VolkstrauertagGedenkfeiern im Kreis Euskirchen durch aktuelles Weltgeschehen geprägt

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Vier Soldaten einer Ehrenwache steht auf dem Euskirchener Friedhof am Ehrenmal, vor dem zahlreiche Kränze abgelegt sind.

Auf dem Ehrenfriedhof in Euskirchen wurde am Volkstrauertag der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht.

In Euskirchen, Steinfeld und Kall wurden die Gedenkfeiern zum Volkstrauertag durch die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und im Nahen Osten geprägt.

Dem Takt der Trommelschläge folgend, setzte sich am Sonntag der Gedenkzug am Euskirchener Friedhof in Bewegung. Kein Wort wurde unter den Zugteilnehmern gewechselt, die Gedanken galten in diesem Augenblick den Opfern der beiden Weltkriege.

„Der Volkstrauertag ruft uns alljährlich schmerzlich in Erinnerung, wie zerbrechlich Frieden ist. Und wie viel Leid ein Krieg bringen kann“, betonte der Landtagsabgeordnete Klaus Voussem (CDU) in seiner Gedenkrede.

In Euskirchen daran erinnert, wie zerbrechlich Frieden ist

Angesichts der vielen Gräber und in Erinnerung der vielen sinnlosen Tode müsse es wichtiger Anspruch sein, aus ebendieser Sinnlosigkeit des Todes zu lernen: „Die zahllosen Namen auf den Grabsteinen der Gefallenen erinnern uns schmerzlich daran, dass hier nicht nur Soldaten liegen, sondern Brüder, Väter und Söhne.“

Der Gedenktag sei auch 85 Jahre nach der Reichspogromnacht ein wichtiges Zeichen gegen jegliche Form des Antisemitismus, des Rassismus und des Extremismus, so Voussem. Der Leitsatz „Nie wieder Krieg“ müsse mit Blick auf das aktuelle Geschehen sogar noch stärker in den Vordergrund rücken. „Deswegen ist es für viele von uns unbegreiflich, dass nun wieder im ganzen Land israelische Fahnen zerstört werden und sich Jüdinnen und Juden auch in Deutschland nicht mehr sicher fühlen.“

Der Kreis Euskirchener Landrat Markus steht mit gesenktem Kopf vor einem abgelegten Kranz, dahinter eine Reihe mit den Repräsentanten.

Vertreter der Stadt, des Kreises, der Bundeswehr sowie von Vereinen und Verbänden legten in Euskirchen Kränze nieder.

Bis heute habe sich die Hoffnung auf Frieden in Deutschland auch durch die Bereitschaft der europäischen Nachbarn erfüllt, Schritte der Verständigung und Versöhnung zu gehen. Doch der Krieg in der Ukraine zeige, wie zerbrechlich dieser Friede sei. „Wir dürfen daher in unserer Solidarität mit der Ukraine nicht nachlassen. Denn auch dort verteidigen die Menschen das Europa des Friedens und damit unsere ganz persönliche Freiheit.“

Für viele von uns ist unbegreiflich, dass nun wieder im ganzen Land israelische Fahnen zerstört werden und sich Jüdinnen und Juden auch in Deutschland nicht mehr sicher fühlen.
Klaus Voussem, CDU-Landtagsabgeordneter

Eine Freiheit, zu deren Erhalt jeder auch im Kleinen beitragen könne, wie Pfarrer Tobias Hopmann betonte. „Ein Blick in die Ukraine oder auch ins Heilige Land Israel macht uns allen bewusst, wie bedroht unser Friede ist. Die Botschaft des Glaubens zeigt uns aber auch, dass wir alle Kinder Gottes sind“, erklärte der Leitende Pfarrer der Pastoralen Einheit Euskirchen. „Wenn wir alle, ungeachtet unserer Konfession oder Herkunft, den gleichen Vater haben, können wir einander gar nicht so fremd sein.“

Um dies zu verdeutlichen, legten Vertreter von Kreis, Stadt, Bundeswehr, Vereinen und Verbänden auf dem Ehrenfriedhof Gedenkkränze nieder. Am Volkstrauertag werde aller Opfer von Gewalt und Kriegen auf der gesamten Welt gedacht, so Voussem: „Die Toten zeigen uns, wie wichtig es ist, sich aktiv für den Frieden zu engagieren, Vorurteile abzubauen und die Freiheit dort zu verteidigen, wo sie angegriffen wird. Immer und an jedem Tag.“

Schleiden: Antisemitismus keinen Raum in der Gesellschaft lassen

Mit Abordnungen der Feuerwehr und Jugendfeuerwehr sowie der Vereine TuS Schleiden und KV Blau-Weiß Schleiden versammelten sich die Menschen auf dem Ehrenfriedhof in Schleiden, um der Gefallenen der beiden Weltkriege und der aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen zu gedenken.

