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Neuer WohnraumGemeinde Kall kauft sieben Tiny Houses für Geflüchtete

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf zwei der neuen Tiny Houses.

Die neu angeschafften Tiny Houses stehen noch an den ehemaligen Milz-Hallen in der Straße Am Hallenbad in Kall.

Die Gemeinde Kall setzt bei der Unterbringung von Geflüchteten auf mobile Unterkünfte. Aktuell wurden sieben Tiny Houses angeschafft.

Um weiteren Wohnraum für Geflüchtete bereitstellen zu können, hat die Gemeinde Kall jetzt sieben Tiny Houses angeschafft. Sechs sind für die Unterbringung von vier, eines ist für sechs Personen gedacht. Sie sollen gegenüber der Feuerwehr und gegenüber der ehemaligen Milz-Hallen im Kaller Ortskern aufgestellt werden. Trotzdem bleibt die Unterbringungssituation weiter angespannt, wie der Sachstandsbericht Asyl/Integration deutlich macht, der im Kaller Sozialausschuss vorgestellt wurde.

Die Gemeinde hat derzeit nach eigenen Angaben 22 Wohnungen oder Häuser mit 152 Plätzen zur Verfügung, die aktuell mit 143 Personen belegt sind. Vier freie Plätze sind laut Verwaltung bereits für Zuweisungen vorgesehen, so dass nur fünf übrig blieben. Seit November 2022 habe man zehn Unterkünfte mit rund 70 Plätzen anmieten können. Die meisten seien sofort mit neu zugewiesenen Personen belegt worden. „Wir haben seit einigen Monaten ein Gebäude in der Oberstraße in Golbach angemietet“, erklärte Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Die Menschen dort würden von Ehrenamtlern aus der Nachbarschaft betreut.

Markus Auel und Nancy Bormann stehen in der Küche eines Tiny House.

Die neuen Unterkünfte für Asylsuchende sahen sich Markus Auel und Nancy Bormann an.

„Für die neuen Tiny Houses werden gerade die Versorgungsleitungen verlegt“, sagte Markus Auel, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Die Firma habe auch schon die Häuser für die Flutbetroffenen geliefert, die an drei Standorten stehen. „Wir legen weiter großen Wert auf eine dezentrale Unterbringung statt großer Containeranlagen“, so Auel.

Vorteil: Tiny Houses haben schon eine Innenausstattung

Ein Vorteil der Häuser sei, dass sie komplett mit Inneneinrichtung geliefert werden: „Wir müssen nur noch Inventar wie beispielsweise Geschirr anschaffen.“ Außerdem hoffe die Gemeinde, dass der Wiederverkaufswert nach der Nutzung höher sein werde als bei Containern. In Abstimmung mit dem Kreis werde gerade ein Bauantrag vorbereitet. „Wir haben bislang gute Erfahrungen mit den Tiny Houses gemacht. Die haben sich bewährt“, so Auel.

Die sieben neuen Unterkünfte haben nach seinen Angaben 380.000 Euro gekostet. Vom Land gebe es einen Zuschuss von 355.000 Euro. Den Restbetrag müsse die Gemeinde übernehmen. Für die Aufstellung von mobilen Wohneinheiten brauche man erschlossene Grundstücke.

Arbeiter ziehen mit Hilfe eines Baggers Gräben für die Versorgungsleitungen.

Der erste Standort für die Häuser gegenüber der Feuerwehr wird gerade hergerichtet.

Die Verwaltung sei ständig auf der Suche nach Wohnraum und im ständigen Austausch mit Hauseigentümern. „Aber der hiesige Wohnungsmarkt ist abgegrast. Wir kriegen keine Angebote mehr“, erklärte der Vertreter des Bürgermeisters. Deshalb müsse man künftig weiter auf mobile Lösungen setzen: „Wir möchten keine Turnhallen oder Bürgerhäuser belegen. Die haben andere wichtige Funktionen.“ Wer eine Wohnung anbieten wolle, könne sich beim Integrationsbeauftragten Paul Neufeld melden.

Die Unterbringung, Erstversorgung, Beratung und Vermittlung der Neuzugewiesenen sei mit großen Anstrengungen und einem erheblichen Arbeits- und Kostenaufwand verbunden. Das sorge für eine deutliche personelle und finanzielle Mehrbelastung der Verwaltung. Insbesondere der Bauhof sei bei der Herrichtung und Erstausstattung der Unterkünfte stark gefordert.

Bürgermeister Esser: „Der Druck wird also nicht nachlassen“

Hinzu komme die Akquise und Besichtigung von Wohnungen, Absprachen mit Eigentümern und alle damit verbundenen vertraglichen Angelegenheiten, die viel Zeit benötigten. Außerdem ergebe sich insbesondere in der ersten Zeit nach der Unterbringung ein erhöhter Beratungsaufwand, der zusätzlich bewältigt werden müsse. „Deshalb mussten wir das Personal aufstocken. Seit Juli 2022 kümmert sich Nancy Bormann um die Betreuung der Asylsuchenden“, so Auel. Zusätzlich habe man jetzt eine 520-Euro-Kraft eingestellt, die sich um die Unterkünfte kümmere.

„Das Land NRW erwartet 2024 rund 70.000 Asylsuchende und damit 5000 mehr als in diesem Jahr. Der Druck wird also nicht nachlassen“, warnte Esser. „Wir brauchen noch mehr ehrenamtliche Helfer in der Flüchtlingsarbeit“, waren sich Friede Röcher (Grüne) und Petra Kanzler (FDP) einig. Steffi Hübner (SPD) forderte: „Ein Treffen für die ehrenamtlichen Helfer und Interessenten für eine Mitarbeit sollte zeitnah stattfinden. Die dezentrale Unterbringung ist ein Schlüssel für eine gelungene Integration.“

Auf dem Spendenkonto der Flüchtlingshilfe, das von der Gemeinde verwaltet wird, sind seit 2015 Spenden in Höhe von knapp 46.000 Euro eingegangen und rund 38.000 Euro ausgezahlt worden. In den vergangenen zwei Jahren wurden laut Verwaltung keine Mittel von dem Konto ausgegeben. „Zurzeit wird überprüft, ob aus den Spendenmitteln der Flüchtlingshilfe ein Übersetzer finanziert werden kann, der eine chronisch kranke Frau aus der Ukraine bei ärztlichen Behandlungsterminen begleitet“, erklärte der Bürgermeister.