Bad Münstereifel – Nach der Flut kommt eine gewaltige Aufgabe auf die Kurstadt zu: Allein auf 249 Millionen Euro wird der Schaden an städtischer Infrastruktur beziffert – und wahrscheinlich haben Bürger und Unternehmen einen Schaden in ähnlicher Höhe erlitten.
In der ersten Ratssitzung nach der Katastrophe ging es deshalb vor allem um den schnellen Wiederaufbau von Bad Münstereifel. „Nachhaltig und zukunftsorientiert“ solle die Stadt aufgebaut werden, sagt Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian. „Auch den Klima- und Hochwasserschutz wollen wir direkt mitdenken.“ Abweichende Meinungen gab es keine im Rat. Alle Entscheidungen wurden einstimmig gefällt. Ein Überblick über die ersten Pläne der Verwaltung.
Versorgungsnetz
Per Dringlichkeitsentscheidung hatten die Ratsmitglieder bereits vor der Sitzung die Instandsetzung des öffentlichen Wasserversorgungsnetzes beschlossen. Bisherige Reparaturen seien provisorisch und würden nicht ausreichen, um die Versorgung im Herbst und im Winter zu gewährleisten, schreibt die Verwaltung in der Vorlage. „Die Trinkwasserleitungen sind nur etwa 30 Zentimeter unter der Erde. So halten sie dem Frost nicht stand“, erläutert Stadtsprecherin Marita Hochgürtel. Die neuen Leitungen seien so schnell wie möglich gebaut und nur mit Asphalt abgedeckt worden. „Nach der Frostperiode legen wir Pflaster darüber.“ Besonders stark sind die Leitungen in der Orchheimer Straße, der Werther Straße, am Markt und am Entenmarkt betroffen. Sie sind unterspült, freigelegt oder ganz abgerissen worden. Auch Strom- und Gasleitungen, Breitband- und Telefonkabel sind defekt oder stillgelegt worden.
Zwar ist der Hauptkanal in der Kernstadt nach der Reparatur „weitestgehend robust und betriebstauglich“. Aber die Anschlüsse zu den Grundstücken und Straßenabläufe sind „weiter in problematischem Zustand“, so die Verwaltung. Auf der Werther Straße, dem Markt und der Orchheimer Straße werden deshalb seit Montag alle Wasserleitungen und alle Hausanschlüsse komplett neu verlegt. Das Gleiche gilt für Strom, Gas, Telefon und Breitband. Zudem soll ein neuer Kanal für die Abwasserbeseitigung verlegt werden. Am Entenmarkt finden vorerst keine Bauarbeiten statt, weil zunächst das Erftufer wieder befestigt werden muss. Die Stadt schätzt, dass die Maßnahmen mehrere Monate dauern werden. Kosten von 800 000 Euro sind für die Bauarbeiten an den Leitungen eingeplant.
Straßen
Im gesamten Stadtgebiet sind 41,8 Millionen Euro Schäden an Straßen entstanden. Priorität haben aktuell die 15 Straßen, die das Hochwasser besonders stark beschädigt hat. In der Kernstadt sind das Orchheimer Straße, Werther Straße, Markt, Entenmarkt, Kölner Straße und Schleidtalstraße. Auch Straßen in Schönau, Eicherscheid, Arloff und Kirspenich hat das Hochwasser zerstört. Sie sollen laut städtischem Sanierungsplan zuerst angegangen werden, damit Anlieger ihre Grundstücke wieder erreichen können. Auch Ver- und Entsorgungsfahrzeuge sind dringend auf die Sanierung dieser Straßen angewiesen. Die Stadt hat ein Ingenieurbüro mit den Arbeiten an einigen Straßen beauftragt. Dadurch dauert allerdings die Planung etwas länger. Die Kosten der Arbeiten, die sofort durchgeführt werden, sind unterschiedlich. Laut Verwaltung bleiben sie im Einzelfall aber unter 100.000 Euro. Die Gesamtkosten für alle Maßnahmen sind noch unklar.
In einigen Fällen muss die Stadt noch untersuchen, wie stark die Straßen beschädigt sind. Vorher kann nicht mit der Planung begonnen werden. Viele intakt wirkende Straßen haben nicht sichtbare Schäden, etwa durch Unterspülung. Noch ist nicht klar, ob bei diesen Straßen Ober- oder auch Unterbau erneuert werden muss und wie lang die zu sanierenden Streckenabschnitte sind. Das gilt vor allem für Straßen in Iversheim wie die Euskirchener Straße, An der Ley und Auf dem Waasem. Sie gehören deshalb nicht zu den 15 Straßen, die für die Stadt Priorität haben.
