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„Lost Place“Wann die Ruinen der Ruhr KG in Buir beseitigt werden, ist weiterhin offen

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt die verlassenen Gebäude..

Seit rund 25 Jahren liegt die Industriebrache der Ruhr KG herrenlos und verlassen im Wald bei Buir.Über die Beseitigung wird seitdem debattiert.

Industriebrache im Wald bei Nettersheim-Buir: Die Behörden einigen sich auf das Vorgehen, das Verfahren ist jedoch komplex und langwierig.

Schlechte Nachrichten für alle Abenteuerlustigen, die in den vergangenen Jahren das aufgelassene Gebäude der Ruhr KG im Wald zwischen Buir und Schönau als beliebtes Lost-Place-Ausflugsziel gesehen haben. Denn in die Frage nach der Beseitigung der Industrieruine kommt Bewegung. Bei einem Behördentermin zwischen Landesumweltministerium, Kreis Euskirchen, Gemeinde Nettersheim, Bezirksregierung Köln und dem AAV, dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung, der die Sanierung übernehmen wird, wurde nun eine Einigung über das weitere Vorgehen erzielt.

Noch ist das ehemalige Holzimprägnierwerk auf einschlägigen Internetseiten als „Highlight“ zu finden. Auch wenn das Ordnungsamt der Gemeinde einiges getan hat, um den Zugang zu der Ruine zu verbarrikadieren, findet sich offenbar immer irgendein Weg, um auf die Fläche und ins Gebäude zu kommen.

Behörden streiten sich seit mehr als zehn Jahren über die Altlast

Mit Blick auf das eingestürzte Dach in der Werkshalle des Gebäudekomplexes reichte den Behördenvertretern der Eindruck von außen, um die gemeinsame Zielsetzung zu finden. Josef Tumbrinck, Abteilungsleiter für Naturschutz im Landesumweltministerium, fasste sie prägnant zusammen: „Das Ding muss weg.“

Die Beteiligten stehen auf dem Gelände und breiten einen Lageplan aus.

Über das weitere Vorgehen stimmten sich Achim Blindert (v.l.), Josef Tumbrinck, Norbert Crump und Beatrix Haglauer ab.

Eine Erkenntnis, die nicht wirklich neu ist. Schon seit mehr als zehn Jahren bemühen sich die Behörden, die Gebäude zu beseitigen. Doch irgendeinen Haken gab es bislang immer. Mit der Einwilligung des Umweltministeriums, die fehlenden 20 Prozent zur Finanzierung mit Ersatzgeldern des Kreises Euskirchen zu decken, ist nun das letzte Hindernis aus dem Weg geräumt.

Jedoch: „Hier werden nicht morgen die Bagger anrücken“, warnte Dr. Beatrix Haglauer vom AAV, eine unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die überall dort Altlasten beseitigt, wo ein Verursacher nicht mehr haftbar gemacht werden kann, vor der Erwartung, dass nun alles ganz schnell gehen könnte. Es kann noch viele Monate dauern kann, bis sich tatsächlich etwas rührt.

Im Idealfall dauert es ein Jahr, bis wir einen Gutachter dafür haben.
Dr. Beatrix Haglauer, AAV, über den Zeitrahmen der Sanierung

Erst einmal müsse der Rat der Gemeinde Nettersheim beschließen, die Fläche von rund 5500 Quadratmeter ins Eigentum der Kommune übernehmen. Dann können die Gelder beantragt werden, um ein Gutachten zu erstellen, wie die Gebäude am sinnvollsten zurückzubauen seien. „Im Idealfall dauert es ein Jahr, bis wir einen Gutachter dafür haben“, so Haglauer.

Wieviel die Sanierung der einstigen Ruhr KG kostet, steht noch nicht fest

Da die Gebäude einsturzgefährdet seien, könne erst nach dem Abriss untersucht werden, inwieweit der Boden unter den Ruinen verseucht sei und abgetragen werden müsse. Auch dann können diese Mittel erst freigegeben werden. „Deshalb kann ich jetzt auch noch keine seriöse Kostenschätzung abgeben“, betonte sie. Doch erfahrungsgemäß könnten mit einem sorgfältig erstellten Rückbaukonzept viele Probleme verhindert und das Verfahren beschleunigt werden.

Ein eingestürztes Dach in einer ehemaligen Werkshalle der Ruhr KG.

Teilweise sind die Dachflächen der Werkshalle der einstigen Holzimprägnierfirma eingestürzt.

Auf einem Bild von 2013 ist ein Chemikalienkanister mit der Aufschrift „Levoxin 15“ zu sehen.

Bei einer Begehung durch Umweltschützer 2013 fanden sich auch Lösungsmittel-Kanister in der Ruine.

