Mehr als 70 Fahrzeuge rollten bei den Lichterzüge durch den Kreis Euskirchen. Mit-Organisator Thomas Gräf war als Nikolaus dabei.
Bauern-DemoSo schön waren die Lichterzüge in Schleiden, Kall, Mechernich und Euskirchen
Da rollten sie also doch noch – die Lichterzüge der Landwirte durch Schleiden, Kall, Mechernich, Bad Münstereifel und Euskirchen. Nach den vielen Problemen und Querelen im Vorfeld machten sich zunächst am Samstagnachmittag kurz vor Sonnenuntergang 32 Fahrzeuge auf den Weg von der Urftseestraße in Gemünd in Richtung Kaller Bürgerhalle.
Rund 25 Kilometer lang war die Strecke, die die Fahrer mit ihren mit Lichterketten und Weihnachtsfiguren geschmückten Trucks und Traktoren zurücklegten. Begleitet wurden sie dabei von Streifenwagen der Kreispolizeibehörde Euskirchen.
Schleiden: Organisatorin des Lichterzugs trotzte der Erkältung
Sichtlich angeschlagen sortierte Organisatorin Miriam Rotheut vor dem Finanzamt in Schleiden die Schlange der Lastwagen, die an dem Zug teilnehmen wollten. Eine fiese Erkältung hatte versucht, sie kurz vor dem Lichterzug lahmzulegen, dabei aber nicht mit der Zähigkeit der Fahrlehrerin gerechnet. „Ich habe die Hausapotheke geplündert“, sagte sie.
Der Gedanke, die Lichterzüge in Kall und Schleiden zu verbinden, die bisher an verschiedenen Wochenenden stattgefunden hatten, sei eine Anregung von Georg Schmitz gewesen, der bis dato für den Lichterzug in Kall verantwortlich gezeichnet hatte.
Er hatte eigentlich bereits im Sommer angesichts der bürokratischen Hindernisse aufgegeben, auch in diesem Jahr einen Zug durchzuführen, doch die neue Genehmigungslage eröffnete da neue Möglichkeiten. Und so führte der Weg schließlich durch die beiden Nachbarkommunen.
Wie im vergangenen Jahr war der Lichterzug als Demonstration für die Wertschätzung von Handwerk und Landwirtschaft angemeldet worden. So trugen auch sämtliche Fahrzeuge Schilder und Transparente, die an diesen Zweck erinnern sollten. Durch die aktuellen Haushaltsbeschlüsse der Ampelregierung in Berlin hatte die Fahrt eine unerwartete Aktualität bekommen, da in dem Zusammenhang auch die Kürzung der Subventionen für den Agrardiesel angekündigt wurde.
„Leider haben viele Landwirte aus meinem Umfeld gesagt, genau aus diesem Grund wollten sie nicht an dem Zug teilnehmen, weil sie nicht in die Kosten für den Sprit investieren wollten. Das ist schade, so könnten sie doch genau dagegen demonstrieren“, sagte Schmitz. Daher seien viel mehr Trucks als Traktoren mit dabei.
Allein drei Lastwagen kamen von der Firma Kurth aus Blankenheim. Stammgast der Lichterzüge ist Dieter Hamacher, der wie üblich seinen mit dem Label „Fluthelfer“ versehenen Lastwagen liebevoll mit einem Weihnachtsmann und Schlitten sowie einem Netz aus Lichterketten versehen hatte.
Lichterzüge im Kreis Euskirchen: Polizei sorgt für die Sicherheit
Für die Sicherheit war wie in den Vorjahren die Polizei zuständig. Einsatzleiterin Andrea Dreesen. „Wir können dabei auf die Erfahrungswerte aus den letzten Jahren zurückgreifen“, sagte sie entspannt.
Sorgfältig nahm Oberkommissar Stefan Michels vom Verkehrsdienst in Mechernich die Fahrzeuge vor dem Start unter die Lupe. Die Befestigung der Lichterketten, gültige TÜV-Plakette, Reifen und auch, sofern möglich, die tragenden Teile wurden von ihm einer Sichtprüfung unterzogen. Doch auch diese Hürde konnte genommen werden.
