Schon 850 Kreisbürger haben im Juli die terminfreien Aktionstage der Zulassungsstelle genutzt – unser Autor hat den Selbstversuch gewagt.
Hohe NachfrageOhne Termin zur Zulassungsstelle in Euskirchen – ein Erfahrungsbericht
Ich war vorgewarnt: „Ab Mittag sind die Wartezeiten geringer“, hatte mir mein Kontaktmann aus dem Euskirchener Kreishaus vertrauensvoll verraten. Ich bin trotzdem schon am Morgen da, um in der Kfz-Zulassungsstelle der Euskirchener Kreisverwaltung einen kürzlich erworbenen Gebrauchtwagen anzumelden. Ohne Termin, mit entsprechender Wartezeit: An den vier Aktionstagen im Monat Juli ist das wegen der aktuell hohen Terminnachfrage möglich.
„Das Amt“ öffnet um 7.45 Uhr. Ich bin aus persönlich verschuldeten Gründen (Morgenmuffel, Hund muss Gassi, Gattin ist erkältet) erst um 8.30 Uhr da. Die Schlange am Info-Schalter der Zulassungsstelle, wo man sich anmeldet und eine Wartenummer bekommt, reicht durchs ganze Foyer bis zur Tür. Also hinten anstellen.
Frühaufsteher sind im Kreis Euskirchen stark vertreten
„Die ersten waren heute schon um 6.30 Uhr da, um sich anzustellen“, erzählt mir später ein Wartender, den ich in der Kreishaus-Kantine treffe: „Da reichte die Schlange sogar bis raus zum Parkplatz.“
Wäre es also vielleicht besser gewesen, vor dem Kreishaus zu campieren? – Unweigerlich fühle ich mich in die 90er-Jahre zurückversetzt, als es ganz normal war, sich im Morgengrauen bei Aldi für den neuen Medion-PC anzustellen oder zu mitternächtlicher Stunde in die Buchhandlung zu gehen, um den neuen Harry-Potter-Band am Erstverkaufstag zu ergattern.
Zurück in meine Warteschlange: Nach einer knappen halben Stunde habe ich es bis zum Info-Schalter geschafft, wo ich der Mitarbeiterin den Grund meines Besuchs verrate: „Ein Auto abmelden, ein anderes Auto mit diesen Kennzeichen auf meine Frau zulassen. Alle Unterlagen inklusive Vollmacht und unterschriebenem Lastschriftmandat für die Kfz-Steuer habe ich dabei.“ Ich erhalte meine Wartenummer: Z693. Die Nummern, die gerade aufgerufen werden, liegen in den 580ern. Da sind also noch gut 110 Mit-Leidensgenossen vor mir dran.
Warten im Euskirchener Kreishaus: Kaffee, W-LAN und Konsalik
Wie vertreibt man sich die Zeit? Erstmal Kaffee. Den gibt es für drei Euro (eine große Tasse Milchkaffee) in der Kantine. Dazu ein belegtes Brötchen (ebenfalls kostenpflichtig) und ein offenes W-LAN-Netz (kostenlos, aber auf zwei Stunden begrenzt). Mal sehen, ob das reicht.
Was auf keinen Fall so lange reicht, ist der Akku meines Handys, weswegen ich mich nach anderen Formen der Zerstreuung umsehe. Im Foyer des Kreishauses steht ein „Offenes Bücherregal“, wo man sich mit kostenlosem Lesestoff eindecken kann. Beim Blick ins Regal wird es nostalgisch: Utta Danella und Heinz G. Konsalik haben in den 1970er-Jahren so viele Bücher verkauft, dass sie auch heute noch überall zu finden sind. Ich habe keine Lesebrille dabei und muss daher auf die Lektüre verzichten.
