Im „Tatort“ wurde sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche thematisiert. Nach dem Dreh gab es jedoch nicht nur positive Rückmeldungen.
Heimbacher KlosterPfarrer bekommt nach Ausstrahlung von ARD-„Tatort“ kritische Nachrichten
Sechs Jahre, nachdem die Trappisten Kloster Mariawald verlassen haben, rückte die malerische Klosteranlage durch einen Krimi bundesweit ins Blickfeld der Fernsehzuschauer. In den derzeit leeren Räumen, die zu Zimmern eines Gästehauses umgebaut werden, wurde der jüngste „Tatort“ mit dem Titel „Schweigen“ und Wotan Wilke Möhring in der Hauptrolle gedreht.
Sechs Wochen lang war im Sommer 2023 ein bis zu hundertköpfiges Team der Produktionsfirma NordWind aus Hamburg im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks im Kloster Mariawald und Anfang Oktober weitere drei Tage in Kloster Steinfeld zu Gast. Für Pfarrer Andreas Rose, Geistlicher Leiter in Mariawald, ein beeindruckendes Erlebnis. Er mimte selbst als Komparse in dem Krimi den Benediktinerbruder Antonius, begleitete die Produktion als fachlicher Berater – und manchmal auch als Seelsorger.
Pfarrer Andreas Rose berichtet über viele Reaktionen auf den Krimi
„Die ersten Reaktionen gab es auf meinem Handy schon kurz nach Ende der Tatort-Ausstrahlung am Sonntagabend“, sagt Pfarrer Andreas Rose. Er sitzt im schmucklosen kleinen Besucherzimmer des ehemaligen Klosters Mariawald und fasst zusammen, was er in den vergangenen Tagen an Reaktionen zu diesem „Tatort“ erlebt hat: Junge und auch ältere Menschen – er zieht da die Grenze bei ungefähr 60 Jahren - hätten sich positiv zu dem Aspekt geäußert, dass das Thema Missbrauch in der Katholischen Kirche in einem Krimi thematisiert worden sei. Doch es habe auch kritische Stimmen gegeben. „Es haben sich bei mir auch Menschen gemeldet, die befürchten, dass so die Katholische Kirche und auch das Kloster Mariawald beschädigt werden.“
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Er selbst finde es gut, dass das Thema Missbrauch auch mal aus der Perspektive des Kriminalfilms beleuchtet werde, so Pfarrer Andreas Rose. Ihn habe es sogar gewundert, dass es so lange gedauert habe, bis die Thematik in einem „Tatort“ aufgegriffen wurde.
Mit der Filmcrew um Regisseur Lars Kraume und Kamerafrau Anne Bolick hatte Rose während der gesamten Dreharbeiten engen Kontakt. Man habe bei ihnen eine große Sensibilität für die Komplexität des Themas gespürt, lobt der Geistliche. Zudem war Rose auch derjenige, der half, wenn ganz praktische Fragen auftauchten: „Da ging es mal darum, was der Priester trägt, oder wie eine heilige Messe abläuft, wann man steht, wann man sitzen darf, und anderes mehr.“
Einige der eher karg eingerichteten einstigen Klosterräume wurden zudem möbliert. Alle geistlichen Räume blieben allerdings unverändert. Der Tabernakel der Klosterkirche wurde vorsichtshalber leergeräumt und das Allerheiligste in eine Kapelle ausgelagert. Gedreht wurde auch nicht zu Eucharistiezeiten.
Der Wutausbruch des Kommissars Falke am Altar der Klosterkirche von Mariawald
Am Rande der Dreharbeiten bot Rose zudem „Spontanseelsorge“ für Einzelne aus dem Filmteam an: „Da ging es um Trauer, Beziehungsprobleme und anderes mehr.“
Was die im Krimi dargestellte Thematik angeht, hatten zuvor sowohl das Bistum Aachen, der Förderverein des Klosters und auch die neue Betreibergesellschaft ihre Billigung erteilt, bestätigt Pfarrer Rose. Für ihn eine wichtige Rückendeckung: „Ich bin hier, um das alte Kloster für alle zu öffnen, auch für ein Kamerateam!“
Mitwisser, Mitläufer, Opfer und Täter sind im „Tatort“ aus seiner Sicht ebenso wie die „Vertuschungsstruktur“ in Missbrauchsfällen so realistisch dargestellt worden, „dass es mich traurig macht“, gesteht der Geistliche. Der Missbrauch des christlichen Glaubens der Opfer führt im Film zu einem spektakulären Wutausbruch von Wotan Wilke Möhring als Hauptkommissar Falke am Altar der Mariawalder Klosterkirche. Der „Tatort“ habe so die Auseinandersetzung mit Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche erneut angestoßen. Parallelen zum Fall eines Pfarrers aus dem Bistum Trier machen klar, dass ein fiktiver Kriminalfilm durchaus reale Hintergründe haben kann.
Nicht nur im Kloster Mariawald wurde „Schweigen“ gedreht. Der Sitz des Generalvikariats und des Bischofs wurde in der Prälatur des Klosters Steinfeld angesiedelt, wo die Filmcrew drei Tage im Oktober des vergangenen Jahres ihre Zelte aufbaute. „Das war ein hochprofessionelles Team. Man merkte, dass es eine ARD-Produktion ist“, lobt Christoph Böhnke, Gastgeber des Gästehauses im Kloster Steinfeld. Die im Vergleich zu Mariawald eher luxuriösen Bauten und Räumlichkeiten in Steinfeld hätten eben besser zum höheren Klerus gepasst, heißt es.
Feuerwehr der Stadt Zülpich spielte ebenfalls in diesem „Tatort“ mit
Und auch die Zülpicher Feuerwehr kam in „Schweigen“ zu einem Film-Einsatz. Die Ausgangsszene im „Tatort“ ist der Brand im Wohnwagen des Haupttäters Pater Otto, bei dem der ums Leben kommt. Die Löscharbeiten wurden von Aktiven der Zülpicher Feuerwehr vorgenommen.
Löschgruppenführer Christoph Masche leitete den Einsatz im Film. Mit dabei war ein Löschfahrzeug der Zülpicher – mit dem Kennzeichen CLZ für Clausthal-Zellerfeld bei Goslar in Niedersachsen getarnt. Des Rätsels Lösung ist ein Drehbuchdetail: „Schweigen“ soll im Harz spielen. Doch das fiktive Benediktinerkloster „St. Joseph“ ist dann spätestens am Ende des Films als das ehemalige Domizil der Trappisten in der Eifel zu identifizieren: Im Abspann bedankt sich der NDR für die Unterstützung der Dreharbeiten durch die Stadt Heimbach und das Kloster Mariawald.
Pfarrer Andreas Rose ist nun gespannt, ob die Kulisse auch andere Filmemacher anlockt. Abgelegene Klöster, umgeben von der Natur eines Nationalparks, sind in Deutschland halt nicht so häufig.