Da der Lichterzug genehmigungsrechtlich als Demonstration gegen die hohen Kosten für Landwirtschaft und Handwerk lief, war auch eine Kundgebung vorgesehen, die auf dem Parkplatz des Schleidener Finanzamtes stattfand. Die ungewohnte Rolle als Demonstrationsredner übernahmen die Bürgermeister von Schleiden und Kall, Ingo Pfennings und Hermann-Josef Esser. „Dass es ohne Landwirtschaft nicht geht, hat sich nach der Flut gezeigt“, sagte Pfennings. Da seien Unmengen von Traktoren und Lastwagen gekommen, um „in extremer Selbstlosigkeit die Betroffenen zu unterstützen.“
Esser erinnerte daran, wie gut die Lichterzüge den Menschen nach Corona und Flut getan hätten. Er wies darauf hin, dass Deutschland sich durch die immer weiter gehenden Kostensteigerungen für Transporte und Landwirtschaft zunehmend abhängig von Importen mache, beispielsweise bei Strom, Bauholz oder der Gewinnung von Zement. „Noch immer werden pro Jahr deutschlandweit vier Prozent der landwirtschaftlichen Flächen stillgelegt“, mahnte er.
Die Position der Trucker und Landwirte vertrat in Vertretung von Rotheut Daniel Wolf. Es würden Zielvorgaben ausgegeben, die nicht einzuhalten seien. „Wir haben keine Rastplätze an der Autobahn, aber alle bekommen eine Ladesäule“, schimpfte er. Dann war dem Demonstrationsgedanken Genüge getan, und die Fahrer konnten sich zu ihren Fahrzeugen begeben.
Angeführt wurde der Zug von dem Deutz von Johann und Fabian Herzet aus Hellenthal. Da er 1967 gebaut worden war, litt er gegenüber den moderneren Fahrzeugen an einem Handicap, dass er die Stromerzeugung für die Lichterketten nicht aus dem Bordnetz, sondern mit einem Generator erzeugen musste, der mit einer geschickten Konstruktion auf der Anhängerkupplung des Schleppers ruhte. Als nominell langsamstes Fahrzeug gab der Deutz das Gesamttempo der Kolonne vor.
Noch bevor die Sonne endgültig untergegangen war, brach der Konvoi auf. An vielen Stellen entlang des Weges standen die Zuschauer und applaudierten den Fahrern und ihren Fahrzeugen. Besonders eng wurde es allerdings am Weihnachtsmarkt in Kall, der direkt am Zugweg lag. Hier wurde das Gedränge so groß, dass zur Sicherheit des Publikums Wagenengel eingesetzt werden mussten.
Doch da mit der Kaller Feuerwehr und den Beifahrern der Fahrzeuge genug Man- und Womanpower bereitstand, konnte auch hier nach kurzer Unterbrechung die Fahrt fortgesetzt werden. „Genau dafür waren die Wagenengel ja vorgesehen“, so Einsatzleiterin Dreesen. Die Menschen am Straßenrand waren begeistert. „Wir haben immer in strahlende Gesichter und leuchtende Kinderaugen gesehen“, schilderte sie ihre Eindrücke.
„Einfach nur geil“, zog ein über das ganze Gesicht strahlender Georg Schmitz sein Fazit. „Dank an die Polizei und die Feuerwehr“, freute sich auch Dieter Hamacher über den fast reibungslosen Verlauf der Fahrt. Mehrere Zentner Eifelgestein schienen der Hauptverantwortlichen Miriam Rotheut von der Seele gefallen zu sein. „Ich bin nur noch glücklich“, sagte sie. Nächstes Jahr werde sie wahrscheinlich wieder die Fahrt anmelden.
Am Sonntag rollten die Traktoren und Trucks dann von Mechernich über Bad Münstereifel nach Euskirchen. Der Elsiger Landwirt Thomas Gräf und sein Freund Wilfried Schmitz hatten den Lichterzug organisiert, der am Mühlenpark startete. 40 Fahrzeuge machten sich um 17 Uhr auf den Weg.
„Wir haben noch am Sonntag überlegt, doch nicht zu fahren, weil das, was die Politik in Berlin beschließt, auf keine Kuhhaut geht“, ärgerte sich Gräf. In den vergangenen Jahren habe es immer wieder praxisferne Verordnungen gegeben, beispielsweise die Düngeverordnung oder bei der Wolfsproblematik, ergänzte Wilfried Schmitz. Das Funkeln in den Augen der Menschen am Straßenrand und die zahlreichen Schoko-Nikoläuse habe den Ausschlag für die Demonstration unter dem Motto „Ein Funken Hoffnung“ gegeben.
In Euskirchen standen - unter anderem am Stadtwald - ziemlich viele Menschen am Straßenrand und verfolgten das bunte Lichterspektakel. Mittendrin: Thomas Gräf, der als Nikolaus verkleidet, aber nicht mit seinem Traktor unterwegs war, sondern im Pick-up.