Draußen in der Raucherecke werden unterdessen Tipps ausgetauscht, wie man seinen Besuch bei der Zulassungsstelle möglichst effizient gestaltet: „Wenn du dir die Schilder deines Wunschkennzeichens schon vorher machen lässt, musst du zwischendurch nicht hin- und herlaufen.“ Klingt einleuchtend.
Fehlende Zulassungstermine: Bürger im Kreis sind unzufrieden
Es wird aber auch viel Unzufriedenheit geäußert: „Im Buchungssystem waren gar keine Termine verfügbar“, erzählt der eine. „Ich hätte einen Termin in sechs Wochen haben können“, berichtet ein anderer: „Was soll man denn machen, wenn man dringend auf ein neues Auto angewiesen ist und nicht so lange warten kann?“
Susanne Aleksander, die Leiterin des Straßenverkehrsamts, kann den Ärger ihrer Kunden verstehen. „Deswegen haben wir die Aktionstage ohne festen Termin ja auch im Juli eingeführt“, sagt sie. „Wir haben die Hoffnung, auf diese Weise auch etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen, damit wir den Terminstau abbauen können.“
Schon 850 Besucher nutzen die terminfreien Aktionstage in Euskirchen
Die Nachfrage war jedenfalls enorm: 311 Besucher kamen vor zwei Wochen ohne Termin zur Zulassungsstelle, 284 wurden am vergangenen Mittwoch gezählt. Gestern waren es noch einmal 258. „Am kommenden Mittwoch, dem 31. Juli, gibt es von 7.45 bis 16 Uhr noch mal einen Aktionstag“, berichtet Aleksander, die ebenfalls den Tipp gibt, etwas später zum Amt zu kommen: „Ab mittags ist die Wartezeit geringer, dann ist der erste Schwung der Frühaufsteher schon abgearbeitet.“
Ziel sei es aber, bei der elektronischen Terminvergabe wieder in den Bereich von rund einer Woche Vorlauf zu kommen. Dafür wurden neben der Verbesserung der Personalsituation auch andere Maßnahmen umgesetzt. „Zulassungsdienstleister haben wir im Juni aus dem System der Terminbuchung herausgenommen, weil diese oft eine Vielzahl an Terminen geblockt haben“, so Aleksander.
Außerdem sollen die Aktionstage ohne vorherige Terminbuchung ab Mitte August oder Anfang September fortgeführt werden. „Wahrscheinlich jeden Mittwoch von 7.45 bis zum Mittag“, so die Chefin des Straßenverkehrsamts. Man hoffe, dass der Terminstau dann abgearbeitet sei und die Kunden schneller bedient werden können.
Bei mir hat es gestern übrigens insgesamt etwas mehr als drei Stunden gedauert, bis die neuen Siegel auf den Kennzeichen klebten. So wie früher, in der guten alten Zeit.
Gründe für den Terminstau: Hohe Nachfrage, wenig Personal
Die Straßenverkehrsbehörde ist die meistbesuchte Abteilung der Kreisverwaltung. Rund 60.000 Vorgänge werden laut Kreis dort pro Jahr abgewickelt. „Im April stieg die Zahl der Vorgänge dann sprunghaft um über 1000 zusätzliche Fälle an“, berichtet Susanne Aleksander, die Chefin der Abteilung.
Gleichzeitig sei es jedoch auch zu einem personellen Engpass gekommen, weil zwei Mitarbeiterinnen früher als geplant wegen ihrer Schwangerschaften nicht weiterarbeiten konnten. In der Kombination hätten diese beiden Faktoren zu dem langen Vorlauf bei der Terminvergabe geführt.
„Inzwischen haben wir zwei neue Mitarbeiter eingestellt und es konnten zwei Kolleginnen reaktiviert werden, die eigentlich schon im Ruhestand waren“, so Aleksander. Die Lage habe sich inzwischen schon etwas entspannt: „Die Zahl der Beschwerden, die uns wegen fehlender Termine erreichen, ist auf jeden Fall schon zurückgegangen.“