Die Polizei nahm an mehreren Orten Motorradfahrer und deren Maschinen unter die Lupe. Innenminister Reul besuchte die Kontrollen in der Eifel.
Kontrollen in der EifelInnenminister Reul warnt Biker: „Fummelt nicht zu viel dran rum“
„Anlassen“ hieß es an diesem Sonntag bei der inoffiziellen Saisoneröffnung auf dem Nürburgring: Entsprechend „pilgerten“ die Motorrad-Fans am Sonntag zur vielleicht bekanntesten Rennstrecke der Welt. Schließlich warteten dort ein Motorradgottesdienst, ein Korso über die Nordschleife und viele andere Aktionen auf die Motorradfahrer.
„Sein lassen“ war dagegen eher das Motto, unter dem die Kontrollstelle der Polizei Euskirchen stand, die die Beamten auf dem Parkplatz „Neuhof“ an der B258 aufgebaut hatten. Mit Unterstützung der Polizeidirektionen Bonn, Siegburg, Köln, Düren und der belgischen Polizei wurden Tempoverstöße geahndet, aber auch die Fahrzeuge auf technische Veränderungen überprüft.
„Diese Kontrollen sind kein Spaß für die Polizei“, betonte Landesinnenminister Herbert Reul, der der Kontrollstelle einen Besuch abstattete. Er hatte sich vor dem Logo der Fahrsicherheitsaktion des Innenministeriums „#Leben“ aufgebaut, deren Großbuchstaben von drei Polizeibeamten gesichert werden mussten, damit sie vom böigen Wind nicht umgeweht werden konnten.
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58 Motorradfahrer starben 2023 in NRW bei Unfällen
Es sei schön, so Reul, mit dem Motorrad in die Eifel zu fahren und die Natur vom Motorrad aus zu sehen. Auch in seiner Heimatregion, dem Rheinisch-Bergischen Kreis, erlebe er das. „Kurven, schöne Landschaft, was will ein Motorradfahrer mehr“, so Reul.
Doch 58 Tote durch Motorradunfälle im vergangenen Jahr landesweit würden eine andere Sprache sprechen. Darunter würden die Familien, würden Väter und Mütter leiden. Darauf wolle die neue Kampagne aufmerksam machen. Denn meistens seien die Motorradfahrer selbst verantwortlich, so Reul. Dazu zähle nicht nur überhöhte Geschwindigkeit, sondern auch fehlende Schutzkleidung.
Nicht vergessen werden sollten aber auch die Menschen, die an den beliebten Motorradstrecken leben. Sie würden unter dem Lärm leiden, der von manchen Motorrädern ausgehe. Deshalb sei es wichtig, dass die Motorradfahrer sich an Regeln hielten. „Fummelt nicht zu viel dran rum“, formulierte er es griffig.
Landrat sieht Verkehrssicherheit im Kreis Euskirchen als Herausforderung
Es sei eine Herausforderung, die Verkehrssicherheit im Flächenkreis Euskirchen sicherzustellen, sagte Landrat Markus Ramers, der ebenfalls bei der Kontrolle dabei war. Es gehe nicht darum, jemandem sein Hobby madig zu machen, sondern dafür zu sorgen, dass jeder heil und sicher wieder nach Hause komme.
Viel Aufwand hatte die Direktion Verkehr der Euskirchener Polizei anlässlich der Saisoneröffnung betrieben. Neben einer Tempomessstelle, die in der 50 km/h-Zone aufgestellt war, gab es auch eine Kontrollstelle auf der L 115, die vom Kreisverkehr Ahrhütte bis zum Autobahnanschluss bei Tondorf führt.
Darüber hinaus waren auch das Provida-Fahrzeug aus Köln und das Provida-Motorrad aus Düren unterwegs, um Verkehrsverstöße zu ahnden. Auch zwei Beamte der Polizeizone Eifel aus dem Königreich Belgien waren wieder zur Unterstützung bei den Kontrollen dabei. „Das ist eine tolle Sache und so einfach“, lobte Reul, als ihm berichtet wurde, dass bereits seit Jahren eine Kooperation mit kurzen Dienstwegen zwischen den Behörden bestehe.
Lärm durch technische Manipulationen ist Problem für Anwohner
Viel war los auf der B258, Hunderte Motorradfahrer waren im Konvoi in Richtung Nürburgring unterwegs. Doch auch an der Kontrollstelle war viel los, auch wenn sich Ort und Zeit der Kontrolle in der Szene herumgesprochen hatten. Dennoch war reichlich Betrieb auf dem Parkplatz. Immer wieder mussten ganze Pulks von Motorrädern aus dem fließenden Verkehr herausgewunken werden.
Schon wenn die Motorräder auf den Parkplatz rollten, spitzten sich die Ohren der Beamten. Denn Lärm durch technische Manipulationen an den Maschinen ist ein permanentes Ärgernis für Anwohner. „Wir kämpfen da gegen Windmühlen“, sagte Martina Mensching, Leiterin der Polizeidirektion Verkehr in Mechernich.
„Es ist ein Wahnsinnsaufwand notwendig, um das gerichtsfest zu beweisen“, sagte Reul, der das komplizierte Messverfahren interessiert verfolgte. Es sei dabei wichtig, vor die Lage zu kommen. Im Kreis Euskirchen, der bei den Motorradfahrern sehr beliebt sei, sei man da „irre weit“, lobte der Minister. Das sei beispielhaft.
