KallViele Erinnerungen wurden weggespült – Ein Drittel des Ortes ist betroffen
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Kall-Golbach – Wenn man zurzeit durch Golbach geht, ist an vielen Ecken ein dröhnender Krach zu hören. Überall sind Bohrhämmer im Einsatz, mit denen Estrich oder Putz herausgestemmt wird. Vor allem den Bereich unterhalb der Kapelle hat es erwischt. „80 Haushalte, das ist rund ein Drittel des Ortes, sind vom Hochwasser betroffen“, berichtet Ortsvorsteher Emmanuel Kunz (SPD).
In vielen Häusern sei neben dem Keller auch das Erdgeschoss geflutet worden. „Wir haben aber noch Glück gehabt, wenn man die Schäden mit denen in anderen Orten vergleicht“, betont Kunz.
„Wir mussten mitansehen, wie ein Haus nach dem anderen voll lief“
Auch bei Bert Reißdörfer, vor Jahren selbst einmal Ortsvorsteher von Golbach, ist ein Abrisstrupp im Einsatz. „Wir hatten im Untergeschoss unser Schlafzimmer, ein Büro und eine Einliegerwohnung“, erzählt Reißdörfer, der mit seiner Frau zurzeit in einer Ferienwohnung in Broich untergekommen ist. Die Räume hätten bis zur Decke unter Wasser gestanden. „Zwei Zentimeter haben gefehlt, dann wäre es auch ins Erdgeschoss gelaufen“, erinnert sich der Golbacher.
Am Mittwochnachmittag habe er zuerst noch Gräben gezogen und Pumpen eingesetzt, um sein Mehrfamilienhaus mit drei Mietwohnungen zu schützen. „Aber irgendwann haben wir aufgegeben. Es war ein Kampf gegen Windmühlen.“ Kunz ergänzt: „Wir mussten mitansehen, wie ein Haus nach dem anderen voll lief.“ Schon gegen Mittag habe es Überschwemmungen gegeben. Dann sei das Wasser aber noch einmal gewichen, ehe es gegen 17 Uhr mit „Wucht“ zurückgekommen sei.
Die Aufräumarbeiten bei Reißdörfer laufen jetzt schon seit vier Wochen. „Böden, Estrich und Putz sowie die elektrischen Leitungen, einige Fenster und die Rollläden müssen raus“, berichtet der ehemalige Ortsvorsteher. Den Schaden beziffert er auf mehrere 100.000 Euro: „Zum Glück sind wir versichert.“
Viele haben Angst vor einer erneuten Katastrophe
Bislang habe er nie Probleme mit Hochwasser gehabt. Jetzt befürchtet Reißdörfer, dass sich solche Ereignisse wiederholen könnten. „Ich mache mir schon Gedanken, wie ich den Hochwasserschutz am Gebäude verbessern kann.“ Im Januar, so hofft er, kann er wieder nach Golbach umziehen. Normalerweise sei Hochwasser nur am Kallbach ein Thema, doch diesmal habe der Golbach für die größten Schäden gesorgt. Das Problem, so Kunz, seien die fünf Brücken über den Kall- und den Golbach gewesen: „Dort staute sich das Wasser und lief dann in die Häuser.“
Bei Caritas-Geschäftsführer Rolf Schneider ist der Kallbach „durch das ganze Haus gelaufen“. Auch ihm sei die benachbarte Brücke zum Verhängnis geworden. „Hinzu kommt, dass die Bachläufe auch nicht frei gehalten werden. Dann sind die Gewässer bei solchen Ereignissen schnell verstopft“, erklärt Schneider. Bei Karl-Heinz und Hildegard Reetz, die direkt gegenüber von Schneider auch am Kallbach wohnen, stand das Wasser mehr als einen Meter hoch im Keller. „Wir sind gerade dabei, die Fliesen und den Estrich heraus zu stemmen.
Der Putz muss auch noch runter, denn da bildet sich schon Schimmel“, sagt Karl-Heinz Reetz und zeigt auf eine Stelle. Unterstützt wird er bei den Aufräumarbeiten an diesem Tag von seinem Sohn, dem bekannten Kinderliederschreiber und -sänger Uwe Reetz, von Wolfgang Larres und Tobias Pütz. „Wir können noch froh sein. Andere hat es viel schwerer erwischt“, sagt auch Reetz. Einer, der dafür gesorgt hat, dass Golbach nicht im Müll ertrank, ist Alfons Klöcker. „Er war rund um die Uhr im Einsatz und hat mit seinem Traktor und seinem Radlader den Müll an vielen Stellen in die Container verladen“, lobt Ortsvorsteher Kunz.
Viele Helfer auch aus anderen Orten
Die ganze Familie Klöcker habe tolle Arbeit geleistet. „Neben vielen Golbachern, deren Familien und Verwandten haben auch Helfer aus anderen Orten mitangepackt“, erzählt Kunz. „Ich war noch nie so stolz, Ortsvorsteher von Golbach zu sein.“ Der Kaller Bauhof habe einen Container nach dem anderen geschickt: „Das war unfassbar.“ Auch der Inhaber des TGM Fliesenstudios in Kall habe mit einem Radlader geholfen.
Alfons Klöcker hat auch noch an seinem Haus und Grundstück viel zu tun. Schließlich stand bei ihm das Wasser zwei Zentimeter vor dem Erdgeschoss. Im Keller wird gerade gearbeitet. Die Einfahrt muss auch noch erneuert werden. „Bis Ende nächster Woche wird es hier besser aussehen“, sagt Alfons Klöcker und schwingt sich wieder auf seinen Traktor.
Seine Frau Anita ist froh, dass sie trotz allem noch Besucher in ihrem Wohnmobilhafen hat: „Ein Gast und seine Frau haben sogar bei den Aufräumarbeiten geholfen.“ Man habe die Anlage schön hergerichtet. Nun sei fast alles zerstört. „Da vorne stand mal der Info-Punkt“, sagt Anita Klöcker. Der sei weggespült worden, wie auch so manche Erinnerung: „Leute kommen zu uns und bringen uns Fotos zurück, die sie in Kall gefunden haben.“