Dass die weitläufigen, asphaltierten Flächen rund um die Gebäude der ehemaligen Ruhr KG von der Autobahn GmbH als Ausgleichsmaßnahme für den Lückenschluss der A1 entsiegelt und renaturiert werden, ist schon lange abgemacht.

Das könnte ja ein Millionengrab werden.
Bürgermeister Norbert Crump, Nettersheim, zu den Sanierungskosten

Seit 2016 ist zudem bekannt, dass der AAV 80 Prozent der Kosten übernehmen werde, sagte der Allgemeine Vertreter des Landrates, Achim Blindert. Ungeklärt sei die Finanzierung des Eigenanteils in Höhe von 20 Prozent gewesen. Da der AAV nur Gebäude und Flächen saniere, die Eigentum von Kommunen seien, sei es notwendig, dass die Gemeinde Nettersheim die herrenlose Industriebrache übernehme.

Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump hat Angst vor Millionengrab

Die Gemeinde erkläre sich dazu nur bereit, wenn klar sei, dass die Bürger nicht belastet werden, so Bürgermeister Norbert Crump. „Das könnte ja ein Millionengrab werden“, sagte er mit Verweis auf die ungeklärte Schadstoffbelastung des Bodens. Dass die Gemeinde den fehlenden Eigenanteil zu übernehmen habe, war bislang der rechtliche Standpunkt des NRW-Umweltministeriums. Die Verwendung von Ersatzgeld durch den Kreis lehnte es ab. Ersatzgeld ist gemäß Landschaftsgesetz NRW an den Kreis zu entrichten, wenn bei Eingriffen in die Natur kein entsprechender Ausgleich geschaffen werden kann.

Bewegung in die festgefahrene Situation brachte Tumbrinck, langjähriger Landesvorsitzender des Nabu. Er ist Anfang Mai aus dem Bundesumweltministerium an die Spitze der Abteilung für Naturschutz im Düsseldorfer Ministerium gewechselt. Ihm leuchtete die Idee, Ersatzgelder einzusetzen, ein: „Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Ersatzgelder eingesetzt werden können. Die sind ja genau für die Entsiegelung und Renaturierung von Flächen vorgesehen.“

Es sei immer gut, sich zusammenzusetzen, um „die Kuh vom Eis zu schieben“, so Tumbrinck. „Mittlerweile hat sich auch die Gesetzeslage geändert“, fügte Blindert hinzu. Es solle nun gezielt nach Möglichkeiten zur Entsiegelung von Flächen geschaut werden. „Außerdem sind die Ersatzgelder, über die der Kreis verfügen kann, in den letzten Jahren gestiegen“, sagte Tumbrinck. Darüber könnten auch Kostensteigerungen bei dem Projekt aufgefangen werden.


Die Historie der Ruhr KG in Buir bei Nettersheim

Das Gelände der ehemaligen Firma für Holzimprägnierung Günter Ruhr GmbH und Co KG ging nach der Auflösung der Firma 1994 zunächst in Besitz des Harperscheider Sägewerksbesitzers Wilhelm Groß über. Er beabsichtigte, in den Hallen Holz zu lagern. 1998 ging jedoch auch dieser Betrieb in Konkurs. Seitdem verfallen die Gebäude und Anlagen.

2009 drehte RTL dort Szenen für den Film „Der Vulkan“ mit zahlreichen bekannten Schauspielern, der einen Vulkanausbruch in der Eifel zum Thema hatte.

2011 starb Wilhelm Groß. Der Nachlassverwalter machte zwei Erben ausfindig, die aber das Erbe ausschlugen. Seitdem ist das Gelände herrenlos.

Seit 2013 bemühen sich Kreis und Gemeinde um eine Sanierung der Fläche. Laut Achim Blindert, damals bereits als Geschäftsbereichsleiter zuständig für die Ruine, sei bereits in den 1990er-Jahren eine Gefahrstoffkartierung vorgenommen worden. Zweimal im Jahr werde die Wasserqualität des Baches überprüft, der unter dem Gelände durchfließt.

Probleme bereiten dem Ordnungsamt der Gemeinde Nettersheim immer wieder die neugierigen Besucher der Anlage, die häufig die Absperrungen aufbrechen und in die Gebäude einsteigen, in denen noch Druckkessel für die Imprägnierung stehen. Teilweise ist bereits das Dach eingestürzt. Mittlerweile sind die Zugänge mit Gittermatten verschlossen, die Tore mit hohen Erdwällen verbarrikadiert. Doch immer noch würden die Sperren aufgebrochen und die Räume dieses Lost Place betreten, so Bürgermeister Norbert Crump.