Das LVR-Freilichtmuseum in Kommern verfügt über eine umfangreiche Sammlung an Objekten aus der rheinischen Alltagskultur.
250.000 ObjekteEin Blick auf die verborgenen Schätze des Freilichtmuseums in Kommern
Das Problem kennen wahrscheinlich alle, die über eine Abstellkammer, einen geräumigen Dachboden oder sogar eine ungenutzte, ehemalige Scheune verfügen: Mit der Zeit sammelt sich an diesen Orten wie von Geisterhand Krimskrams aller Art – vornehmlich aus der Kategorie „Brauche ich eigentlich nicht mehr, ist aber zum Wegwerfen viel zu schade“. Außerdem weiß man ja nie, ob man das weggeräumte Ding nicht doch noch mal gebrauchen könnte.
Das LVR-Freilichtmuseum Kommern, das gleichzeitig auch als Rheinisches Landesmuseum für Volkskunde fungiert, besteht seit 1958. Klar, dass in so vielen Jahren auch in einem Museum Dinge auftauchen, die es wert sind, aufgehoben zu werden. Auch, wenn sie in den Ausstellungen des Museums gar nicht gezeigt werden. „Die Objekte stammen überwiegend aus dem Bereich des ländlichen und kleinstädtischen Alltagslebens im Rheinland“, erklärt Michelle Klaiber, die Leiterin der Abteilung in Kommern.
Von der Nähnadel bis zum Eisenbahnwaggon
In der Gründungszeit des Museums habe man sich vorrangig auf das Sammeln traditioneller volkskundlicher Bereiche konzentriert, um die Geschichte der Alltagskultur in der Vergangenheit dokumentieren zu können. „Zeitgeschichtliche Objekte fanden damals nur vereinzelt Eingang in die Sammlung. Dies hat sich erst mit Beginn des neuen Jahrtausends geändert, als der Marktplatz Rheinland den Fokus auf die jüngste Geschichte lenkte“, so Klaiber.
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Wie viele Stücke genau in den Hallen und Regalen lagern, weiß die Abteilungsleiterin auch nicht genau. „Wir schätzen allerdings, dass unsere Sammlung mittlerweile insgesamt rund 250.000 Objekte umfasst.“ Die Bandbreite der eingelagerten Objekte reicht von der Nähnadel und dem Knopf aus Omas Nähkästchen bis zum tonnenschweren Güterwaggon der Eisenbahn, Baujahr 1910.
Wer sich nun allerdings eine einzige, riesige Halle mit unzähligen Schränken, Schubladen und vor allem Regalen vorstellt, in denen diese 250.000 Objekte lagern, liegt nur zum Teil richtig. „Insgesamt haben wir zwölf verschiedene Depots. Die verteilen sich über das gesamte Museumsgelände hier am Kahlenbusch, einige liegen aber auch außerhalb“, so Klaiber: „Das liegt in der Geschichte des Museums begründet, das ja ebenfalls über die Jahrzehnte gewachsen ist.“
Nicht alle Stücke der Kommerner Sammlung passen in ein Regal
Nicht alle Objekte haben ein ordentliches Dach über dem Kopf: Die besonders großen Stücke der Sammlung stehen auf dem Bauhof, der sich hinter den Verwaltungsgebäuden des Museums erstreckt. Dort ist nicht nur der bereits erwähnte Eisenbahnwaggon abgestellt, sondern auch historisches Baumaterial und zwei ausrangierte Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr. „Die noch voll funktionsfähige Pumpe eines dieser Fahrzeuge hat uns zuletzt beim Starkregen im Juli 2021 wertvolle Dienste geleistet“, berichtet Klaiber: „Damals hatten wir Wasser in einigen Museumskellern stehen.“
Als Chefin der Abteilung kennt sich Klaiber naturgemäß bestens im Sammlungsbestand aus – bei einigen Objekten kann sie allerdings auch nicht aus dem Stegreif sagen, um was es sich genau handelt. Eine etwa nähmaschinengroße, hölzerne Gerätschaft mit mehreren Zahnrädern erweckt beim Gang durch eines der Depotgebäude das Interesse des Reporters. „Da habe ich tatsächlich auch keine Idee, was das sein könnte“, bekennt die Volkskundlerin. Eine Datenbankrecherche führt schließlich zur Aufklärung: „Das ist das Modell einer Ziegeleimaschine“, teilt Klaiber später mit.
Auch der Einwegkaffeebecher hat es in die Museums-Sammlung geschafft
Früher wurde die Inventarliste über ein Karteikartensystem geführt, wie man es auch noch aus Bibliotheken kennt. „Aktuell arbeiten wir an der Komplettierung unserer digitalen Datenbank, in der alle Objekte mit Foto erfasst sind“, sagt die studierte Kulturanthropologin, die aus Norddeutschland stammt. Dieser Blick von außen auf den rheinischen Kulturraum hat laut Klaiber auch Vorteile: „Für die Forschung ist es eher nützlich, nicht zu nah an den hiesigen Sitten und Gebräuchen dran zu sein. So lassen sich manche Dinge besser hinterfragen und objektivieren.“
Eines wird schnell klar, während wir an den Regalen vorbeischlendern: Ließ sich die Herkunft eines Gebrauchsgegenstandes früher oft ganz leicht aufgrund von der Formgebung oder Gestaltung ableiten, ist das heute in Zeiten von Industrialisierung, Massenfertigung und Globalisierung oft nicht mehr möglich. Dem „To go“-Kaffeebecher aus dem frühen 21. Jahrhundert, der mittlerweile ebenfalls seinen Platz im Museumsdepot gefunden hat, sieht man dank seines Aufdrucks zwar an, dass er in der Kommerner Filiale einer Bäckereikette gekauft worden ist. Wo er hergestellt wurde, ist jedoch unklar.
„Das war früher einfacher, da konnte man einen typischen Frechener Bartmannkrug auf den ersten Blick von Keramik aus dem Westerwald oder vom Niederrhein unterscheiden“, so Klaiber.
Sammlungsstopp – aber einige Objekte werden doch noch gesucht
Zu Jahresbeginn hat das Freilichtmuseum einen vorübergehenden Sammlungsstopp verhängt. „Aktuell können wir keine Anfragen für Objektangebote entgegennehmen“, heißt es auf der Museumsseite im Internet. Ziel sei es, die Sammlungsbestände und die Depots zu qualifizieren: „So können wir feststellen, welche Objekte in unserem Bestand noch fehlen.“
Von einigen ganz speziellen Stücken ist aber schon bekannt, dass sie fehlen. „Derzeit sind wir zum Beispiel noch auf der Suche nach einer hölzernen Mehlschaufel oder Kornschaufel“, sagt Sammlungs-Leiterin Michelle Klaiber. Auch ein Geburtskoffer aus dem 19. Jahrhundert, Objekte zum Rechtswesen aus der Zeit um 1550, ein Ochsenkummet aus dem 18. Jahrhundert, eine hölzerne Misttrage oder ein Mistschlitten sowie eine „funktionsfähige Hechel (Größe 3)“ stehen auf der Liste der gesuchten Objekte.
Kontakt: Tel.: 02443 / 9980157 oder per E-Mail