind vergleichbar mit denen in der Produktion von Nahrungsmitteln für Menschen. Überwacht werden sie vom Kreis-Veterinäramt. Zudem wird von jeder produzierten Charge eine Probe in einem externen Labor analysiert, die Rückverfolgbarkeit ist jederzeit sichergestellt, in der internen Qualitätskontrolle werden zahlreiche Faktoren ständig geprüft.
Die vergangenen Jahre haben sich auch im Tierfuttermarkt bemerkbar gemacht. „Corona hat einen ordentlichen Schub gegeben“, sagt Michael Koller: „Es gab Hamsterkäufe. Und viele haben sich ein Tier angeschafft.“ Insgesamt und auch mit Blick auf die aktuelle (Inflations-)Lage bezeichnet Markus Koller das Unternehmen als krisensicher: „Es ist eine sehr emotionale Branche. Die Leute schauen ganz genau, was ihr Tier zu fressen bekommt. Teilweise mehr als bei sich selbst. Und sie sparen eher bei sich selbst als bei ihrem Hund oder ihrer Katze.“
In Kall wird in ein neues Werk samt Hochregallager gebaut
Daher ist eine offene Deklaration der Inhaltsstoffe für die Brüder unabdingbar. Aufs Etikett zu drucken, dass das Futter 80 Prozent Huhn enthält, reicht nicht. Wichtig ist, was drin ist: Vom Huhn werden neben Fleisch etwa Herz, Leber, Magen und Hals verarbeitet.
Dadurch ergibt sich auch, was nicht drin ist: Dass etwa weder Krallen noch Schnäbel oder Knochen verarbeitet sind. „Wir sagen ehrlich, was drin ist. Auch wenn wir uns dadurch kopierbarer machen“, sagt Markus Koller. Probieren kann man das Futter, dessen Konsistenz an eine Pastete erinnert, logischerweise bedenkenlos. Ob es schmeckt, sei dahingestellt – ein Mensch ist die Zubereitung ohne Gewürze eben nicht gewohnt.
Der Betrieb ist ungeachtet aller Krisen und Katastrophen kontinuierlich gewachsen. Die Mitarbeiterzahl hat sich in den vergangenen rund fünf Jahren auf heute 90 verdoppelt. Das Gros sind Vollzeitstellen.
Aktuell sind die Kollers in der Planung einer Millioneninvestition weit: Ein 15.000 Quadratmeter großes Grundstück haben sie in Kall gegenüber von Möbel Brucker gekauft. Innerhalb der nächsten gut zwei Jahre entsteht dort ein neues Werk samt Hochregallager. Bereits vor der Flut, die den Standort Gemünd schwer beschädigt hat, sind die Pläne recht konkret gewesen.
Wenn das neue Werk in Betrieb ist, werden der Standort Gemünd und das 2000 Quadratmeter große Betriebsmittellager in Harperscheid aufgelöst. Die eigentliche Produktion bleibt wegen der komplexen Technik in Hellenthal. Auch wenn die Automatisierung durch den Neubau erhöht wird, gehen die Brüder davon aus, dass sie mehr Mitarbeiter benötigen werden. „Wir werden auf keinen Fall Menschen gegen Maschinen tauschen“, sagt Michael Koller.
Insekten als Superfood
In einigen asiatischen Ländern stehen Insekten ganz selbstverständlich auf dem Speiseplan der Menschen. In der EU sind der gelbe Mehlwurm und Heuschrecken seit 2021 zur Lebensmittelproduktion zugelassen, seit diesem Jahr weitere Arten. Die Debatte über Kennzeichnungspflichten hält derweil an.
Als Superfood für Hunde haben Michael und Markus Koller neben etwa Cranberrys und Blaubeeren auch Insekten ausgemacht – genauer: die Larven der Schwarzen Soldatenfliege. Sie liefern Proteine, Mineralstoffe, Fett- und Aminosäuren. Auch der nach Angaben der Kollers sehr geringe ökologische Fußabdruck sowie die einfache Zucht sprechen für die Verwendung der Larven.
Mehrere Insektenfarmen haben Michael und Markus Koller angeschaut und sich schließlich für eine in Leipzig entschieden. Als Mus werden die Fliegenlarven in Hellenthal angeliefert und verarbeitet. Die Lieferung von Larven, aus denen sich die Fliegen entwickeln, wäre angesichts der hohen Hygienestandards in der Produktionsstätte undenkbar. Zunächst wurden Insekten in einem Mixfutter mit Huhn oder Rind verarbeitet. Ein reines Insektenfutter ist inzwischen ebenfalls erhältlich.
Ein höherer Gemüseanteil im Futter ist ebenfalls inzwischen auf dem Markt. Der sonst standardmäßige Fleischanteil von 90 bis 95 Prozent ist gesenkt worden. Einige Sorten enthalten nun 30 Prozent Gemüse. Da die Nährstoffzusammensetzungen jedoch weiterhin stimmen mussten, sei, so Michael Koller, diese Entwicklung nicht ganz einfach gewesen. Eine vegetarische Ernährung für einen Hund sei, so Koller, theoretisch möglich, allerdings seiner Ansicht nach nicht ganz artgerecht. Für Katzen sei dies jedoch ausgeschlossen – die seien eben Fleischfresser. (rha)
Die Historie des Unternehmens
Im Keller des Hauses von Werner und Veronika Koller in Nierfeld wird das Unternehmen Pro Pet 1993 gegründet. Werner Koller, bis dahin Vertriebsleiter beim Tiernahrungshersteller Quaker Latz (heute Nestlé Purina) hat beschlossen, sich als Handelsunternehmer für den Vertrieb exklusiver US-amerikanischer Tiernahrungsmarken selbstständig zu machen. Der Umzug zum langjährigen Firmensitz an der Kölner Straße in Gemünd erfolgt 1999.
Ende der 1990er-Jahre folgt mit dem Kauf der Marke Macs der Einstieg in die Produktion. Hergestellt wird das Nassfutter, dessen Rezepte die Kollers entwickeln, extern in Düren. Die Söhne Michael und Markus, heute 38 und 33 Jahre alt, steigen während ihres Studiums nach und nach ein – zuerst in den Semesterferien, dann als Teilzeitkräfte, schließlich komplett. Ihr Plan ist das eigentlich nicht gewesen – auch, da der Markt Ende der 2000er-Jahre durchaus schwierig ist.
Den elterlichen Betrieb bezeichnet Michael Koller als zu der Zeit „nicht so supersexy“: Während des BWL-Studiums hat er sich bei einer Unternehmensberatung schließlich nur mit hohen Millionenbeträgen beschäftigt. Und sein Bruder? Markus Koller hat sich im Ingenieur-Studium mit dem Bau von Turboladern beschäftigt. Seit 2016 sind Michael und Markus Koller Geschäftsführer, die Eltern ziehen sich schrittweise zurück. Die Brüder entwickeln die eigene Produktion und bauen sie ab 2018 in Hellenthal auf. (rha)