Mechernich-Kommern – Für die einen ist der Mühlensee in Kommern ein identitätsstiftendes Naherholungsgebiet. Für die anderen ist er nur ein quadratisches Loch mit einer braunen Suppe. Ginge es nach dem Erftverband, würde der See demnächst trockengelegt. Aus ihm könnte ein Rückhaltebecken werden, um eines der größten Probleme des Mechernicher Ortsteils zu lösen: ein drohendes hundertjährliches Hochwasser. Doch nicht allen Kommernern gefallen die Pläne des Erftverbandes.
Erftverband empfiehlt grünes Trockenbecken
In einer Untersuchung hat sich der Erftverband mit drei Varianten auseinandergesetzt, um den Mühlensee in ein zukünftiges Hochwasserschutzkonzept einzubinden. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: „Die mit Abstand beste Variante für Kommern und Obergartzem ist ein grünes Trockenbecken“, sagte Christian Gattke im Stadtentwicklungsausschuss.
Gattke ist Hochwasserexperte beim Erftverband. Bliebe alles wie bisher, seien laut Bezirksregierung Köln etwa 240 Menschen in Kommern und Obergartzem durch Hochwasser gefährdet. „Die bisherige Absenkung des Wasserpegels um einen Meter reicht nicht aus, um einen schadlosen Durchfluss zu gewährleisten.“
Trockenbecken reduziert das Risiken von Überflutungen
Drei mögliche Varianten zur Umgestaltung des Mühlensees hat der Erftverband untersucht. Eine davon ist das von Experte Christian Gattke empfohlene Trockenbecken. Andere Vorschläge des Verbands sehen den Neubau eines Kombibauwerks im Damm mit integrierter Hochwasserentlastung oder den Umbau des Entnahmeturms vor.
Der Mühlensee bietet einen Stauraum von 52.000 Kubikmetern. Genutzt werden kann er nur, wenn der See in ein Trockenbecken umgewandelt wird. Kosten soll der Umbau nach Schätzungen des Erftverbandes 515.000 Euro. Werden zusätzlich noch Brücken innerhalb Kommerns angepasst, ist die Altstadt gut gewappnet für ein hundertjährliches Hochwasser. Das verbleibende Risiko für Hochwasserschäden wäre gering.
Auch ökologisch profitiert das Umfeld des Sees. Der Dauerstau des Mühlensees beeinflusst Nährstoffgehalt und Temperatur des Bleibachs. Ohne den Dauerstau würde sich die Wasserqualität leicht verbessern. (maf)
Grund seien mehrere Engpässe entlang des Bleibachs. Unter den Brücken Ackergasse und In der Eule etwa staue sich bei Starkregen Wasser zurück. In puncto Hochwasserschutz – bei der Variantenbetrachtung das Bewertungskriterium mit der höchsten Priorität – sehe er keine Alternative zum Trockenbecken.
Auch bei den Bewertungskriterien Betriebssicherheit, Wasserqualität, Gewässerökologie und Sedimenthaushalt schneidet die Variante drei am besten ab. Einzige Ausnahme ist das Kriterium Akzeptanz bei der Bevölkerung. In seiner Untersuchung geht der Erftverbandes davon aus, dass die Umgestaltung des Landschaftsbildes bei Politik und Bürgern auf Ablehnung stößt – und damit liegen die Hochwasserexperten nicht falsch.
Kommerner identifizieren sich mit Mühlensee
Der See sei für die Kommerner identitätsstiftend und könne nicht einfach weg, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Bertram Wassong. Auch in den Sozialen Netzwerken verteidigen viele Kommerner ihren Mühlensee. CDU-Mitglied Johannes Ley sieht ihn gar auf einer Ebene mit Freilichtmuseum und Hochwildpark. „Ich bin nicht gewillt, den See aufzugeben.“
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Es könne nicht sein, dass man der Technik immer den Vorrang gebe. „Es muss auch mal die Schönheit der Natur im Vordergrund stehen.“ Sowohl Ley als auch Wassong sperren sich nicht gegen den Umbau von Park und See. Sie bevorzugen aber andere Lösungen wie ein Ausbaggern des Sees oder Rückhaltebecken an anderer Stelle.
Das Naherholungsgebiet soll laut Gattke nicht verloren gehen. Den Mühlenpark will der Erftverband nach Norden erweitern und einen kleinen Ersatzsee anlegen. Gespeist werden soll dieser Ersatzsee aus dem Bleibach. So will der Verband Versickerungs- und Verdunstungsverlusten vorbeugen.
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Ein „Bachauen Erlebnispark“ solle am Ende entstehen, so Gattke – vergleichbar mit ähnlichen „Stormwater Parks“ etwa in London oder im chinesischen Harbin.Bevor die Verwaltung eine endgültige Entscheidung über das Vorhaben trifft, wollen die Ratsfraktionen die Bürger über das Schicksal des Sees entscheiden lassen.
Das sorgte vor allem innerhalb der Grünen-Fraktion für Diskussionen. Zwei Ausschussmitglieder sprachen sich dafür aus, eines dagegen. Prinzipiell sei sie nicht gegen die Umgestaltung des Sees, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Yana Yo. „Aber gegen den Vorschlag der CDU. Hochwasserschutz ist ein Sachthema. Das hat nichts mit Emotionen zu tun.“
Und Yo sieht eine weitere Gefahr: Coronabedingt sei eine Bürgerversammlung in nächster Zeit nicht möglich. Die Entscheidung und das Bauvorhaben würden sich dementsprechend verzögern. Im schlimmsten Fall um Jahre. Und die könne man bei einem Jahrhunderthochwasser haben – oder eben nicht.