Knapp 80 Teilnehmer hatten sich nach dem Gottesdienst in der Schlosskirche dem Zug angeschlossen, der den Berg in Richtung Kammerwald zum Friedhof hochging. Einen „menschenverachtenden Akt der Barbarei“ nannte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Schleiden, Werner Kasper, den Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober dieses Jahres. Die Sicherheit Israels sei gerade für uns Deutsche elementar wichtig und Teil unserer Staatsräson.

Eine Ehrenwache der Feuerwehr ist mit brennenden Pechfackeln am Kreuz des Ehrenfriedhofs in Schleiden angetreten. Im Hintergrund spielen die Ettelscheider Bergmusikanten.

Auf dem Ehrenfriedhof in Schleiden gedachten rund 80 Menschen der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Besonders sei zu verurteilen, dass in den Auseinandersetzungen in der Ukraine und in Israel immer wieder Zivilisten die Leidtragenden seien, auch, da sie teilweise als Schutzschilde für mörderische Zwecke gebraucht würden.

Klare Worte fand Kasper bezüglich der Kundgebungen in deutschen Großstädten, bei denen antisemitisches Gedankengut zu Tage getreten sei. „Ein derartiges Verhalten hat in unserer Gesellschaft keinen Platz“, sagte er. Der Ausruf „Nie wieder“ müsse gerade vor dem aktuellem Hintergrund mit Leben gefüllt werden.

Gaby Leufgen, Presbyterin der Evangelischen Kirchengemeinde Schleidener Tal, und Pastor Philipp Cuck sorgten mit Gebeten für den geistlichen Rahmen. Mit dem Lied „Ich hatt' einen Kameraden“, gespielt von den Ettelscheider Bergmusikanten, kam die Veranstaltung zum Abschluss.

Steinfeld: Auch Empathie und Solidarität können sterben 

Die Kranzniederlegung erfolgte durch Mitglieder der Reservistenkameradschaft Dahlem, die mit einer starken Abordnung den Gefallenen der Weltkriege ihre Ehre erwies. Dazu waren rund 30 Mitglieder zu der Veranstaltung gekommen.

Zwei uniformierte Mitglieder der Reservistenkameradschaft tragen einen Kranz durch das Spalier der Teilnehmer.

Mitglieder der Reservistenkameradschaft Dahlem legten den Kranz am Ehrenmal nieder.

Über das Sterben in Krieg, Terror und Gewaltherrschaft sprach Bürgermeister Esser in seiner Gedenkrede. Manchmal sterben Menschen schnell, sagte er, doch andererseits auch langsam und qualvoll. Oder sie überlebten, doch ihre Seele sterbe. Dann wieder kämen sie als Gäste einer Party in der Wüste ums Leben – oder weil es in einem Krankenhaus keinen Strom und kein Wasser gebe. „Doch auch die Empathie und die Solidarität sterben.“

Im Gegensatz zu dem einfachen Bild von Feinden und Verbündeten während der beiden Weltkriege gehe in den Auseinandersetzungen zunehmend die Klarheit verloren, wer Opfer und wer Aggressor sei. Und auch die Wahrheit sterbe. Fake-News schienen eher der Normalfall als die Ausnahme zu sein. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellte Fotos könnten von Experten kaum noch als Fälschungen erkannt werden.

„Lassen Sie uns eintreten für Frieden und Freiheit. Lassen Sie uns eintreten für Empathie und Solidarität“, forderte er die Teilnehmer der Veranstaltung auf.

Mit „Shalom Chaverim“ schlug der Chor an der Basilika Steinfeld die Brücke zwischen den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges, die auf dem Steinfelder Ehrenfriedhof begraben liegen, und dem Kriegsgeschehen im Nahen Osten. Für die musikalische Untermalung sorgte außerdem der Musikverein Urft unter der Leitung von Andreas Lang.

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