Geöffnete Auspuffklappen machen Harley fünf Dezibel zu laut
Darunter zu leiden hatte Damian Hilla aus Aachen. Seine chromblitzende Harley-Davidson erzielte Anerkennung bei den durchaus auch motorradaffinen Polizeibeamten. Was aber hinten aus dem Gefährt herauskam, begeisterte weniger. Schon auf dem Parkplatz bei einer Vormessung erregte die Maschine den Verdacht, zu laut zu sein. Bei der präzisen Kontrolle, die auf der anderen Straßenseite stattfand, bestätigte sich das: Fünf Dezibel zu laut war die Maschine. Hilla hatte Glück: Denn hätte die Messung nur ein Dezibel mehr ergeben, wäre das Motorrad beschlagnahmt worden.
Der Grund für die Lautstärke war schnell am Schlüsselbund des Harley-Fahrers gefunden: ein kleiner Stift, mit dem die Auspuffklappen geöffnet werden können. Und diese offenen Klappen waren der Grund für die zu hohe Lautstärke der Harley. Als Hilla mit dem Stift die Klappen geschlossen hatte, konnte er weiterfahren.
„Ein blödes Versehen“, entschuldigte er sich. Das Motorrad sei zerlegt gewesen und beim Zusammenbau sei vergessen worden, die Klappen zu schließen. „Normalerweise fährt man so nicht rum“, sagte er selbstkritisch. Auf der Maschine sitzend, habe er die Lautstärke nicht bemerkt.
Minister Reul: „Schwarz ist schick, aber schlecht zu sehen“
Ein anderer Motorradfahrer hatte ein ganz anderes Problem. Seine Maschine war zwar nur um ein Dezibel zu laut, doch im Auspuff fehlte der db-Eater – ein Schalldämpfer. Ohne dieses Bauteil war aber die Betriebserlaubnis erloschen, so dass er nicht hätte weiterfahren dürfen. Über einen Bekannten wurde ein Ersatzteil besorgt und eingebaut, so dass der Fahrer seine Tour fortsetzen konnte.
„Wie sehe ich denn jetzt aus!“, rief Jürgen Dackweiler aus dem Kreis Heinsberg. Anke Weber von der Unfallprävention der Polizei Euskirchen hatte ihm über die schwarze Kombi eine Warnweste gestreift und als Sahnehäubchen noch ein reflektierendes Band um den Knöchel gewickelt.
Dann fiel sein Blick auf den Minister: „Irgendwoher kenne ich Sie doch, vielleicht aus dem Fernsehen?“, scherzte er, um den Minister anschließend ordentlich die Hand zu schütteln. Doch auch der Minister monierte die schlechte Sichtbarkeit vieler schwarz gekleideter Motorradfahrer. Das sei vielleicht schick, aber schlecht zu sehen, sagte er.
Warnwesten gewinnen bei Bikern langsam an Akzeptanz
Um auf die Fahrer einzuwirken, mehr auf Schutzkleidung zu achten, hatte die Unfallprävention ein Zelt aufgebaut, in dem auch der Leiter der Notärzte im Kreis Euskirchen, Dr. Tobias Ahnert, eine Präsentation über typische Motorradverletzungen bereithielt.
Fleißig waren Anke Weber und Jörg Meyer unterwegs und verteilten Warnwesten und Reflexbänder an die Motorräder. „Das ist ein kleiner Trost für die Fahrer, denn wer hier auf den Parkplatz kommt, der muss auch zahlen“, berichtete Weber augenzwinkernd dem Minister.
Sie führte ihm auch vor, wie mit der richtigen Schutzkleidung die Folgen eines Unfalles vermindert werden können. Viele Gespräche führten Weber und Meyer mit den Motorradfahrern, um sie für eine sichere Ausstattung zu gewinnen. „Die Akzeptanz von Warnwesten steigt“, freute sich Weber.
Sie habe auch mit vielen jungen Leuten sprechen können und ihnen das Thema nahegebracht. „Wenn die Warnkleidung zu teuer ist, dann tut die Mutter doch bestimmt gerne etwas dazu“, gab sie einen pragmatischen Rat an die jungen Fahrer.
2024 gab es bereits elf Motorradunfälle im Kreis Euskirchen
72 Motorradunfälle mit Personenschaden zählte die Polizeidirektion Euskirchen im vergangenen Jahr. Dabei gab es zwei Todesopfer, 24 Schwer- und 46 Leichtverletzte.
In diesem Jahr habe es, obwohl die Saison noch gar nicht richtig begonnen habe, bereits elf Unfälle gegeben – und drei Schwerverletzte, so Achim Richerzhagen von der Führungsstelle der Direktion Verkehr. Die Ursache dabei sei oft überhöhte Geschwindigkeit gewesen.
Doch immer wieder komme es auch zu den Unfällen, bei denen Motorradfahrern die Vorfahrt genommen werde, weil die erst im letzten Moment gesehen würden. „Das ist wieder das Thema ‚Sicherheit durch Sichtbarkeit‘“, mahnte Achim Richerzhagen die richtige Kleidung an. (sev)