In Stille oder mit einer Veranstaltung, alleine oder in Gemeinschaft: Ganz unterschiedlich begehen die Menschen im Kreis Euskirchen den Flut-Jahrestag. Und das ist gut so.
Zwei Jahre nach der FlutPauschale Kritik ist an keiner Form des Umgangs mit dem Jahrestag angebracht
Wie wollen wir an den schlimmsten Tag erinnern, den die Region in ihrer jüngeren Geschichte erfahren hat? Eine große Veranstaltung zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe hat es nicht gegeben, keine zentrale Zusammenkunft. Das ist symptomatisch für den heterogenen Kreis Euskirchen. Das ist symptomatisch für diese Katastrophe, die die Menschen am 14./15. Juli 2021 getroffen hat. Und: Das ist gut so.
Nach der Katastrophe haben alle das gleiche Schicksal geteilt. Doch es war jeder einzelne Ort, jede einzelne Nachbarschaft, die zusammengestanden, angepackt, sich organisiert hat. Kreisweit wäre das bei einer Distanz von beispielsweise fast 60 Kilometern zwischen dem Reifferscheider Tal und Metternich schlicht nicht möglich gewesen.
Die Katastrophe wird ganz individuell verarbeitet
Daraus resultiert, dass die Menschen, die diese Zeit gemeinsam durchgestanden haben, sich zum Jahrestag treffen möchten. In ihrem Ort, in ihrer Gemeinschaft. Einen zentralen Ort, an dem sich alle versammeln können und wollen, gibt es nicht. Die NRW-Gedenkstätte mit den Bäumen irgendwo im Nirgendwo an der B51 bei Blankenheim ist es genauso wenig wie das Kreishaus in Euskirchen.
Ganz individuell verläuft für jeden einzelnen die Verarbeitung der Katastrophe. Die einen wollen und können die schlimme Zeit abhaken, zur Normalität zurückkehren. Andere leiden unter den Traumata, sind von Normalität Lichtjahre entfernt.
Die einen suchen die Gemeinschaft. Andere möchten alleine sein, vielleicht ganz weit weg vom Ort der Erinnerungen. Die einen möchten Kerzen anzünden und trauern. Andere wollen zusammensitzen, das eine oder andere Getränk zu sich nehmen und vielleicht auch von Herzen lachen – so, wie es sich gerade ergeben mag. Richtig oder Falsch gibt es nicht an einem solchen Tag, nur Gutes: Das, was dem Einzelnen in dieser Situation an diesem Tag gut tut.
In einem Dilemma stecken jedoch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, auf die ihre Stadt und Gemeinde schaut. Was organisieren sie? Wo sind sie? Wie handeln sie? Ist es richtig, dass Bad Münstereifel am 14. Juli die Kirmes eröffnet, ein Zeichen für Normalität setzt, und am 15. Juli an der neuen Erfttreppe das Gedenken in den Vordergrund rückt? Ist es falsch, dass Schleiden zum Jahrestag keine Veranstaltung initiiert, aber drei Wochen später ein zweitägiges Helferfest in zwei Orten feiert? Alles mag für den einen goldrichtig, für den anderen grundfalsch sein.
Pauschale Kritik ist an keiner Form des Umgangs mit dem Jahrestag angebracht. Denn: Es gibt kein falsches Gedenken.