Sirenen
Das Hochwasser hat auch das Katastrophenwarnsystem der Stadt beschädigt. Die Stadt rechnet damit, dass die Reparatur und Modernisierung der Sirenen rund 37.000 Euro kostet.
Der größte Teil davon fällt in Iversheim an. Die dortige Sirene muss komplett erneuert werden. Deshalb schlägt die Verwaltung auch vor, diese auf den Kindergarten zu verlegen. Die Sirenen in Kirspenich und in Gilsdorf müssen überprüft werden. Das gilt auch für die Motorsirenen in den Gerätehäusern Iversheim, Bad Münstereifel, Schönau sowie in Odesheim, auf der Grundschule Bad Münstereifel, auf dem Konvikt und in Eicherscheid. Dort sollen auch die Fernwirkempfänger durch neue Modelle ersetzt werden. Auf Dauer sieht das Warnsirenenkonzept der Stadt vor, alle Motorsirenen gegen pneumatische Sirenen auszutauschen.
Martin Mehrens (CDU) empfahl in der Ratssitzung zusätzlich, Megafone anzuschaffen und in den Feuerwehrgerätehäusern auszulegen. Karl Michalowski (SPD) schlug vor, die Bevölkerung auf einen weiteren Katastrophenfall besser vorzubereiten. „Wir müssen die Leute daran erinnern, welche Sirenensignale welche Bedeutung haben.“
Personalbedarf
Der Wiederaufbau der zerstörten Stadt verlangt der Verwaltung auch personell einiges ab. Deswegen soll das städtische Personal von derzeit 99,7 Vollzeitstellen um 17,2 erhöht werden. Dadurch entstehen jährliche Kosten von 985.000 Euro.
Drei der Stellen will die Stadt besetzen, indem sie ihre Auszubildenden im Sommer 2022 übernimmt. Alle anderen Stellen sollen extern besetzt werden, allerdings zunächst nur befristet. „Wegen unserer Haushaltslage können wir keine unbefristeten Stellen ausschreiben“, sagt Bürgermeisterin Preiser-Marian.
Neu geschaffen werden Stellen für je einen Sachbearbeiter Förderkulissen, Denkmalerlaubnisse und Denkmalschutz. Zudem sucht die Stadt einen Manager für den öffentlichen Nahverkehr, einen für die Wirtschaftsförderung, einen Projektmanager Wiederaufbau sowie einen persönlichen Referenten für die Bürgermeisterin. Auch für andere städtische Bereiche, etwa für das Grundstücks- und Gebäudemanagement, für das Ordnungsamt und den Tiefbau werden Fachkräfte gesucht. Der Vorschlag von Dr. Kerstin Oerter (Bündnis 90/Die Grünen), auch eine Stelle für die ökologische Begleitung von Gewässern wie der Erft zu schaffen, stieß auf Zustimmung bei den Ratsmitgliedern. „Wir wollen die Stellen so schnell wie möglich ausschreiben. Initiativbewerbungen können schon eingereicht werden“, sagt Stadtsprecherin Hochgürtel.
Brücken
Auch zahlreiche Brücken im Stadtgebiet sind durch das Hochwasser beschädigt worden. Dazu zählen viele Brücken in der Kernstadt Bad Münstereifel, etwa die Werkbrücke, und eine Fußgängerbrücke über die Erft in Iversheim. Einen Lagebericht und ein Sanierungsprogramm hat die Verwaltung dem Rat noch nicht vorgestellt. Zunächst will die Verwaltung den Bericht des beauftragten Ingenieurbüros abwarten. Im Bau- und Feuerwehrausschuss am 14. September soll dann über die Ergebnisse der Untersuchungen und Sanierungsvorschläge informiert werden.
Der Fremdenverkehrsbeitrag, den die Stadt für die wirtschaftlichen Vorteile durch den Tourismus erhebt, entfällt vorerst für die Geschäftsleute im Stadtgebiet. Die Entscheidung des Rates gilt rückwirkend zum 1. Januar und wird nicht nur mit den Schäden durch die Flut, sondern auch mit der Corona-Pandemie begründet. Die Beitragsgrundlage sei „auf unabsehbare Zeit weggefallen“, schreibt die Verwaltung in der Beschlussvorlage. Durch den Wegfall des Fremdenverkehrsbeitrags entgehen der Stadt etwa 200.000 Euro.